Eine innere Kündigung geschieht nicht plötzlich, sondern in einem schleichenden Prozess. Dieser Prozess läuft parallel zu den enttäuschten Erwartungen und den sich wiederholenden negativen Erfahrungen in der Arbeitssituation. Zwischen dem Engagement des Mitarbeiters und seinem Rückzug in die innere Kündigung gibt es verschiedene Formen und Phasen. Es werden vier Phasen unterschieden.
Abb. 1: Phasen der inneren Kündigung
Phase 1: Der Mitarbeiter hat bereits Misserfolge darin erfahren, für ihn unzufriedene Situationen verändern oder unangenehme Tätigkeiten abwenden zu können. Er ist aber weiterhin engagiert und hält die Arbeitssituation noch für beherrschbar. Er versucht weiterhin Möglichkeiten zu finden, um in Zukunft weiter aktiv eingreifen zu können. Diese Phase ist schwer zu unterscheiden von einem aktiven, engagierten Mitarbeiter, der kritisch Dinge hinterfragt und interessiert ist.
Phase 2: Der Mitarbeiter kämpft mit allen Möglichkeiten und seinen gesammelten Informationen, die unzufriedene Arbeitssituation zu seinen Gunsten zu verändern. Es gelingt ihm nicht. Er fühlt fast keine Kontrolle mehr, das heißt die Situation scheint für ihn nicht mehr beherrschbar. Umso engagierter er ist, umso länger wird der Versuch dauern, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, um die unzufriedene Arbeitssituation zu ändern.
Phase 3: Der Mitarbeiter sieht keine Möglichkeit zur äußeren Kündigung. Zum Beispiel steht er kurz vor seiner Rente oder er bewertet seine Bezahlung als einzigartig und möchte eine Verschlechterung vermeiden. Auch Alleinerziehende werden die äußere Kündigung nicht in Betracht ziehen, wenn der Arbeitsmarkt nur wenig neue oder geeignete Stellen bietet. Aus dieser Ausweglosigkeit entwickelt der Mitarbeiter eine zunehmende Passivität gegenüber seiner Situation und seinen Tätigkeiten. Er hat die Erfahrung gemacht, dass alle Anstrengungen und Versuche, etwas zu verändern, nicht mehr helfen. Er nimmt zur Kenntnis, dass er die Arbeitssituation nicht mehr kontrollieren bzw. beherrschen kann. Dies wird sich nachhaltig und dauerhaft auf sein Verhalten auswirken. Unter anderem kann dies dazu führen, dass nun Familie und Freizeit viel höher gewichtet werden, weil dort Erfolge erzielt werden können, die in der Arbeit nicht mehr möglich sind.
Phase 4: Der Mitarbeiter zieht sich in seinen Arbeitsleistungen und in seinem Engagement genau so weit zurück, dass es keine negativen Konsequenzen vonseiten des Unternehmens gibt. Dienst nach Vorschrift und nötigste Aufgabenerfüllung auf einem neuen minimierten Niveau. Er zieht sich aus den Teamaktivitäten und immer mehr Arbeitsbereichen zurück. Dieser Rückzug verringert einerseits das Ohnmachtsgefühl des Mitarbeiters, irgendetwas verändern zu können, und andererseits führt es zu Defiziten und Verringerung von Fähigkeiten, da die vorher geleistete Arbeit nicht mehr geleistet wird. Er lernt nichts Neues mehr hinzu (mangels Initiative und Gelegenheiten on-the-job) und entfernt sich immer weiter von einer möglichen, aktiven Mitarbeit.
In der Phase 4 findet die Stabilisierung der inneren Kündigung statt. Es wird zunehmend schwieriger, dem Mitarbeiter neue Aufgaben zu geben, da dieser in den Fähigkeiten abgebaut hat und Neuem gegenüber verschlossen ist. Gleichzeitig wird seine Motivationslosigkeit im Team zum Störfaktor und beeinflusst das Arbeitsklima negativ.
Handlungsfenster während der Phasen
- Es zeigt sich, dass die Symptome der Phasen 1 und 2 der Führungskraft genauestens bekannt sein müssen, damit sie erfolgreich handeln und die innere Kündigung abwenden kann (Maßnahmen zur Früherkennung).
- In der Phase 3 wird eine Rückgewinnung sehr schwierig, aber nicht unmöglich (Umgang mit innerer Kündigung und Maßnahmen zur Rückgewinnung).
- In Phase 4 muss konkret analysiert werden, welche Möglichkeiten dem Unternehmen noch bleiben, damit der Mitarbeiter wieder die erwarteten Leistungen erbringt. Wenn sich an den Rahmenbedingungen nichts ändert, könnte diese Phase endlos – und auf beiden Seiten sehr verlustreich verlaufen. Es bleibt in der vorhandenen Literatur offen, ob diese vierte Phase überhaupt überwunden werden kann (Wenn nichts mehr hilft).