Leitsatz

1. Stellt der Stillhalter bei einem Optionsgeschäft (short-Position) an der Deutschen Terminbörse die eingeräumte Option glatt, um auf diese Weise seine Inanspruchnahme zu vermeiden, so sind die im Gegengeschäft gezahlten Prämien als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG abziehbar (Bestätigung des BFH-Urteils vom 29.6.2004, IX R 26/03, BFH-PR 2004, 434, BStBl II 2004, 995).

2. Für negative Einkünfte aus Optionsgeschäften i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG in den für die Jahre vor 1999 geltenden Fassungen sind in den noch offenen Altfällen die allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Regelungen über Verlustausgleich und Verlustabzug anzuwenden (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 1.6.2004, IX R 35/01, BFH-PR 2004, 394, BStBl II 2005, 26).

 

Normenkette

Art. 3 Abs. 1 GG, § 9 Abs. 1, § 22 Nr. 3 EStG 1997

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob Verluste im Zusammenhang mit dem Glattstellen eingeräumter Optionen in den Streitjahren (1997 und 1998) zu berücksichtigen sind.

Der Kläger bezieht als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Er unternahm in den Streitjahren Optionsgeschäfte an der Deutschen Terminbörse auf den Deutschen Aktienindex (DAX) als Stillhalter (short-Positionen) und nahm daraus Prämien i.H.v. 63.140 DM im Jahr 1997 und i.H.v. 49.525 DM im Jahr 1998 jeweils neben Gebühren und Spesen ein. Einige dieser Geschäfte stellte er glatt und musste im Rahmen dieser Gegengeschäfte seinerseits Prämien zahlen, und zwar neben Gebühren und Spesen 143.390 DM (1997) und 66.850 DM (1998).

Dementsprechend erklärte er negative Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG für das Jahr 1997 i.H.v. 93.595 DM und für das Jahr 1998 i.H.v. 12.301 DM, die das FA allerdings nicht berücksichtigte. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Sache zur nachzuholenden Feststellung der Höhe der Aufwendungen zurückverwiesen. Die in den Glattstellungsgeschäften gezahlten Optionsprämien seien grundsätzlich als Werbungskosten bei den Einkünften als Stillhalter aus sonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG geltend zu machen.

Hinsichtlich der Einkünfteerzielungsabsicht komme es auf das jeweilige einzelne Optionsgeschäft (hier: Optionseinräumung als Stillhalter) an. Hierfür nicht entscheidend seien die Bedingungen im Zeitpunkt des Glattstellungsgeschäfts, das unternommen werde, um das Eröffnungsgeschäft zu schließen.

 

Hinweis

1. Prämien aus Optionsgeschäften sind um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien als Erwerbsaufwendungen zu mindern. Denn diese bilden Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG und sind deshalb von den Einnahmen aus § 22 Nr. 3 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG abzusetzen (so BFH, Urteil vom 29.6.2004, IX R 26/03, BFH-PR 2004, 434; zur Rechtslage nach Einführung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002; BFH, Urteil v. 17.4.2007, IX R 40/06, BFH/PR 2007, 299 in diesem Heft, m.w.N.). Denn er wendet die Prämien im Rahmen des Gegengeschäfts auf, um seine Einnahmen aus dem Stillhaltergeschäft zu sichern. Damit liegt das auslösende Moment für die Ausgaben im steuerbaren Bereich.

Der Optionsgeber (Stillhalter) erhält nämlich die Prämie, weil er sich für einen begrenzten Zeitraum bindet, von dem Inhaber der Option einen bestimmten Basiswert zu einem von vornherein bestimmten Basispreis (z.B. Aktie oder wie hier DAX-Index) zu kaufen oder ihm den Basiswert zu dem vorherbestimmten Preis zu verkaufen. Die Optionsprämie ist Gegenleistung für diese Bindung und die damit eingegangenen Risiken, die der Stillhalter – als Last – in Kauf nimmt, weil er z.B. ein für ihn ungünstiges Effektengeschäft abschließen muss. Damit berücksichtigt das nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbare Entgelt auch drohende Vermögenseinbußen, sodass im Glattstellungsgeschäft aufgewandte Prämien als Erwerbsaufwendungen zu beurteilen sind, mit denen der Stillhalter eben dieses Risiko zu minimieren sucht (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil vom 24.6.2003, IX R 2/02, BFH-PR 2003, 410).

2. Die Abziehbarkeit dieser Aufwendungen scheitert auch nicht daran, dass sie zu negativen Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG führen. Denn ein solches Ausgleichsverbot hat das BVerfG – zum Verlustausgleich bei laufenden Einkünften aus der Vermietung beweglicher Gegenstände – als mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig beurteilt. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BFH gleichermaßen für Optionsgeschäfte (BFH, Urteil vom 1.6.2004, IX R 35/01, BFH-PR 2004, 394).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.4.2007, IX R 23/06

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