Leitsatz
1. Für einen Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO ist der Hinweis erforderlich und ausreichend, dass die Feststellung für noch nicht verjährte Folgebescheide von Bedeutung ist.
2. Der Hinweis darf keine konkrete Zeitangabe zu der vermeintlichen Verjährung im Folgebescheidsverfahren enthalten, da Feststellungen zur Festsetzungsverjährung nur im Folgebescheid zu treffen sind.
Normenkette
§ 181 Abs. 3, Abs. 5 Satz 2, § 1 Abs. 2 Nr. 4, § 118, § 157 Abs. 2, § 169 Abs. 2, § 171 Abs. 10, § 179, § 367 AO, § 19, § 22, § 23, § 25, § 132 BewG
Sachverhalt
Der Kläger ist aufgrund eines Erbfalls im Jahr 1978 Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Land Brandenburg geworden. Der letzte Einheitswertbescheid war auf den 1.1.1942 ergangen. Auf dessen Grundlage setzte die Gemeinde für die Jahre von 1995 bis 2014 GrSt gegen den Kläger fest, die dieser auch entrichtete.
Das FA rechnete mit Bescheid vom 2.11.2017 im Wege der Zurechnungsfortschreibung auf den 1.1.1991 ohne Änderung von Art- und Wertfeststellung das Grundstück dem Kläger zu. Einen Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO oder einen anderen Hinweis auf eine zeitlich beschränkte Geltung enthielt dieser Bescheid nicht. Zugleich erging ein GrSt-Messbescheid als Neuveranlagung auf den 1.1.1991. Der Tenor der auf die Einsprüche des Klägers ergangenen Einspruchsentscheidung lautete wie folgt:
"Der im Einheitswertbescheid festgesetzte Einheitswert gilt wegen Eintritts der Verjährung erst ab 1.1.2013. Im Übrigen werden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen."
Das FG gab der gegen den Einheitswertbescheid gerichteten Klage statt (FG Berlin-Brandenburg, Gerichtsbescheid vom 24.7.2019, 3 K 3109/18, Haufe-Index 13475471, EFG 2019, 1739).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA zurück. Das FG habe im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die angefochtenen Bescheide rechtswidrig seien. Der Einheitswert sei zwar nach § 132 Abs. 1 BewG sachlich zutreffend auf den 1.1.1991 festgestellt worden. Der Einheitswertbescheid und die Einspruchsentscheidung seien jedoch nach dem 31.12.1995 und damit nach Ablauf der Feststellungsverjährung ergangen. Ein ordnungsgemäßer Wirkhinweis i.S.v. § 181 Abs. 5 Satz 2 AO fehle. Der Einheitswertbescheid enthalte keine Angabe über eine zeitliche Beschränkung. Der der Einspruchsentscheidung beigegebene Hinweis entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen. Statt wie erforderlich einen Hinweis darauf zu erteilen, dass die Feststellung nur für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist, habe der Bescheid den seitens des FA für zutreffend erachteten Zeitraum selbst benannt. Der Einheitswertbescheid und die Einspruchsentscheidung könnten auch nicht als Bescheid nach § 25 BewG Bestand haben. Der Einheitswertbescheid habe keine Angaben enthalten, denen zu entnehmen sein könnte, dass der Bescheid in Wahrheit erst für ein späteres Datum als den 1.1.1991 gelten solle bzw. welches Datum das sei. Bei Erlass der Einspruchsentscheidung im Jahre 2018 sei der erste noch nicht feststellungsverjährte Zeitpunkt der 1.1.2014 und nicht der dort genannte 1.1.2013 gewesen.
Hinweis
Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit den gesetzlichen Anforderungen an den Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO.
1. Nach § 19 Abs. 1 und 4 BewG werden Einheitswerte für inländischen Grundbesitz festgestellt, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
a) Änderungen einer bestehenden Feststellung finden einerseits im Wege der Fortschreibung nach § 22 BewG, andererseits im Wege der Nachfeststellung nach § 23 BewG statt. Für das in Art. 3 des Einigungsvertrags genannte Gebiet werden nach § 132 Abs. 1 BewG Fortschreibungen und Nachfeststellungen der Einheitswerte 1935 erstmals auf den 1.1.1991 vorgenommen, soweit sich aus § 132 Abs. 2 bis 4 BewG nichts Abweichendes ergibt.
b) Die Feststellung des Einheitswerts unterliegt der Feststellungsverjährung. Nach § 181 Abs. 3 Satz 1 AO beginnt die Frist für die gesonderte Feststellung von Einheitswerten (Feststellungsfrist) mit Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die Hauptfeststellung, die Fortschreibung, die Nachfeststellung oder die Aufhebung eines Einheitswerts vorzunehmen ist. Die Frist beträgt nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO regulär vier Jahre.
c) § 25 Abs. 1 Satz 1 BewG eröffnet die Möglichkeit, nach Ablauf der Feststellungsfrist eine Fortschreibung oder Nachfeststellung unter Zugrundelegung der Verhältnisse vom Fortschreibungs- oder Nachfeststellungszeitpunkt mit Wirkung für einen späteren Feststellungszeitpunkt vorzunehmen, für den diese Frist noch nicht abgelaufen ist. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BewG bleibt § 181 Abs. 5 AO unberührt.
2. Nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Fests...