Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
3.6.6.3.2.1 Allgemeines
Tz. 912
Stand: EL 80 – ET: 04/2014
Zur Feststellung der Abgrenzung sind folgende Gesichtspunkte zu ermitteln und zu gewichten:
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Welche Funktion übt der Arbeitnehmer aus? |
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Benötigt er Spezialkenntnisse, die ggf im Tätigkeitsstaat nicht ‹erhältlich‹ sind? |
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Wie hoch sind die üblichen Aufwendungen im Arbeitsmarkt des Tätigkeitsortes für einen vergleichbaren Arbeitnehmer? |
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Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Aufwendungen für den entsandten Arbeitnehmer und seinem Beitrag zum wirtsch Erfolg des Unternehmens (Kosten-/Nutzenabwägung)? |
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Wo liegt der Tätigkeitsort? |
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Von welchem Unternehmen ging die Initiative für die Arbeitnehmerentsendung aus? |
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Ist die Tätigkeit des entsandten Arbeitnehmers einzelprojektbezogen (Abgrenzung zur Dienstleistung s o)? |
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Ist im Arbeitsmarkt des aufnehmenden Unternehmens ein Angebot an Arbeitskräften mit der erforderlichen Qualifikation vorhanden? |
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Sind gleichwertig qualifizierte Arbeitnehmer im lokalen Arbeitsmarkt des aufnehmenden Unternehmens verfügbar und preiswerter (Aufteilungsproblematik s o)? |
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Übt der Arbeitnehmer Routinefunktionen (zB allgemeine Administration) oder Tätigkeiten aus, die spezielle Kenntnisse über den Tätigkeitsstaat erfordern (zB Buchhaltung, Personalwesen)? |
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Übt der Arbeitnehmer Koordinierungs- bzw Kontrolltätigkeiten aus? |
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Ist der Arbeitnehmer iRe Rotationssystems entsandt worden? |
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Wie hoch ist der prozentuale Anteil der entsandten Arbeitnehmer an der Gesamtbelegschaft des aufnehmenden Unternehmens? |
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Bestehen Sprachkenntnisse iVm der ausgeübten Funktion? |
Tz. 913
Stand: EL 80 – ET: 04/2014
Aus diesen Gesichtspunkten lässt sich folgende Abgrenzung vornehmen, wobei in jedem Einzelfall die Gesamtverhältnisse abzuwägen sind:
Regelfälle |
Sonderfälle |
Spezialistenentsendung |
Rotationssystem Ausbildungsfall |
Individualprüfung (s Tz 914ff) mit Vereinfachungsregel (s Tz 931) |
Vollkostentragung durch aufnehmendes Unternehmen (s Tz 916) |
"Grundvergütung" ist vom aufnehmenden Unternehmen zu tragen Mehraufwandstragung durch Entsendeunternehmen (s Tz 917ff) |
3.6.6.3.2.2 Tätigkeit im Interesse der entsendenden Konzernobergesellschaft
Tz. 914
Stand: EL 80 – ET: 04/2014
Bei der von dem entsandten Arbeitnehmer ausgeübten Funktion ist zwischen einer gesellschaftsrechtlich bedingten Tätigkeit (‹Shareholder activity‹) und einer Unterstützungsleistung im betrieblichen Interesse der TG (‹Stewardship activity‹) zu differenzieren. Zu den Tätigkeiten, die im Interesse des Gesellschafters liegen, zählen ua (s Tz 919, 451ff):
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Tätigkeiten, die mit der rechtlichen Organisation oder der Produktions- und Investitionssteuerung im Konzern zusammenhängen; |
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Kontrollen und Revisionen, die der Konzernspitze dienen; |
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der Schutz und die Verwaltung der Beteiligungen; |
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die Vorbereitung, Durchsetzung und Kontrolle von Führungsmaßnahmen der Konzernspitze und nachgeordneter Unternehmen; |
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die Tätigkeit des Beirats- und Aufsichtsrats sowie für Gesellschafterversammlungen. |
Soweit hierbei auch Vorstandsaktivitäten zugeordnet werden, ist dies bedenklich, da der Vorstand als ges Vertreter regelmäßig den originären Geschäftsbetrieb des aufnehmenden Unternehmens leitet und verantwortet.
Tz. 915
Stand: EL 80 – ET: 04/2014
Wenn ein Arbeitnehmer mit den vorgenannten Tätigkeiten befasst ist, so bleibt er im wirtsch Sinne Arbeitnehmer der MG, auch wenn er – ganz oder tw – räumlich vor Ort bei der TG tätig ist. Daraus folgt, dass die MG auch den gesamten Aufwand, der mit der Personalentsendung verbunden ist, tragen muss, andernfalls droht eine Korrektur nach § 1 AStG. Umgekehrt wären eventuelle Kostenbeteiligungen einer inl TG als vGA zu qualifizieren.
3.6.6.3.2.3 Tätigkeit im Interesse der aufnehmenden Gesellschaft
Tz. 916
Stand: EL 80 – ET: 04/2014
Von og Unterstützungstätigkeiten im originären betrieblichen Interesse der aufnehmenden Gesellschaft ist immer dann auszugehen, wenn auch ein unabhängiges Unternehmen bereit wäre, diese Tätigkeit entweder selbst durchzuführen oder von einem fremden Dritten gegen entspr Entgeltzahlung durchführen zu lassen. Dies ist zB immer dann der Fall, wenn
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die TG ausdrücklich um die Entsendung eines Spezialisten ersucht, weil es das benötigte qualifizierte Personal auf ihrem heimischen Arbeitsmarkt nicht gibt; |
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das Personal nur vorübergehend für bestimmte Aufgaben benötigt wird (zB Installation einer neuen Produktionsanlage oder einer neuen Software, Reparaturarbeiten etc); |
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die Zahlung von Personalüberlassungsgebühren bzw Dienstleistungsgebühren zB wegen Arbeitsschutzgarantien, Vorliegen besonderer Spitzenbedarfszeiten etc lukrativer ist, als eigene Arbeitnehmer anzustellen. |
In solchen Fällen ist es fremdüblich, dass das ausleihende Unternehmen entweder ein Dienstleistungsentgelt für die Erledigung der Aufgaben bzw eine Leihgebühr für die Überlassung des Personals zahlt oder für die Zeit, in der das Personal an sie abgeordnet wird, den gesamten Lohnaufwand (einschl Nebenkosten, s Tz 907) übernimmt.
3.6.6.3.2.4 Personalentsendungen, die im Interesse beider Unternehmen liegen
Tz. 917
Stand: EL 80 – ET: 04/2014
In der Praxis besonders problematisch (str) sind Mischfälle. Hierbei ist zuerst festzuhalten, dass selbst für den Fall, dass der entsandte Arbeitnehmer eindeutig zB wegen der Integrat...