Dr. Gregor Feiter, Dr. Andreas Nagel
Durch die fortschreitende Digitalisierung verlieren die klassischen Beratungsleistungen (Buchführung, Jahresabschluss und Steuerklärung) zunehmend an wirtschaftlicher Attraktivität. Die Erschließung neuer Beratungsfelder wird für Steuerkanzleien daher immer wichtiger. Die Unterstützung von Mandanten bei der Lösung unternehmerischer Aufgaben durch ein individuelles Unternehmer- und Business-Coaching bietet Steuerkanzleien zusätzliches Beratungs- und Honorarpotenzial.
Was ist Business-Coaching?
Das Wort "Coach" stammt aus dem Englischen und bedeutet "Kutsche". Der Begriff beschreibt damit ein Instrument, mit dem Menschen vom derzeitigen Aufenthaltsort zu einem gewünschten Zielort gelangen können. Coaching ist daher die zielorientierte Unterstützung einer Person bei der Erreichung ihrer Ziele und bei der Verbesserung ihrer persönlichen Fähigkeiten. Der Coach vermeidet allerdings konkrete Ratschläge und Handlungsanweisungen, sondern unterstützt den Mandanten dabei, eigenständig Lösungen zu entwickeln. Der Coach nennt allenfalls denkbare Handlungsalternativen, aus denen der Mandant die aus seiner Sicht beste Variante auswählt. Häufig sind die gesuchten Lösungen bereits latent im Kopf des Mandanten vorhanden und müssen vom Coach nur durch geeignete Techniken strukturiert und umsetzbar gemacht werden. Der Coach gibt außerdem neutrales Feedback zu bisherigen Denk- und Verhaltensweisen und fördert so die Selbstreflexion. Coaching ist daher in vielen Fällen "Hilfe zur Selbsthilfe".
Typische Coachingthemen
Im Business-Coaching werden häufig Themen bearbeitet, die vom Mandanten lange vernachlässigt und verdrängt oder aus Angst vor einem "Imageverlust" bisher verschwiegen wurden. Typische Coachingthemen sind die Formulierung von Unternehmenszielen, die Verbesserung des Führungsverhaltens, die Bewältigung von Konflikten mit Mitarbeitern oder Gesellschaftern, die Gestaltung von betrieblichen Veränderungsprozessen oder der Umgang mit beruflichem Stress.
Bei Veränderungsprozessen unterstützen
Die A-GmbH befindet sich in einer wirtschaftlichen Krise. Die vom Steuerberater vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen werden im Unternehmen jedoch nicht umgesetzt, da der Mandant nicht in der Lage ist, alle Mitarbeiter von den notwendigen Maßnahmen zu überzeugen und deren Widerstand gegen Veränderungen zu überwinden. Außerdem besteht im Gesellschafterkreis Uneinigkeit über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen. Durch ein Business-Coaching kann die Geschäftsleitung bei der Gestaltung von Veränderungsprozessen und bei der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten und Konflikten unterstützt werden.
Bei der Definition von Zielen und Rollen unterstützen
Das Unternehmen von M soll von dessen Sohn S als Nachfolger weitergeführt werden. M arbeitet weiterhin in geringem Umfang im Unternehmen. M kritisiert oder widerruft gegenüber Mitarbeitern und Kunden immer wieder die von S getroffenen Entscheidungen. S kann sich daher in seiner Rolle als Nachfolger nicht bewähren. Er hat auch nicht den Mut, seinem Vater mitzuteilen, dass er ursprünglich völlig andere Berufspläne hatte. Die wirtschaftliche Situation des Unternehmens verschlechtert sich unter der Leitung von S zunehmend. Durch ein Business-Coaching können die Ziele und die Rollenverteilung von M und S aufgearbeitet werden.
Fachliche und persönliche Voraussetzungen
Für ein erfolgreiches Business-Coaching müssen fachliche und persönliche Voraussetzungen erfüllt sein. Der Steuerberater benötigt betriebswirtschaftliches Fachwissen sowie Methodenwissen zur systematischen Erarbeitung von Verbesserungsmaßnahmen, z. B. Kreativitäts- und Problemlösungstechniken, Moderations- und Fragetechniken.
Als persönliche Voraussetzungen sind insbesondere Diskretion, Toleranz, Empathie und Konfliktbereitschaft erforderlich. Der Coach muss vom Mandanten als fachlich und menschlich geeigneter Gesprächspartner akzeptiert werden. Da der Coach bei Bedarf auch unangenehme Themen ansprechen soll, darf er auch keine Angst vor emotionalen Reaktionen des Mandanten haben. Diese Emotionen zeigen oft, wo der größte Handlungsbedarf besteht. Zu Beginn müssen daher Inhalt und Ablauf des Coachings detailliert besprochen werden. Dazu gehören die Festlegung der Coachingziele, Erwartungen und Befürchtungen des Mandanten, die vom Coach verwendeten Methoden und Vorgehensweisen, die Bereitschaft des Mandanten zu Veränderungen und zur Annahme von Kritik sowie mögliche Tabuthemen.
Im Internet finden sich unter dem Suchbegriff "Ausbildung zum Business-Coach" viele Lehrgangsangebote, in denen das erforderliche Wissen vermittelt wird (u. a. von der Haufe Akademie). Daneben existiert ein umfangreiches Literaturangebot. Informationen zum Business-Coaching erhalten Sie auch beim Deutschen Bundesverband Coaching e. V. (www.dbvc.de).
Honorargestaltung
Das Business-Coaching fällt nicht unter die StBVV, sodass Coaching-Honorare frei vereinbart werden können. Als Orientierungshilfe können Tages- und Stundensätze von Unternehmens...