Dr. Andreas Nagel, Simon Beyme
Für jede Kanzlei ist es sinnvoll, das eigene Dienstleistungsangebot und die internen Arbeitsabläufe in regelmäßigen Abständen kritisch zu betrachten und zu prüfen, ob es vielleicht bessere oder rationellere Vorgehensweisen für einzelne Bereiche und Tätigkeiten gibt. Bei der Suche nach Verbesserungen sollten nicht nur eigene Ideen gesammelt, sondern auch das Angebot und die Arbeitsweise von Mitbewerbern systematisch analysiert werden.
Was ist Benchmarking?
Als "Benchmarking" bezeichnet man den Vergleich der eigenen Kanzlei mit der Arbeitsweise besonders erfolgreicher Kanzleien (engl. Benchmark: Vergleichsmaßstab, Bezugspunkt). Die optimale Arbeitsweise wird dann als "Best Practise" (beste Praxislösung) bezeichnet. Ziel des Benchmarking ist es, sich immer weiter zu verbessern. Der Grundsatz des Benchmarking lautet daher: Lerne von den Besten!
Benchmarking richtig umsetzen
Benchmarking kann sich auf die gesamte Kanzlei oder auf einzelne Teilbereiche der Kanzlei beziehen. Definieren Sie daher zunächst, welche Bereiche oder Arbeitsabläufe verbessert werden sollen und was durch die Veränderungen erreicht werden soll. Wählen Sie dann eine oder mehrere Benchmark-Kanzleien aus, mit denen Sie die eigene Vorgehensweise vergleichen wollen. Für die Suche nach geeigneten Benchmark-Partnern gibt es kein Patentrezept. Es können regionale Mitbewerber sein, aber auch räumlich entfernte Kanzleien, von denen Sie durch Mandanten, aus Fachzeitschriften oder durch andere Medien erfahren haben. Insbesondere in Fachzeitschriften und in den Verbandsnachrichten der Steuerberaterverbände wird immer wieder über Kanzleien berichtet, die besonders erfolgreich und fortschrittlich arbeiten oder bestimmte Auszeichnungen gewonnen haben. Identifizieren Sie anhand dieser Informationsquellen geeignete Kanzleien als Vorbilder und Benchmark-Partner.
Analysieren Sie diese Kanzleien dann, indem Sie mit der Webseite beginnen und versuchen Sie, über die genannten Informationsquellen so viele Informationen wie möglich zu erhalten.
Ergänzende Ideenquellen für die Suche nach Best-Practise-Lösungen können im Einzelfall auch Bücher der steuerlichen Fachverlage sein, in denen neue und empfehlenswerte Methoden der Kanzleiführung dargestellt werden. Auch im Internet, auf Steuerberaterkongressen, durch Seminare oder im Gespräch mit Kollegen aus anderen Kanzleien können Sie neue Ideen erfahren, die auf die eigene Kanzlei übertragbar sind.
Ergänzend können Sie für Ihr Benchmarking auf Branchenstatistiken zurückgreifen und ausgewählte Daten der eigenen Kanzlei mit Branchenwerten vergleichen. Branchenwerte erhalten Sie bei Ihrem EDV-Anbieter oder durch den jährlichen "Praxenvergleich" des Deutschen Steuerberaterverbands.
Maßnahmen umsetzen
Vergleichen Sie die Vorgehensweise der Benchmark-Partner mit ihrem eigenen Vorgehen. Passen Sie die Methoden der Benchmark-Partner bei Bedarf in einer Teambesprechung auf Ihre individuellen Verhältnisse an und führen Sie die Best-Practise-Lösung dann in der eigenen Kanzlei ein. Kontrollieren Sie nach einiger Zeit in einer weiteren Teambesprechung, ob sich die neue Vorgehensweise bewährt hat oder ob weitere Anpassungen erforderlich sind.
Benchmarking als kontinuierlicher Prozess
Benchmarking ist in den meisten Fällen keine einmalige Aufgabe, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Gerade in der heutigen Zeit mit einem ständigen und schnellen Wandel der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sollten Arbeits- und Verhaltensweisen regelmäßig überprüft und bei Bedarf immer wieder angepasst werden. Nur durch ständige Verbesserung und Weiterentwicklung wird sich eine Kanzlei dauerhaft im Wettbewerb behaupten können.
Persönliches Benchmarking: Lernen von Kollegen
Das Prinzip "Lernen von den Besten" kann nicht nur auf die Kanzlei, sondern auch auf die persönliche Arbeits- und Verhaltensweise angewendet werden. Vielleicht gibt es einen Kollegen, den Sie wegen seines Fachwissens oder seines souveränen Auftretens bewundern. Diese Personen können Sie gezielt als persönliches Vorbild auswählen. Das bedeutet nicht, sich persönlich zu verbiegen, sondern bewährte und erfolgreiche Vorgehensweisen dieser Personen so auf die eigene Persönlichkeit anzupassen, dass Sie damit genauso gute Ergebnisse erzielen wie der Kollege.
Autor: Dr. Andreas Nagel, Steuerberater, Neustadt