Dr. Dario Arconada Valbuena, Dr. Andreas Nagel
Frage:
Uns liegt die Anfrage einer größeren Mandats-Gruppe vor, ob die Möglichkeit einer Rückvergütung bei Überschreiten bestimmter jährlicher Umsatzgrenzen besteht, die wir mit der gesamten Gruppe erzielen. Die Mandanten fragen gezielt danach, ob bei Überschreiten bestimmter Umsatzgrenzen ein bestimmter Prozentsatz der Gesamtvergütung für das laufende Geschäftsjahr im darauffolgenden Geschäftsjahr durch uns an die Mandanten zurückvergütet werden kann.
Prozentsätze bei Überschreiten der Umsatzgrenze
Überschreiten der Umsatzgrenze i. H. v. …
300.000 EUR: 3 %
400.000 EUR: 4 %
500.000 EUR: 5 %
Die Gebühren, die wir mit dieser Mandantengruppe berechnen, liegen im Durchschnitt bei der Mittelgebühr. Wäre eine Rückvergütungsvereinbarung nach dem Steuerberatungsgesetz bzw. der StBVV zulässig?
Antwort:
Rückvergütungsvereinbarungen kennt man aus der Versicherungsbranche. Mit einer Rückvergütungsvereinbarung bieten Versicherungsgesellschaften ihren gewerblichen Versicherungsnehmern eine Möglichkeit einer – vom individuellen Schadensverlauf abhängigen – Beitragsreduzierung an. Eine Rückvergütungsvereinbarung im Zusammenhang mit Steuerberaterhonorar ist mir bislang nicht begegnet. Ich habe hierzu auch keine einschlägige Rechtsprechung oder Literatur gefunden, auch nicht zum anwaltlichen Vergütungsrecht. Dies bedeutet aber nicht, dass eine solche Vereinbarung nicht zulässig wäre.
Die StBVV sieht die Möglichkeit einer Rückvergütung nicht ausdrücklich vor. Die StBVV gilt für die Höhe der Vergütung jedoch nur, soweit nicht etwas anderes vereinbart wird (§ 1 Abs. 1 Satz 2 StBVV). Mit anderen Worten: Die StBVV ist subsidiär und kann durch individuelle Vereinbarungen außer Kraft gesetzt werden.
In dem von Ihnen beschriebenen Fall rechnen Sie im Durchschnitt nach der gesetzlichen Mittelgebühr ab. Diese Gebühr soll sich bei Erreichen bestimmter Umsatzgrenzen um einen bestimmten Prozentsatz reduzieren. Je mehr Umsatz Sie mit der Mandats-Gruppe erzielen, desto höher die Rückvergütung. Dies widerspricht zwar dem in § 11 StBVV zum Ausdruck gekommenen Gedanken, dass bei Rahmengebühren eher ein höherer Gebührensatz in Betracht kommt, wenn der Umfang der Tätigkeit zunimmt und auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie das Haftungsrisiko überdurchschnittlich sind. Allerdings weichen Sie nicht einseitig, sondern kraft Vereinbarung von der berechneten Gebühr ab. Der von Ihnen zunächst gewählte Gebührensatz ist in diesem Fall nicht verbindlich, da er unter dem Vorbehalt steht, dass bestimmte Umsatzgrenzen nicht überschritten werden. Ab dem Erreichen einer Umsatzgrenze von 300.000 EUR rechnen Sie also eine vereinbarte und nicht mehr die gesetzliche Gebühr ab. § 11 StBVV ist in diesem Fall nicht (mehr) anwendbar, da er lediglich für eine Abrechnung nach den gesetzlichen Gebühren, nicht aber für vereinbarte Gebühren gilt. Die von § 11 StBVV geforderte Ermessensausübung ist im Fall einer vereinbarten Vergütung gar nicht möglich.
Eine vereinbarte Gebühr darf allerdings nicht unangemessen hoch (§ 4 Abs. 2 StBVV) oder unangemessen niedrig (§ 4 Abs. 3 StBVV) sein. Dafür sehe ich in Ihrem Fall keine Anhaltspunkte, da Sie sich an der Mittelgebühr orientieren und die vorgesehene geringe Rückvergütung nicht zu einer unzulässigen Gebührenunterschreitung führt. Dass eine vereinbarte Gebühr, die sich geringfügig unterhalb der Mittelgebühr bewegt, eine berufs- bzw. wettbewerbswidrige Gebührenunterschreitung sein könnte, halte ich für abwegig. Die vereinbarte Gebühr ist auch hinreichend bestimmbar (Umsatzgrenze, Prozentsatz).
Für die Kontrolle von Vergütungsvereinbarungen ist in den letzten Jahren neben der StBVV (bei Steuerberatern) und dem RVG (bei Rechtsanwälten) das AGB-Recht ein weiterer wichtiger Maßstab geworden. Allerdings kann über das AGB-Recht kein gerechter Preis ermittelt werden, da Preisabreden als solche nicht kontrollfähig sind. Für diese gilt der Kontrollmaßstab des § 4 Abs. 2 StBVV (für Steuerberater) bzw. § 3a Abs. 2 RVG (für Rechtsanwälte). Kontrollfähig sind allerdings Vereinbarungen, wie der Preis abzurechnen ist (Preisnebenabreden). Hierzu zählen z. B. Zeittaktklauseln. Auch die Rückvergütungsvereinbarung dürfte eine Preisnebenabrede sein. Dass diese die Mandanten unangemessen benachteiligen würde (§§ 307 ff. BGB), ist nicht erkennbar. Im Gegenteil: Die Mandanten profitieren unter bestimmten Voraussetzungen von der Rückvergütungsvereinbarung.
Besondere Sorgfalt ist auf die Formulierung der Vereinbarung zu legen. Um dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) zu genügen, muss die Vereinbarung klar und verständlich sein. Bei der konkreten Umsetzung muss insbesondere hinsichtlich der verschiedenen Mandatsverhältnisse innerhalb der Gruppe differenziert werden. Bei einem Überschreiten der Umsatzgrenzen mit der gesamten Gruppe sollte deshalb vereinbart werden, dass und wie die Rückvergütung in den einzelnen Mandaten zu erfolgen hat.
Autor: Dr. Gregor Feiter, Rechtsanwalt, Düsseldorf