Jürgen Berners, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Frage: Sie haben in der Vergangenheit bereits verschiedene Fallgestaltungen zur Erhöhung des Streitwerts nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG dargestellt (vgl. HHG 12/2017, 4/2018, 11/2018 und 1/2019). Bei uns ist nunmehr die Frage aufgetaucht, ob § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG sinngemäß anwendbar ist, wenn die bei einer Steuerfestsetzung angestrebte Steuerminderung steuererhöhende Folgewirkungen bei einer anderen Steuer hat. Wird in diesem Fall der Streitwert um die gegenläufigen steuerlichen Folgewirkungen gemindert?
Antwort: Für die Bestimmung des Streitwerts ist zunächst auf die folgenden gesetzlichen Regelungen hinzuweisen:
Nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG ist in finanzgerichtlichen Verfahren für die Bestimmung der Höhe des Streitwerts regelmäßig die vom Kläger in seinem Antrag bezifferte Geldleistung oder ein hierauf bezogener Verwaltungsakt maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG ergebenden Streitwerts um den Betrag der "offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen" für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das 3-fache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf (§ 52 Abs. 3 Satz 2 GKG). Ziel dieser "Anhebungsregelung" ist, dem Aufwand besser Rechnung zu tragen, den ein finanzgerichtliches Verfahren mit sich bringt und einer systematischen Unterbewertung von Streitwerten entgegenzuwirken (vgl. hierzu im Einzelnen HHG 12/2017).
Mit der Frage, ob der Streitwert um eine gegenläufige steuerliche Folgewirkung zu mindern ist, hat sich Anfang des Jahres der BFH befasst. Dabei ging es um Folgendes: Der BFH hatte die Revision einer GmbH, die in Hamburg Spielhallen betreibt, wegen Spielvergnügungsteuern als unbegründet abgewiesen. Im Erinnerungsverfahren zur Gebührenstreitwertfestsetzung war streitig, ob der Streitwert in Höhe des unstreitigen Betrags der Spielvergnügungsteuern (939.773 EUR) festzusetzen oder um gegenläufige Auswirkungen bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer (295.559 EUR) auf 644.214 EUR zu mindern sei.
Die GmbH vertrat die Auffassung, dass sie bei einem Obsiegen auf die zu erstattende Spielvergnügungsteuer Ertragsteuern hätte zahlen müssen, weshalb nur der Differenzbetrag als Streitwert anzusetzen sei.Der BFH (Beschluss v. 15.1.2019, II S 1/19, BStBl 2019 II S. 183) hat entschieden, dass § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG nach seinem eindeutigen Wortlaut als Rechtsfolge nur zu einer Anhebung des Streitwerts, nicht aber zu einer Minderung führt.
Bereits vor Einfügung des § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG durch das 2. KostRMoG habe es ständiger Rechtsprechung des BFH zu § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG entsprochen, dass für die Bemessung des Streitwerts nicht das gesamte geldwerte Interesse maßgebend sei, das ein Steuerpflichtiger an der Durchführung des Verfahrens habe, sondern nur der Steuerbetrag, um den unmittelbar gestritten werde, und zwar zugunsten wie zu Lasten des jeweiligen Kostenschuldners. Vor diesem Hintergrund sei § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG als Ausnahmevorschrift zu verstehen, die lediglich unter den dort bestimmten Voraussetzungen die Berücksichtigung weiterer wirtschaftlicher Folgen erlaube. Im Umkehrschluss verstieße eine Ausdehnung über die Regelungsvorschrift hinaus gegen das gesetzliche Konzept.
Keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken
Gegen den begrenzten Anwendungsbereich der Vorschrift und die dadurch mittelbar bewirkte Ausklammerung sonstiger wirtschaftlicher Interessen aus der Streitwertbestimmung bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Vorschrift führt dazu, dass Folgewirkungen eines Steuerbescheids den Streitwert erhöhen, aber nicht senken können. Da das Gebührenrecht in erheblichem Maße auf Typsierung aufbaut, ist diese Differenzierung zulässig, zumal auch der Mindeststreitwert nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG die Untergrenze kennt.
Autor: Dipl.-Finw. Werner Becker, Namborn