3.3.1 Gemeinkosten
Während IAS 2 "Vorräte" den Umfang und die Ermittlung der Herstellungskosten des Vorratsvermögens ausführlich erläutert, sind die entsprechenden Hinweise für selbsterstellte Anlagen in IAS 16 und IAS 38 eher dürftig. Auch wenn nur teilweise explizit auf die Regelungen von IAS 2 zum Vorratsvermögen verwiesen wird (IAS 16.22), greifen durchgehend die Grundsätze von IAS 2. In der Folge zählen etwa abnorme Gemeinkosten (z. B. Kosten unterbeschäftigter Produktionsfaktoren, IAS 2.16(a)) nicht zu den Herstellungskosten.
3.3.2 Nachträgliche Herstellungskosten vs. Erhaltungsaufwand
Nach § 255 Abs. 2 S. 1 HGB sind Herstellungskosten auch solche Aufwendungen, die bei der Erweiterung oder bei über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserungen eines Vermögensgegenstands entstehen. Das IDW sieht in RS IFA 1, bezogen auf Gebäude, eine Verbesserung dann als gegeben an, wenn die Nutzungsdauer des Gebäudes verlängert wird oder sich die Gebrauchsmöglichkeit qualitativ wesentlich verbessert. Insbesondere bei Aufwendungen, die im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung entstehen, sei es nahe liegend, eine wesentliche Verbesserung anzunehmen, jedenfalls dann, wenn im Verhältnis zum Kaufpreis hohe Aufwendungen vorliegen. Diese Regelung entspricht weitgehend auch dem Steuerrecht (mit der Ausnahme, dass für anschaffungsnahe Aufwendungen durch § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine schematisierte 15 %-Grenze vorgegeben ist).
Die bis 2004 geltenden Regelungen in IAS 16.24 a. F. stimmten im Wesentlichen mit den handelsrechtlichen Regelungen überein. Nachträgliche Aufwendungen auf Sachanlagevermögen waren dann als Herstellungskosten zu behandeln, wenn:
- die Kapazität erweitert wurde oder
- sich die Nutzungsdauer verlängerte oder
- eine substanzielle Verbesserung der Qualität vorlag.
- Nach IAS 16.26 a. F. lagen Herstellungskosten außerdem vor, wenn der Anschaffungspreis einen Renovierungsrückstau berücksichtigte.
Die ab 2005 geltende Neufassung von IAS 16 enthält keine derartigen konkreten Beispiele mehr. Stattdessen verweisen IAS 16.12 ff. nunmehr auf die allgemeinen Aktivierungsvoraussetzungen, insbesondere auf den erwarteten Nutzen. Die Neufassung hat m. E. eher redaktionellen als materiellen Charakter. In den oben genannten Fällen liegt regelmäßig eine Erhöhung des Nutzens gegenüber dem Zustand vor nachträglichem Aufwand vor. Damit ist der Aufwand zu aktivieren.
Aktivierungspflichtig sind auch die Kosten regelmäßiger Großinspektionen (IAS 16.14).
Beispiel
Ein Schiff mit einer Nutzungsdauer von 25 Jahren wird Anfang 01 für 50 Mio. EUR angeschafft. Alle fünf Jahre ist eine Großinspektion erforderlich, ansonsten verliert das Schiff die Zulassung. Die Inspektion wird Ende 05 für 5 Mio. EUR durchgeführt. Die Inspektion wird als Komponente des Vermögenswerts angesehen und über einen kürzeren Zeitraum (fünf Jahre) abgeschrieben als der "Rest". Die Buchungen sind wie folgt:
Jahr |
Konto |
Soll |
Haben |
01 |
Anlagevermögen |
50 Mio. EUR |
|
|
Geld |
|
50 Mio. EUR |
01 bis 05 |
Abschreibung |
2 Mio. EUR |
|
|
Anlagevermögen |
|
2 Mio. EUR |
05 |
Anlagevermögen |
5 Mio. EUR |
|
|
Geld |
|
5 Mio. EUR |
06 bis 10 |
Abschreibung |
3 Mio. EUR |
|
|
Anlagevermögen |
|
3 Mio. EUR |
Der Aufwand in 06 bis 10 ergibt sich aus 2 Mio. EUR (50 / 25) Abschreibung auf die ursprünglichen Kosten und 1 Mio. EUR (5 / 5) Abschreibung auf die Großinspektion.
Eine gleichmäßigere Aufwandsverteilung wird erzielt, wenn bei der Erstaktivierung eine Komponente "Generalüberholung" fingiert wird, die abweichend vom übrigen Schiff über fünf Jahre abzuschreiben ist.
Voraussichtliche Inspektionskosten
4 Inspektionen × 5 Mio. EUR |
20 Mio. EUR |
+ ursprüngliche Anschaffungskosten |
50 Mio. EUR |
= zu verteilende Summe |
70 Mio. EUR |
somit Aufwand p. a. (70 Mio. EUR / 25) |
2,8 Mio. EUR |
Abschreibung 01 ff. (45 Mio. EUR / 25 + 5 Mio. EUR / 5) |
2,8 Mio. EUR |
Eine solche Komponentenbetrachtung ist dann nicht erforderlich, wenn die Inspektionskosten im Verhältnis zu den Anschaffungskosten gering sind und/oder größere Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe des zukünftigen Inspektionsaufwands bestehen.
Nachträgliche Aufwendungen auf immaterielle Vermögenswerte sind theoretisch unter den gleichen Voraussetzungen aktivierbar wie die auf Sachanlagen. Nach Ansicht des IASB sollen die Aufwendungen bei Immaterialgütern allerdings nur selten ("only rarely") die Ansatzkriterien erfüllen (IAS 38.20). Begründet wird dies im Standard damit, dass viele immaterielle Vermögenswerte "von Natur aus" nicht erweiterungsfähig oder in Teilen ersetzbar seien, zudem in vielen Fällen die Trennbarkeit vom Gesamtunternehmen bzw. Geschäftswert zweifelhaft sei. Hinzufügen kann man noch die Schnelllebigkeit immaterieller Vermögenswerte (etwa bei technologischem Know-how) Dementsprechend selten werden in der Praxis Aufwendungen als nachträgliche Herstellungskosten auf immaterielle Anlagen aktiviert.