Leitsatz
Werden Sonderbetriebsausgaben, die aus privaten Mitteln bestritten worden sind, im Jahr der Entstehung des Aufwands nicht berücksichtigt, kommt eine erfolgswirksame Nachholung in einem Folgejahr nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs nicht in Betracht.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 7, § 10a, § 35b Abs. 2 Satz 2, § 36 Abs. 10 GewStG, § 48 Abs. 1 Nr. 1, § 68 Satz 1, § 127 FGO, § 252 Abs. 1 Nr. 1, § 266 Abs. 3 A HGB
Sachverhalt
Eine Kommanditistin hatte im Streit über gesellschaftsrechtliche Fragen im Jahr 2008 anwaltliche Beratung in Anspruch genommen. Die dafür ausgestellte Rechnung beglich die Kommanditistin aus privaten Mitteln noch im Jahr 2008. Die Geltendmachung des Betrags als Sonderbetriebsausgaben unterblieb.
Nach Bestandskraft des Gewinnfeststellungsbescheids 2008 wurden Sonderbetriebsausgaben in gleicher Höhe nun für das Streitjahr 2009 geltend gemacht. Dies begründete die KG mit einer Berichtigung der Sonderbilanz nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs. Das in der Sonderbilanz auf den 31.12.2008 ausgewiesene Eigenkapital sei wegen der unberücksichtigt gebliebenen Einlage im Jahr 2008 fehlerhaft gewesen. Es müsse im Jahr 2009 gewinnwirksam berichtigt werden, weil eine Korrektur im Jahr 2008 wegen Eintritts der Bestandskraft nicht mehr möglich sei.
Das FA berücksichtigte die Sonderbetriebsausgaben im Gewinnfeststellungsbescheid 2009 jedoch nicht und wurde darin vom FG bestätigt, das die Klage abwies (FG Köln, Gerichtsbescheid vom 1.3.2016, 15 K 317/12, Haufe-Index 9424089, EFG 2016, 997).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG zwar aus formellen Gründen auf, teilte aber in der Sache dessen Auffassung und wies die Klage endgültig ab.
Hinweis
1. Während ein fehlerhafter Bilanzansatz in einer Handelsbilanz grundsätzlich an der Quelle, also in der betreffenden Bilanz zu korrigieren ist, auch wenn er erst nach Jahren auffällt, ist dies mit steuerrechtlicher Wirkung nur dann zulässig, wenn die daraus folgende Gewinnauswirkung auch in dem betreffenden Jahr noch berücksichtigt werden kann. Nach Eintritt der Bestandskraft ist dies nicht mehr möglich. Stattdessen ist der Fehler nach den Grundsätzen des sog. formellen Bilanzenzusammenhangs in der Schlussbilanz des ältesten Wirtschaftsjahrs zu korrigieren, für das ein geänderter Gewinn verfahrensrechtlich noch berücksichtigt werden kann.
2. Eine solche Korrektur kommt nur in Betracht, wenn die Bilanz unrichtig ist und ein Bilanzansatz geändert werden muss. Dies ist nicht der Fall, wenn in der Vergangenheit eine Betriebsausgabe übersehen wurde, die noch im Wirtschaftsjahr ihrer Entstehung aus außerbetrieblichen Mitteln, also im Wege einer Einlage beglichen wurde. Das Eigenkapital ist in diesem Fall am Bilanzstichtag insoweit richtig ausgewiesen, denn die Einlage hat die Ausgabe ausgeglichen.
3. So lagen die Dinge im Urteilsfall. Dennoch hielt das Unternehmen eine Bilanzberichtigung im Folgejahr für zulässig, weil der BFH in zwei Urteilen auf die Zusammensetzung des Eigenkapitals abgestellt habe, sodass auch Entnahmen von Einnahmen und Einlagen von Ausgaben zu Bilanzkorrekturen führen könnten (BFH, Urteil vom 31.5.2007, IV R 54/05, BFH/NV 2007, 1973, BFH/PR 2007, 411, BStBl II 2008, 665, und BFH, Urteil vom 31.5.2007, IV R 25/06, BFH/NV 2007, 2086).
Diese Urteile betrafen aber nicht den Fall einer Bilanzberichtigung in einem späteren Jahr, sondern die Zulässigkeit einer Bilanzänderung in demselben Jahr nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG. Nach dieser Vorschrift kann der Steuerpflichtige durch Ausübung eines Bilanzierungswahlrechts auf die Gewinnänderung infolge einer Betriebsprüfung reagieren und diese durch Wahl eines gegenläufigen anderen Bilanzansatzes kompensieren. Wird eine nicht erfasste und privat vereinnahmte Betriebseinnahme aufgedeckt, kommt es dadurch nicht zu einem geänderten Eigenkapital in der Prüferbilanz. Trotzdem sieht der BFH hier unter Hinweis auf die Zusammensetzung des Eigenkapitals eine fehlerhafte und zu korrigierende Bilanz, auf die mit einer Wahlrechtsausübung reagiert werden darf. Diese Handhabung ist aber nicht auf Folgejahre übertragbar. Sie dient lediglich der Wahrnehmung des Rechts zur Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG im Jahr der Bilanzberichtigung durch das FA.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.6.2019 – IV R 19/16