Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Dr. Andreas Nagel
In der Beratungspraxis kommt es immer wieder vor, dass für Mandanten neue oder zusätzliche Leistungen erbracht werden, ohne dass für diese vorab ein Honorar vereinbart wurde. Kleinere Zusatzleistungen, die nur einmalig oder "auf Zuruf" anfallen, werden in der Zeit- und Leistungserfassung oft gar nicht registriert und daher auch nicht berechnet. Manchmal wurden bestimmte Leistungen in der Vergangenheit auch schon immer unentgeltlich als kostenlose "Serviceleistung" erbracht, weil es aus Sicht der Kanzlei wirtschaftlich vertretbar war.
Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs in der Steuerberatungsbranche kann dieses Verhalten zukünftig oft nicht mehr beibehalten werden. Allerdings fällt es immer wieder schwer, für diese Leistungen nachträglich oder zukünftig ein Honorar zu berechnen. Der Mandant könnte wegen des zusätzlichen Honorars verärgert sein oder der Kanzleiinhaber empfindet das eigentlich erforderliche Honorargespräch selbst als unangenehm.
Folgen unvollständiger Leistungsberechnung
Die finanziellen Auswirkungen einer unvollständigen Leistungsberechnung zeigt die folgende Überlegung.
Vollständige Leistungserfassung
Wenn durch eine vollständige Leistungserfassung täglich 30 Minuten à 25 EUR pro Mitarbeiter zusätzlich abgerechnet werden könnten, würde sich bei 200 Arbeitstagen eine Umsatz- und Gewinnsteigerung von 5.000 EUR für jeden Mitarbeiter ergeben!
Kleine Einzelbeträge summieren sich auf diese Weise oft zu erheblichen Jahresbeträgen. Wenn Sie diese unbefriedigende Situation beenden möchten, bieten sich meist mehrere Möglichkeiten an. Die Veränderung des bisherigen Abrechnungsverhaltens erfordert zwar zunächst etwas Überwindung, verbessert aber die Ertragslage der Kanzlei dauerhaft.
Maßnahmen zur vollständigen Leistungsberechnung
Vielen Mandanten ist oft nicht bewusst, dass die Kanzlei Leistungen erbringt, die nicht durch das vereinbarte Honorar abgedeckt sind. Bei bisher nicht berechneten Zusatzleistungen sollten Sie daher zunächst ein Gespräch mit dem betreffenden Mandanten führen – auch wenn Ihnen dies nicht angenehm ist. Häufig können Sie die nächste Zusatzleistung für einen Mandanten als "Aufhänger" für das Honorargespräch verwenden. Stellen Sie im Gespräch den Umfang der erbrachten Zusatzleistungen und den erforderlichen Arbeitsaufwand dar und treffen Sie anschließend eine entsprechende Honorarvereinbarung. Bei einer verständlichen und nachvollziehbaren Beschreibung der erbrachten Leistungen wird der Mandant das zusätzliche Honorar in den meisten Fällen akzeptieren.
Gesamtes Leistungsangebot darstellen
Vielleicht können Sie das Gespräch sogar nutzen, um Ihr gesamtes Leistungsangebot noch einmal kurz darzustellen und auf diese Weise weitere Beratungsaufträge generieren.
Wenn es zur Honorarhöhe und zum Umfang der Leistung passt, kann die zusätzliche Leistung oft auch ohne vorheriges Gespräch kommentarlos auf die nächste Honorarrechnung gesetzt werden. Viele Kollegen berichten, dass kleinere Beträge von den Mandanten meist ohne Rückfragen bezahlt werden.
Wenn Sie es für sinnvoll und vertretbar halten, können Sie den zusätzlichen Rechnungsbetrag auch mit einer kurzen Begründung geringfügig reduzieren. Der Mandant erkennt dann, dass er zusätzliche Leistungen zu einem besonders günstigen Honorar erhalten hat. Achten Sie aber darauf, dass diese erkennbare Honorarreduzierung nicht zu einem Verstoß gegen die StBVV führt.
Falls Sie eine Änderung des bisherigen Abrechnungsverhaltens aus individuellen Gründen vermeiden oder bestimmte Zusatzleistungen weiterhin als "kostenlosen Service" anbieten möchten, sollten Sie diese Tatsache zumindest ausdrücklich kommunizieren und die nicht berechneten Leistungen im Detail beschreiben. Tenor: "Lieber Herr Müller, wir haben folgende Arbeiten als Serviceleistung und ohne besondere Berechnung für Sie erbracht." Durch die Erkenntnis, bestimmte Leistungen kostenlos erhalten zu haben, nimmt der Mandant das verbleibende Honorar meist als besonders günstig wahr.
Mitarbeiter einbeziehen
Voraussetzung für eine vollständige Berechnung aller Zusatzleistungen ist, dass Ihre Mitarbeiter alle abzurechenden Tätigkeiten kennen und erfassen. Erarbeiten Sie daher bei Bedarf mit Ihren Mitarbeitern eine kanzleiindividuelle "Liste abzurechender Tätigkeiten" für die einzelnen Dienstleistungen. Versuchen Sie, sich auf diese Weise einer möglichst vollständigen Berechnung aller Leistungen so weit wie möglich zu nähern ohne dabei in "Erbsenzählerei" zu verfallen. Der Umgang mit Zusatzleistungen erfordert insbesondere gegenüber A-Mandanten im Einzelfall immer wieder Fingerspitzengefühl.
Manche Kanzleien bieten ihren Mandanten für telefonische Auskünfte und Besprechungen, die nicht bereits durch das derzeitige Honorar abgedeckt sind, eine monatliche Pauschale an. Mit diesen Mandanten muss dann nie wieder über ein Honorar für diese Leistungen diskutiert werden.
Monatliches Pauschalhonorar
Wenn 200 Mandanten ein monatliches Pauschalhonorar von 40 EUR akzeptieren, erziel...