Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Dr. Dario Arconada Valbuena
Die Abtretung von Steuererstattungsansprüchen des Mandanten wird den meisten Steuerberatern geläufig sein. Dabei regelt § 46 Abs. 1 AO neben der Abtretung auch die Verpfändung und Pfändung von Ansprüchen auf Erstattung von Steuern, Haftungsbeträgen, steuerlichen Nebenleistungen und auf Steuervergütungen. Vorrangig behandelt dabei § 46 AO die Abtretung der bezeichneten Ansprüche als wichtigsten Anwendungsfall in der steuerberatenden Praxis.
Unterschrift von Steuerberater und Mandant
Die Abtretung nach § 46 Abs. 1 AO wird erst wirksam, wenn sie der Steuerberater in der nach § 46 Abs. 3 AO vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt.
Die Abtretung ist der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretenden, des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrunds auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Mandanten und vom Steuerberater zu unterschreiben.
Bußgeldbewährte Abtretung
Bei der Abtretung, Verpfändung und Pfändung von Ansprüchen auf Erstattung von Steuern, Haftungsbeträgen, steuerlichen Nebenleistungen und auf Steuervergütungen hat der Steuerberater jedoch Vorsicht walten zu lassen. Denn der geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen zum Zweck der Einziehung oder sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung ist nicht zulässig. Um dieses Abtretungsverbot zu sanktionieren, regelt § 383 AO, dass ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 46 Abs. 4 Satz 1 AO Erstattungs- oder Vergütungsansprüche erwirbt.
Nicht für alle Fälle der Sicherungsabtretung gültig
Dies gilt nicht für die Fälle der Sicherungsabtretung. Zum geschäftsmäßigen Erwerb und zur geschäftsmäßigen Einziehung der zur Sicherung abgetretenen Ansprüche sind jedoch nur Unternehmen befugt, denen das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt ist.
Geschäftsmäßiger Erwerb
Geschäftsmäßig ist eine selbstständige Tätigkeit, die mit der Absicht der Wiederholung ausgeübt wird (BFH, Urteile v. 17.9.1987, VII R 168/84, BFH/NV 1988, S. 9; v. 13.10.1994, VII R 3/94, BFH/NV 1995, S. 473; v. 4.2.2005, VII R 54/04, BStBl II 2006, S. 348).
Geschäftsmäßigkeit ist danach auch anzunehmen, wenn ein Steuerberater sich mehrfach zum Ausgleich von Honorarforderungen Erstattungs- oder Vergütungsansprüche abtreten lässt oder solche Abtretungen bei mehreren Mandanten praktiziert (BFH, Urteile v. 30.8.1989, VII R 149/85, BFH/NV 1989, S. 210; v. 23.10.1985, VII R 196/82, DB 1986, S. 207; v. 13.10.1994, VII R 3/94, BFH/NV 1995, S. 473).
Die Zahl der Abtretungen pro Jahr ist für die Geschäftsmäßigkeit wichtig, aber nicht allein entscheidend. So kann unter besonderen Umständen eine Abtretung in 6 Fällen pro Jahr noch nicht geschäftsmäßig sein (BFH, Urteil v. 30.8.1988, VII R 149/85, BFH/NV 1989, S. 210, 212), während es auch bereits bei 4 Abtretungen in einem Jahr geschäftsmäßig sein kann (BFH, Urteil v. 13.10.1994, VII R 3/94, BFH/NV 1995, S. 473).
In Einzelfällen vorkommende Abtretungen nicht geschäftsmäßig
Nur vereinzelte, lediglich gelegentlich und anlässlich besonders begründeter Einzelfälle vorkommende Abtretungen sollen nicht als geschäftsmäßig angesehen werden (BFH, Urteil v. 4.2.2005, VII R 54/04, BStBl II 2006, S. 348). Dabei kann aufgrund von mehreren beim Finanzamt eingehenden Abtretungsanzeigen allein keine Geschäftsmäßigkeit bei der Abtretung angenommen werden. Maßgebend sind stets die Umstände des Einzelfalls.
Ausnahme: Sicherungsabtretungen
Abtretungen und Verpfändungen, die zur Sicherung bestehender oder künftiger Ansprüche getätigt werden, sind nach § 46 Abs. 4 Satz 2 AO zulässig. Nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 4 AO ist jedoch unklar, ob nach § 46 Abs. 4 Satz 2 AO sich jedermann geschäftsmäßig zur Sicherung Ansprüche abtreten oder verpfänden lassen kann. Die Zweifel folgen aus der nicht klaren Abstimmung der 3 aufeinander folgenden Sätze des § 46 Abs. 4 AO.
Da in den meisten Fällen die als "Sicherungsabtretung" bezeichnete Regelung rechtlich überhaupt keine Sicherungsabtretung ist, soll an dieser Stelle dazu nichts weiter ausgeführt werden. Vielmehr handelt es sich häufig um eine sog. Abtretung erfüllungshalber. Denn für eine echte Sicherungsabtretung ist ein wirksamer Darlehensvertrag erforderlich. Zudem muss der Sicherungszweck im Vordergrund stehen.
Sanktion des unzulässigen Erwerbs
Der unzulässige geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen, also auch wenn eine scheinbare "Sicherungsabtretung" tatsächlich eine Abtretung erfüllungshalber ist, führt zur Nichtigkeit der Erwerbsabtretung (bzw. der Verpfändung) nach § 46 Abs. 5 AO und wird zudem als Ordnungswidrigkeit sanktioniert, die nach § 383 Abs. 2 AO mit einer Geldbuße bis zu 50.000 EUR geahndet werden kann.
Autor: RA/FA StR Dr. Dario Arconada, LL.M., Hannover (www.steuerberatung-niedersachsen.de)