OFD Magdeburg, Verfügung v. 22.8.2011, S 7179 - 57 - St 243
1. Allgemeines
Am 1.1.2005 ist das Zuwanderungsgesetz in Kraft getreten. Ein Kernpunkt dieses Gesetzes ist das Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Das AufenthG (BGBl 2004 I S. 1950) sieht als Grundbaustein der Integration von Ausländern in Deutschland Integrationskurse vor. Nach § 43 Abs. 3 Satz 1 AufenthG umfasst ein Integrationskurs einen Basis- und einen Aufbausprachkurs von jeweils gleicher Dauer zur Erlangung ausreichender Sprachkenntnisse sowie einen Orientierungskurs zur Vermittlung von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte in Deutschland. Nähere Einzelheiten zu den Kursen sind in der Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler geregelt (BGBl 2004 I S. 3370).
Die Integrationskurse werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) koordiniert und durchgeführt, das sich hierzu privater oder öffentlicher Träger bedienen kann (§ 43 Abs. 3 Satz 3 AufenthG). Davon macht das BAMF Gebrauch und schließt zur Durchführung der Integrationskurse mit dem jeweiligen Kursträger privatrechtliche Verträge ab.
2. Umsatzsteuerliche Behandlung
2.1 Integrationskurse
Der jeweilige Kursträger erbringt als Unternehmer eine steuerbare Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 UStG an das BAMF. Das BAMF seinerseits erbringt gegenüber dem Kursteilnehmer eine Leistung. An der Leistungsbeziehung zwischen dem BAMF und dem Kursträger ändert sich auch nichts, wenn der Kursteilnehmer einen Teil des Entgelts unmittelbar an den Kursträger entrichtet. Hierbei handelt es sich um einen abgekürzten Zahlungsweg. Die Zahlung gilt als Entgelt von dritter Seite.
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG konnten die Kursträger für die Durchführung von Integrationskursen zunächst nicht in Anspruch nehmen.
Nach der nunmehr geänderten Verwaltungsauffassung fallen die nach § 43 AufenthG erbrachten Leistungen (Integrationskurse) unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG, wenn sie von einem vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Durchführung der Integrationskurse zugelassenen Kursträger erbracht werden.
Der UStAE wurde entsprechend ergänzt (vgl. BMF-Schreiben vom 3.3.2011, BStBl 2011 I S. 233).
Die Steuerbefreiung ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Für Leistungen, die auf bis zum 31.3.2011 abgeschlossenen Verträgen beruhen, ist es nicht zu beanstanden, wenn die vom BAMF zugelassenen Kursträger die nach § 43 AufenthG erbrachten steuerfreien Leistungen abweichend von Abschnitt 4.21.2 Abs. 3a UStAE umsatzsteuerpflichtig behandeln.
Ein Unternehmer, der trotz dieser Nichtbeanstandungsregelung seine Umsätze für umsatzsteuerfrei erklärt, das BAMF aber nicht die an den Kursträger bereits gezahlte Umsatzsteuer zurückfordert, schuldet diese Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG, sofern die in der ursprünglichen Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer nicht berichtigt wird.
Da die dann umsatzsteuerfreien Umsätze (Leistungen nach § 43 AufenthG) nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG), ist ein eventuell geltend gemachter Vorsteuerabzug zu korrigieren.
2.2 Begleitende Kinderbetreuungsmaßnahmen nach der Integrationskursverordnung (IntV)
Werden im Rahmen eines Eltern- bzw. Frauenintegrationskurses Kinderbetreuungsmaßnahmen nach § 13 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 IntV erbracht, sind diese, sofern es sich hierbei nicht bereits um unselbstständige Nebenleistungen zum Integrationskurs handelt, in Anwendung des BFH-Urteils vom 21.3.2007, V R 28/04 (BStBl 2010 II S. 999) als mit dem Integrationskurs eng verbundene Leistungen ebenfalls umsatzsteuerbefreit.
2.3 Durchführung und Auswertung des Einstufungstests und des „Deutschtests für Zuwanderer” durch den Kursträger
Die Durchführung und Auswertung eines Einstufungstests (§ 11 Abs. 2 IntV) bzw. eines „Deutschtests für Zuwanderer” (§ 17 IntV) durch einen zugelassenen Integrationskursträger sind notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Durchführung eines Integrationskurses nach § 43 AufenthG. Hierbei handelt es sich um eigenständige Leistungen, welche daher nicht als unselbstständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilen. Sie sind aber als mit dem Integrationskurs eng verbundene Leistung ebenfalls nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei, sofern die weiteren Voraussetzungen des Abschnitts 4.21.2 Abs. 3a UStAE vorliegen.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 21;
UStAE Abschn. 4.21.2;
AufenthG § 43