Dr. Andreas Nagel, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Im Rahmen der Übergabe von Mandaten an einen neu zuständig gewordenen Steuerberater oder bei der Mandatsübernahme von einem Berufskollegen stellt sich oft die Frage, wer welche Leistungen für welche Zeiträume abrechnet. Häufig kommt es dabei zum Streit, da jeder Beraterwechsel eine Vorgeschichte hat. Im Ergebnis ist der ehemals zuständige Steuerberater oft nicht willens, an einer konstruktiven Überleitung des Mandats mitzuwirken. Gründe hierfür sind i. d. R. noch offene Honorarforderungen oder nicht eingehaltene Kündigungsfristen.
Wurde der alte Steuerberater über den Wechsel nicht informiert und bestehen seinerseits noch offene Honorarforderungen, hat er das Recht, die Unterlagen des Mandanten zurückzuhalten (§ 66 Abs. 2 StBG i. V. m. § 273 BGB). Dieses Mittel ist allerdings nicht mehr einsetzbar, wenn dem Mandanten dadurch ein elementarer Schaden droht. Dann ist es ratsam, als neu zuständig gewordener Steuerberater an klaren Strukturen mitzuwirken und dem Mandanten zu kommunizieren, dass er das Mandat erst übernimmt, wenn der ehemals zuständige Steuerberater über den Mandatswechsel informiert wurde. Wird diese Vorgehensweise konsequent umgesetzt, steht der Neubegründung des Mandatsverhältnisses nichts mehr im Wege.
Mandat mit Buchhaltung und Jahresabschluss
Erzielt der wechselnde Mandant "nur" Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, ist er i. d. R. selbst dazu in der Lage, durch die Abgabe seiner letzten Einkommensteuererklärung und der letzten 3 Einkommensteuerbescheide beim neuen Steuerberater die Basis für das weitere Tätigwerden zu legen. Ist der neue Mandant hingegen gewerblich tätig, ein Freiberufler oder eine juristische Person, gestalteten sich die nach Übernahme des Mandats anknüpfenden Tätigkeiten deutlich schwieriger. Denn die Daten aus der Buchhaltung – oder dem Lohnbereich – müssen vom Vorberater auf den neuen Berater zeitnah in korrekter Form übertragen werden, um sicherzustellen, dass alle weiteren Tätigkeiten fristgerecht durchgeführt werden können.
Neben dem Einspielen der Daten macht es darüber hinaus Sinn, sich den Schriftverkehr zwischen dem Mandanten und dessen ehemals zuständigen Steuerberater (in Kopie) vorlegen zu lassen, um sich einen Überblick über zum Übernahmestichtag laufende Einspruchsverfahren, anstehende Umsatzsteuer-Sonderprüfungen o. ä. zu verschaffen.
Schlüsse aus Schriftverkehr ziehen
Meist lässt sich aus dem Schriftverkehr bereits ersehen, weshalb das alte Mandatsverhältnis nicht weiterbestehen konnte.
Darüber hinaus sollte die Buchhaltung auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft werden. Treten hier bereits grobe Unstimmigkeiten zu Tage, macht es Sinn, diese im Rahmen der Übernahmearbeiten aufzugreifen und zu bereinigen. Werden diese Fehler nicht umgehend behoben, besteht die Gefahr, die falschen Buchungen in den bis zur Erstellung des Jahresabschlusses folgenden Monaten zu übernehmen. Zusätzlicher Mehraufwand ist somit vorprogrammiert.
Vielfach findet der Wechsel des steuerlichen Beraters inmitten der laufenden Monatsbuchhaltung statt oder im Rahmen eines bereits zur Hälfte fertig gestellten Jahresabschlusses. Hat der Mandant die Entscheidung getroffen, den Steuerberater zu wechseln, spielt es für ihn keine Rolle, in welchem Status sich die Bearbeitung seiner Buchführung oder seines Jahresabschlusses befindet. Vielmehr möchte er schnellstmöglich den Wechsel vollziehen. Entdeckt der neu zuständig gewordene Steuerberater bei der Durchsicht der Buchhaltung grobe Unzulänglichkeiten, ist er außerdem verpflichtet, seinen neu gewonnenen Mandanten darauf hinzuweisen.
Kenntnisnahme schriftlich bestätigen lassen
Über schwerwiegende rechtliche Fehler in der Buchhaltung oder im Jahresabschluss sollte der Mandant schriftlich in Kenntnis gesetzt werden. Die Kenntnisnahme sollte sich der Steuerberater vom Mandanten gegenzeichnen lassen.
Hat das buchhalterische Jahr bereits begonnen, stellt sich die Frage der Kostentragung für die "Aufarbeitungszeit" oder "Korrekturzeit", um die Buchhaltung rechtssicher zu gestalten. Der einfachste Weg: An den Vorberater herantreten, ihm die Probleme erläutern und ihm den Mehraufwand in Rechnung stellen. Allerdings muss hierfür die Pflichtverletzung durch Schlechtleistung zunächst nachgewiesen werden. Dies ist in der Realität oft nicht möglich, denn welche Art der Leistungserbringung zwischen dem ehemals zuständigen Steuerberater und seinem Mandanten vereinbart war und welcher Vertrag zwischen den beiden geschlossen wurde, bleibt dem Neuberater verborgen. Möchte man außerdem das neu gewonnene Mandatsverhältnis bereits vor Beginn belasten? Eher nicht.
Übernahmepauschale vereinbaren
Es macht ggf. mehr Sinn, man vereinbart mit dem Mandanten eine "Übernahmepauschale" zur Abdeckung der für das neue Mandat notwendigen Einarbeitungszeit. Jeder Mandant wird Verständnis dafür haben, dass sich der neue Steuerberater in Ruhe einen Überblick über seinen Fall verschaffen möchte.
Nach Fehlerentdeckung sollte geprüft werden, ob der ehemals zuständig...