Die Ermittlung des Kapitalwerts des Nießbrauchsrechts richtet sich nach dem Bewertungsgesetz und kann in folgender Formel dargestellt werden:
Jahreswert des Nießbrauchs
mal Vervielfältiger für lebenslängliche Nutzungen oder Leistungen
= Kapitalwert Nießbrauch
Jahreswert des Nießbrauchs
Unter dem Jahreswert ist der Wert der Nutzung während eines Jahres zu verstehen. Als Jahreswert ist grundsätzlich der Reinertrag zugrunde zu legen.
Dieser ergibt sich, wenn die vom Nießbraucher zu tragenden Kosten von den Einnahmen abgezogen werden. Da dieser Wert in der Praxis regelmäßig von Jahr zu Jahr variiert, ist bei schwankenden Beträgen § 15 Abs. 3 BewG zu beachten. Danach gilt: "Bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken, ist als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird."
Da trotz dieser sicherlich gut gemeinten gesetzlichen Regelung die voraussichtlichen Werte der Zukunft in der Praxis dennoch ungewiss bleiben, wird regelmäßig der Durchschnittsreinertrag der letzten 3 Jahre maßgebend sein. Bei vermieteten Immobilien kann es sich daher empfehlen, die Anlagen V der letzten 3 Jahre zu den Akten zu nehmen, um den Jahreswert entsprechend nachweisen zu können.
Nicht in Geld bestehende Nutzungen oder Leistungen (so z. B. bei Eigennutzung durch den Vorbehaltsnießbraucher) sind mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsorts anzusetzen (§ 15 Abs. 2 BewG). Das ist der Geldbetrag, den der Berechtigte aufwenden müsste, um sich die geldwerten Güter im freien Verkehr zu verschaffen. Maßgebend ist der Mittelpreis im jeweiligen Veranlagungszeitpunkt. Bei steigenden Preisen kann deshalb der Kapitalwert gleichbleiben, obwohl der Vervielfältiger sinkt.
Bei der Ermittlung des Kapitalwerts der Nutzungen eines Wirtschaftsguts kann der Jahreswert dieser Nutzungen höchstens den Wert betragen, der sich ergibt, wenn der für das genutzte Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes anzusetzende Wert durch 18,6 geteilt wird (§ 16 BewG).
Zum Hintergrund: Das BewG geht davon aus, dass sich Vermögen langfristig im Durchschnitt mit 5,5 % verzinst (§ 13 BewG). Unterstellt man, dass die Erträgnisse eines Wirtschaftsguts dieser Verzinsung entsprechen, so errechnet sich der Wert dieses Wirtschaftsguts in der Weise, dass die Erträgnisse – bei Annahme mittelschüssiger Zahlungsweise – mit 18,6 (= 100 ./. 5,5 %) vervielfacht werden.
Daraus folgt weiter, dass der Kapitalwert zeitlich unbegrenzter wiederkehrender Nutzungen, auch wenn diese Nutzungen nicht mit einem bestimmten Wirtschaftsgut in Zusammenhang stehen, nicht höher angesetzt werden kann als mit dem 18,6-fachen des Jahreswerts. Denn diese Nutzungen werden als Ertrag eines zu circa 5,5 % Zins angelegten Kapitals angesehen.
- Zur Ermittlung des Kapitalwerts wiederkehrender Nutzungen eines Wirtschaftsguts ist damit so zu verfahren, dass zunächst der Jahresreinertrag zu ermitteln ist.
- Liegt dieser Reinertrag unter dem 18,6 Teil des Werts des genutzten Wirtschaftsguts, so kommt § 16 BewG nicht zum Zuge.
- Ist der Jahreswert dagegen höher als der 18,6. Teil des Werts des genutzten Wirtschaftsguts, so tritt aufgrund § 16 BewG eine Begrenzung des Jahreswerts auf den 18,6. Teil des Werts des Wirtschaftsguts ein.
Vervielfältiger
Der Vervielfältiger zur Ermittlung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen oder Leistungen (hier das Nießbrauchsrecht) ermittelt sich aus den veröffentlichten Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes. Dem folgend gibt das BMF die Vervielfältiger in Abhängigkeit von Geschlecht, vollendetem Lebensalter und der sich daraus ergebenden Lebenserwartung mittels Verwaltungsanweisung bekannt.
Je nach Bewertungsstichtag sind unterschiedliche BMF-Schreiben zu beachten:
- Bewertungsstichtage ab 1.1.2024
- Bewertungsstichtage ab 1.1.2023
- Bewertungsstichtage ab 1.1.2022
- Bewertungsstichtage ab 1.1.2021
- Bewertungsstichtage ab 1.1.2020
- Bewertungsstichtage ab 1.1.2019
- Bewertungsstichtage ab 1.1.2018
- Bewertungsstichtage ab 1.1.2017
- Bewertungsstichtage ab 1.1.2016
Bewertungsstichtage ab 1.1.2013 bis Ende 2015
Im Jahr 2013 und 2014 hat das Statistische Bundesamt keine aktuellen Sterbetafeln veröffentlicht. Daher sind entsprechend des BMF-Schreibens v. 21.11.2014 und vom 13.12.2013 die Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen oder Leistungen, die nach der am 2.10.2012 veröffentlichten Sterbetafel 2009/2011 des Statistischen Bundesamtes ermittelt und veröffentlicht wurden, auch für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2014 und 1.1.2015 anzuwenden. Der Vervielfältiger kann daher für 2014 und 2015 aus der Tabelle des BMF-Schreibens v. 26.10.2012 für Bewertungsstichtage ab 2013 entnommen werden.
- Bewertungsstichtage ab 1.1.2012
Vorbehaltsnießbrauchsrecht für mehrere Personen
Sofern die Dauer der Nutzung oder Leistung von der Lebenszeit mehrerer Personen abhängt und dass Nießbrauchsrecht erst mit dem zuletzt Versterbend...