1 Zustimmung bei Kündigung von Schwerbehinderten
Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, auch die Änderungskündigung, bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Ohne diese vorherige Zustimmung ist sie unwirksam. Das gilt auch für die außerordentliche Kündigung eines schwerbehinderten Auszubildenden. Die Kündigungsfrist bei schwerbehinderten Menschen beträgt gemäß § 169 SGB IX mindestens 4 Wochen. Längere Fristen aufgrund sonstiger Vorschriften bleiben unberührt.
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2 Zustimmungsverfahren
Die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung ist vom Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch beim Integrationsamt zu beantragen. Der Arbeitgeber hat stets zuerst den Antrag auf Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung eines Schwerbehinderten zu stellen und die zustimmende Entscheidung des Integrationsamts abzuwarten, ehe er die Kündigung ausspricht. Das Integrationsamt holt – jeweils soweit vorhanden – eine Stellungnahme des Betriebs- oder Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung ein und gibt dem zu kündigenden schwerbehinderten Beschäftigten die Möglichkeit zur Stellungnahme. Es soll seine Entscheidung, falls erforderlich, aufgrund mündlicher Verhandlung innerhalb eines Monats treffen und dem Arbeitgeber und dem schwerbehinderten Beschäftigten zustellen. Stimmt das Integrationsamt zu, so kann der Arbeitgeber die Kündigung innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung erklären. Versäumt er die Frist, muss er erneut die Zustimmung beantragen. Widerspruch und Klage gegen die Zustimmung haben keine aufschiebende Wirkung. Die Zustimmung des Integrationsamts beseitigt die zugunsten des schwerbehinderten Menschen bestehende Kündigungssperre für die Dauer eines Monats. In diesem Zeitraum kann der Arbeitgeber bei unverändertem Kündigungsgrund auch mehrfach kündigen, ohne eine erneute Zustimmung einholen zu müssen. Dies kann z. B. nötig werden, wenn eine ausgesprochene Kündigung formunwirksam ist oder vom Arbeitnehmer wegen Nichtbeifügung einer notwendigen Vollmacht für den Kündigenden gemäß § 174 BGB zurückgewiesen wurde. Die Zustimmung des Integrationsamts wird durch die erste ausgesprochene Kündigung insoweit nicht "verbraucht".
3 Grundsätze für die Zustimmung
Das Integrationsamt entscheidet nach freiem, pflichtgemäßem Ermessen. Eine Einschränkung der Ermessensentscheidung regelt das Gesetz für die Zustimmung zu Kündigungen in Betrieben und Dienststellen, die nicht nur vorübergehend eingestellt oder aufgelöst werden, wenn zwischen dem Tag der Kündigung und dem Tag, bis zu dem Lohn oder Gehalt gezahlt wird, mindestens 3 Monate liegen. In diesen Fällen hat das Integrationsamt die Zustimmung zu erteilen. Unter der gleichen Voraussetzung soll es die Zustimmung auch bei Kündigungen in Betrieben und Dienststellen erteilen, die nicht nur vorübergehend wesentlich eingeschränkt werden, wenn die Gesamtzahl der verbleibenden Schwerbehinderten zur Erfüllung der Beschäftigungspflicht nach dem SGB IX ausreicht. Die vorstehenden beiden Sätze gelten nicht, wenn eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb desselben Betriebs oder auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers mit Einverständnis des Schwerbehinderten möglich und für den Arbeitgeber zumutbar ist.
Auswirkung der Zustimmung auf bEM
Nach der Rechtsprechung des für Kündigungsangelegenheiten zuständigen Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts begründet die Zustimmung des Integrationsamts zu einer krankheitsbedingten Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers nicht die Vermutung, dass ein (unterbliebenes) betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) die Kündigung nicht hätte verhindern können.
4 Ausnahmen
Keine Anwendung finden die Kündigungsschutzvorschriften nach § 173 SGB IX bei schwerbehinderten Menschen,
- deren Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als 6 Monate besteht oder
- deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist oder vorwiegend Heilungs-, Wiedereingliederungs- oder Erziehungszwecken dient oder die Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften sind oder
- die Teilnehmer an Maßnahmen zur beruflichen Anpassung und Weiterbildung nach § 49 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX sind oder
- die an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Strukturanpassungsmaßnahmen nach dem SGB III teilnehmen oder
deren Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wird, sofern sie
- das 58. Lebensjahr vollendet haben und Anspruch auf eine Abfindung o. Ä. aufgrund eines Sozialplans haben oder
- Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung oder auf Anpassungsgeld für en...