Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der im Ausland als Lieferempfänger Auftretende nicht der wirkliche Abnehmer der Warenlieferung ist, kann der Liefernde auf die Unternehmereigenschaft des angeblichen Abnehmers vertrauen, wenn dem angeblichen Abnehmer eine wirksame USt-Identifikationsnummer zugeteilt worden ist, die Lieferung unter dieser USt-Identifikationsnummer erfolgte und die Ware tatsächlich in das EG-Ausland an die angegebene Lieferadresse versandt wurde.
Sachverhalt
Ein deutscher Händler lieferte in 2001 Mobilfunkgeräte an eine in 2000 gegründete italienische Firma. Diese hatte eine Bankverbindung, war postalisch erreichbar und im italienischen Handelsregister eingetragen. Eine Bestätigungsanfrage des deutschen Händlers beim Bundesamt für Finanzen nach § 18e UStG ergab, dass die angegebene italienische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers existent und wirksam war. Das Finanzamt des deutschen Händlers erhielt in 2003 eine Mitteilung, dass der Abnehmer in 2002 seine Tätigkeit eingestellt habe und dass es sich um eine Scheinfirma handele. Daraufhin versagte das Finanzamt für die Lieferungen des Händlers die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1b i.V. mit § 6a UStG.
Entscheidung
Das FG Münster hielt den Antrag des Händlers auf Aussetzung der Vollziehung für begründet. Nach Auffassung des FG Münster kann die Finanzverwaltung die Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht allein mit der bloßen Behauptung versagen, der ausländische Lieferempfänger sei ein Strohmann oder Scheinunternehmer. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der im Ausland als Lieferempfänger Auftretende nicht der wirkliche Abnehmer der Warenlieferung ist, kann der Liefernde auf die Unternehmereigenschaft des angeblichen Abnehmers vertrauen, wenn dem angeblichen Abnehmer eine wirksame USt-Identifikationsnummer zugeteilt worden ist, die Lieferung unter dieser USt-Identifikationsnummer erfolgte und die Ware tatsächlich in das EG-Ausland an die angegebene Lieferadresse versandt wurde.
Sollte aus der Sicht der Finanzverwaltung in diesen Fällen der für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 1b, § 6a UStG erforderliche Buchnachweis nach § 17c UStDV unzureichend sein, kann sich der Lieferer auf die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG berufen (= Gutglaubensschutz des Lieferers bei falschen Angaben des Abnehmers).
Hinweis
Bleibt es beim Lieferer aufgrund der Vertrauensschutzregelung bei der Steuerfreiheit der Lieferung, ist nach Auffassung des FG Münster beim (abgetauchten) Abnehmer der Vorsteuerabzug aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb zu versagen. Dies wäre dann jedoch das Problem des italienischen Importstaates. Zwar ist die Entscheidung des FG Münster im Hauptsacheverfahren noch abzuwarten. Jedoch ist seine jetzige Entscheidung im Aussetzungsverfahren aus der Sicht der Wirtschaft zu begrüßen. Letztlich wird eine Klärung der für die Exportwirtschaft wichtigen Frage erst der BFH herbeiführen. Bei ihm ist derzeit ein ähnliches Verfahren anhängig (Az. V R 52/03).
Link zur Entscheidung
FG Münster, Beschluss vom 05.02.2004, 15 V 5805/03 U