Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Simon Beyme
Für die Vertretung im Rechtsbehelfsverfahren vor Verwaltungsbehörden erhält der Steuerberater eine Geschäftsgebühr von 5/10 bis 25/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle E (Anlage 5 zur StBVV). Eine Gebühr von mehr als 13/10 einer vollen Gebühr nach Anlage E kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (§ 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 StBVV). Bei der Gebühr von 13/10 handelt es sich um einen sog. "Schwellenwert".
"Schwellenwert" ist nicht der Mittelwert
Der sog. "Schwellenwert" von 13/10 ist nicht der Mittelwert. Dieser beträgt 15/10.
Die Geschäftsgebühr ermäßigt sich allerdings nach § 40 Abs. 2 StBVV auf 3/10 bis 20/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle E, wenn der Steuerberater in dem Verwaltungsverfahren, das dem Rechtsbehelfsverfahren vor Verwaltungsbehörden vorangeht, eine Zeitgebühr für die Prüfung eines Steuerbescheids (vgl. § 28 StBVV) erhält.
In der gerichtlichen Praxis hat sich in den Fällen des § 40 Abs. 2 StBVV wegen der Schwierigkeit bei der Beantwortung der Frage, wann eine vom Rechtsanwalt bzw. Steuerberater im konkreten Fall bestimmte Rahmengebühr unbillig ist, der Ansatz eines Mittelwerts der gesetzlichen Rahmengebühr manifestiert. Dieser Mittelwert soll als konkrete billige Gebühr in den Normalfällen anwaltlicher/steuerberatender Tätigkeit gelten, mithin in den Fällen, in denen alle bei der Bestimmung der Gebühr zu berücksichtigenden Umstände, insbesondere die in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG und § 11 Satz 1 StBVV genannten, durchschnittlicher Art sind (vgl. Hessisches FG, Beschluss v. 31.1.2013, 1 Ko 2202/11, EFG 2013, S. 644, m. w. N.).
Das FG Köln (Beschluss v. 20.12.2018, 2 Ko 2385/18, EFG 2019, S. 555) hatte sich in einem Erinnerungsverfahren insbesondere mit der Frage zu befassen, in welcher Höhe die außergerichtlichen Kosten eines Klägers erstattungsfähig sind. In der Hauptsache hatten die Beteiligten darüber gestritten, ob der Kläger kindergeldberechtigt ist. Entscheidend waren neben der Frage der unbeschränkten Steuerpflicht die Anwesenheitszeiten des Klägers in Deutschland. Nachdem im Klageverfahren Unterlagen zu den Einsätzen des Klägers auf deutschen Baustellen vorgelegt worden waren, half die Familienkasse dem Begehren ab.
Im März 2018 beantragte der vertretene Kläger beim FG die Kostenfestsetzung: Für das Einspruchsverfahren, in dem er bereits durch einen Steuerberater, der auch den Einspruch verfasst hatte, vertreten worden war, beantragte der Kläger die Festsetzung einer Gebühr von 13/10. Daneben machte er für das Klageverfahren weitere (hier nicht interessierende) Gebühren und Auslagen geltend. Das FG erklärte die Zuziehung des Steuerberaters für das Vorverfahren für notwendig und setzte die dem Kläger zu erstattenden Kosten antragsgemäß fest. Die Familienkasse rügte im Erinnerungsverfahren indes u. a. die Festsetzung der Geschäftsgebühr i. H. v. 13/10. Die Gebühr sei auf 11,5/10 herabzusetzen, da der Steuerberater bereits für das Verwaltungsverfahren Gebühren nach § 28 StBVV erhalte. Dies folge aus § 40 Abs. 2 StBVV.
Vertretungsberechtigung in Kindergeldangelegenheiten
Die Gewährung von Kindergeld ist zum einen als Steuervergütung nach § 31 EStG und zum anderen als Sozialleistung nach dem BKGG ausgestaltet. Der Steuerberater war im vorliegenden Verfahren (Gewährung von Kindergeld als Steuervergütung) vertretungsberechtigt, weil § 77 Abs. 2 EStG seine Vertretungsbefugnis vorsieht. In Kindergeldangelegenheiten nach dem BKGG fehlt es indes an einer vergleichbaren Regelung, sodass ein Steuerberater insoweit nicht vertretungsberechtigt ist (vgl. HBR 11/2015).
Das FG Köln hat entschieden, dass der Kostenbeamte zu Unrecht eine Gebühr für das Einspruchsverfahren i. H. v. 13/10 festgesetzt hat. Diese sei auf den Mittelwert von 11,5/10 herabzusetzen. Es begründet seine Entscheidung wie folgt: Der Gebührenrahmen bestimmt sich vorliegend in einem ersten Schritt nach § 40 Abs. 2 StBVV und nicht nach § 40 Abs. 1 StBVV, weil der Steuerberater das Einspruchsverfahren eingeleitet hat. Daher ist davon auszugehen, dass zuvor durch ihn eine Prüfung des Ausgangsbescheids erfolgt ist. Die Prüfung des Verwaltungsakts vor Einspruchseinlegung ist insoweit nicht Teil des Vorverfahrens, da dieses erst mit der Einlegung des Einspruchs beginnt und damit die Gebühr für die Prüfung des Ausgangsbescheids nicht zu den als Teil der Verfahrenskosten nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO erstattungsfähigen Gebühren und Auslagen zählt. Die Gebühr für das außergerichtliche Vorverfahren ist unabhängig von der tatsächlichen Inrechnungstellung und vom Zufluss einer Gebühr nach § 28 StBVV bereits dann zu ermäßigen, wenn die Prüfungsgebühr entstanden ist. In einem zweiten Schritt kann der Steuerberater innerhalb des danach vorgegebenen Gebührenrahmens nach § 11 StBVV die Höhe der Gebühr nach den Umständen des Einzelfalls, unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit der Tätigkeit, bestimmen.
Zur Beantwortung der Frage, wann eine Gebühr unbillig ist, ist grundsätzlich der Mittelwert der Gebüh...