Jürgen Berners, Dr. Andreas Nagel
Viele Kanzleien setzen sich zu Beginn des Jahres ehrgeizige Ziele für das neue Jahr. Leider geraten manche dieser Ziele im "Alltagsgeschäft" schnell wieder in Vergessenheit. Die Jahresmitte ist daher ein guter Zeitpunkt für die Frage, ob die ursprünglichen Jahresziele auch wirklich erreicht werden und wo die Kanzlei zum Jahresende voraussichtlich stehen wird. Zur Jahresmitte ist es meist auch noch nicht zu spät, Ziele und Tätigkeiten anzupassen, versäumte Maßnahmen nachzuholen und Erkenntnisse aus dem ersten Halbjahr für die Gestaltung der zweiten Jahreshälfte zu berücksichtigen. Als Kanzleiinhaber sollten Sie daher zur Jahresmitte eine Zwischenbilanz ziehen und Ihre bisherige Jahresplanung überprüfen und aktualisieren.
Wählen Sie für den Halbjahres-Check einen Ort und einen Zeitpunkt, an dem Sie ungestört nachdenken können, ohne durch Telefonate oder Mitarbeiter unterbrochen zu werden. Verwenden Sie die folgenden Fragen, damit der Check strukturiert abläuft und alle wichtigen Punkte berücksichtigt werden. Halten Sie Ihre Erkenntnisse unbedingt schriftlich fest, damit gute Ideen nicht in Vergessenheit geraten und erstellen Sie zum Abschluss des Checks einen Aktionsplan mit Prioritäten und Zuständigkeiten für die Umsetzung.
Frage 1: Welche Jahresziele wurden im ersten Halbjahr bereits erreicht?
Prüfen Sie zunächst alle Ziele, die Sie sich zu Beginn des Jahres 2024 gesetzt haben, und kennzeichnen Sie die bereits erreichten mit einem grünen Smiley. Ziele, die noch nicht vollständig erreicht wurden, bei denen aber Fortschritte gemacht wurden, können sie mit einem gelben Smiley versehen. So lenken Sie den Fokus zunächst ganz bewusst auf die Erfolge des ersten Halbjahres.
Überprüfen Sie insbesondere, ob die Umsatz- und Gewinnziele für das erste Halbjahr erreicht wurden und ob das Halbjahresergebnis in diesem Jahr besser oder schlechter ausfällt als im Vorjahr. Prüfen Sie auch, was im ersten Halbjahr besonders gut funktioniert hat und was folglich im zweiten Halbjahr beibehalten oder sogar intensiviert werden sollte.
Frage 2: Was hätte im ersten Halbjahr anders gemacht werden sollen?
Vielleicht gibt es Dinge, bei denen sich rückblickend zeigt, dass es eine bessere Vorgehensweise gegeben hätte. War die interne Kommunikation nicht immer optimal oder sind fachliche Fehler aufgetreten? Wurden Vereinbarungen aus Mitarbeiterbesprechungen nicht umgesetzt? Sind Marketingaktionen aus Zeitmangel nicht durchgeführt oder einfach vergessen worden? Hat es vermeidbare Mandantenbeschwerden gegeben?
Beschwerden sind immer ein Zeichen dafür, dass Verbesserungsbedarf in der Kanzlei besteht, vor allem wenn sich mehrere Mandanten aus demselben Grund beschwert haben. Prüfen Sie in derartigen Fällen, welche Erkenntnisse aus diesen Situationen für das zweite Halbjahr gezogen werden können und was folglich im zweiten Halbjahr verändert oder nachgeholt werden muss.
Neben wirtschaftlichen Überlegungen gibt es oft noch einen weiteren wichtigen Punkt, der im Halbjahres-Check durchdacht werden sollte, nämlich die Beseitigung von Stressfaktoren, die Ihren Mitarbeitern derzeit die Arbeit erschweren. Manchmal sind es kleine Dinge, die einzeln eher unbedeutend erscheinen und deshalb im Alltag nicht weiter beachtet werden. In der Summe können auch viele kleine Ärgernisse die Mitarbeiter spürbar belasten und das Klima im Team negativ beeinflussen. Vielleicht ist jemand aus dem Team zeitlich überlastet oder fachlich überfordert. Oder es stört einzelne Mitarbeiter, dass Vereinbarungen und Regeln nicht immer von allen Kollegen eingehalten werden. Stress kann auch entstehen, wenn sich Mitarbeiter mit sehr unterschiedlichen Arbeitsmethoden ein Aufgabengebiet teilen müssen.
Prüfen Sie daher, welche Dinge im ersten Halbjahr den meisten Stress und Ärger verursacht haben. Halten Sie alle erkennbaren Stressfaktoren schriftlich fest und überlegen Sie, wie im kommenden Halbjahr möglichst viele dieser Faktoren beseitigt werden können. Auf diese Weise signalisieren Sie: "In unserem Team ist jeder wichtig und wir legen großen Wert darauf, dass sich alle Teammitglieder bei uns wohlfühlen." Mitarbeiter, die sich auf diese Weise wertgeschätzt fühlen werden sich auch motiviert für die Ziele des zweiten Halbjahrs einsetzen.
Frage 3: Was muss im zweiten Halbjahr zusätzlich berücksichtigt werden?
Überlegen Sie dann, ob im ersten Halbjahr Ereignisse eingetreten oder Informationen bekannt geworden sind, die zu Beginn des Jahres noch nicht vorhersehbar waren. Müssen diese neuen Erkenntnisse im zweiten Halbjahr nachträglich berücksichtigt werden oder ist eine inhaltliche bzw. zeitliche Anpassung der ursprünglichen Jahresziele erforderlich? Vielleicht hat es gesetzliche Änderungen oder neue fachliche Erkenntnisse gegeben. Aktualisieren Sie in diesen Fällen Ihre bisherige Planung anhand der neuen Entwicklungen.
Frage 4: Welche Ziele können im zweiten Halbjahr noch erreicht werden?
Prüfen Sie dann, ob Ihre ursprünglichen Jahresziele angesichts der im Halbjahres-Check gewonnenen Erkenntnisse...