Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
Tz. 1109
Stand: EL 81 – ET: 08/2014
Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Stpfl über die feste Anlage oder Einrichtung die Verfügungsgewalt besitzt und sie der Tätigkeit des Stpfl und nicht derjenigen eines anderen dient. Eigentum des Stpfl ist nicht Voraussetzung, es genügt die entgeltlich oder unentgeltlich eingeräumte Möglichkeit, über eine feste Anlage/Einrichtung tats für eine gewisse Dauer verfügen zu können. Der BFH bejaht zB (s Urt des BFH v 17.03.1982, BStBl II 1982, 624) auch die Verfügungsmacht bei unentgeltlicher Überlassung, wenn dem Nutzenden mit der Überlassung eine Rechtsposition eingeräumt wird, die ihm ohne seine Mitwirkung nicht ohne weiteres entzogen oder ohne seine Mitwirkung nicht ohne weiteres verändert werden kann.
Die gelegentliche Nutzung bzw Mitbenutzung einiger Räume ist für die Annahme einer festen Einrichtung nicht ausreichend. Nach dem Urt des BFH v 29.04.1987 (BFH/NV 1988, 122) erfordert die Annahme einer festen Einrichtung zumindest das Vorliegen eines dinglichen Nutzungsrechts oder eines Mietverhältnisses oder eines gleichgelagerten Rechts.
Tz. 1110
Stand: EL 81 – ET: 08/2014
In den letzten Jahren hat sich eine gewisse Ergänzung der Rspr ergeben, als anstelle der Voraussetzung der "dauerhaften Verfügungsmacht" auf eine Art "Verwurzelung" abgestellt wird. Der BFH stellt (s Urt des BFH v 03.02.1993, BStBl II 1993, 462 zur Hotelmanagement-Kap-Ges) entscheidend darauf ab, dass eine bestimmte unternehmerische Tätigkeit durch eine Geschäftseinrichtung mit einer festen örtlichen Bindung ausgeübt wird. Diese Verwurzelung kann sich aus faktischen Gegebenheiten, der Ausgestaltung der Räume und ihrer Benutzung ergeben, selbst eine untergeordnete Mitbenutzung schließt eine Verwurzelung nicht aus. UU kann schon die auf lange Zeit angelegte tats Nutzung der Räume eine BetrSt begründen (zB s Anm F.W., IStR 1995, 81).
Sind Betriebsgebäude oder sonstige Einrichtungen vermietet oder verpachtet, so qualifizieren sie sich nicht als BetrSt des Vermieters oder Verpächters, sondern als BetrSt des Mieters oder Pächters, der diese Anl betrieblich nutzt. Das Merkmal "Verfügungsmacht" hat insbes Bedeutung, wenn nicht der Unternehmer selbst, sondern ein unabhängiger Vertreter an Stelle des Unternehmers tätig wird. Unabhängig von der Frage des Vorliegens der "personellen BetrSt-Begr" ist auch hier zuerst die sachliche Anknüpfung zu prüfen. Bei unabhängigen Vertretern, die keine Angestellten des Stpfl, sondern selbständige Gewerbetreibende sind muss nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine Geschäftseinrichtung des Vertretenen bestehen, in der dessen Geschäfte ausgeübt werden. Der Ort des Sitzes eines "Ständigen Vertreters", der selbständiger Gewerbetreibender ist, wird folglich nur in Ausnahmefällen eine BetrSt des Stpfl begründen (s Urt des BFH v 27.11.1963, BStBl III 1964, 76).
Tz. 1111
Stand: EL 81 – ET: 08/2014
Der BFH (s Urt des BFH v 14.07.2004, BFH/NV 2005, 154) hat sich mit dem Fall zu befassen gehabt, dass ein US-Dienstleistungsunternehmen (sog Contractor) Dienstleistungen an die US-Armee auf einem Militärstützpunkt in D in den Räumen der US-Armee erbrachte. Sämtliche Räume, Anlagen und sonstigen Gegenstände, in denen und an denen die Dienstleistungen erbracht wurden, waren von der Armee zur Verfügung gestellt. Auch hier hat der BFH aufgrund faktischer Verfügungsmacht die BetrSt-Begr bejaht.
Aus dieser Rspr-Entwicklung, der Fachlit (s Tz 1112) und der internationalen Entwicklung (s Tz 1114) lässt sich in den letzten Jahren eine gewisse "Verwässerung" des Merkmals der Verfügungsmacht erkennen.
Tz. 1112
Stand: EL 81 – ET: 08/2014
So vertritt Wassermeyer, der ehemalige Vorsitzende Richter des 1. Senats des BFH, die Auff, dass dem Kriterium der Verfügungsmacht jede Rechtsgrundlage fehle (s Wassermeyer, in: FS Kruse, 589, 594; ders, in: Wassermeyer, DBA, Art 5 OECD-MA, Rn 42a). Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Buciek, damals ebenfalls Richter am 1. Senat des BFH (DStZ 2003, 139). Er will eine BetrSt dann annehmen, wenn mit einer gewissen Stetigkeit eine unternehmerische Tätigkeit von einer festen Geschäftseinrichtung ausgeübt wird. Er will es genügen lassen, wenn über einen längeren Zeitraum immer wieder ein bestimmtes Gelände aufgesucht wird, um dort einer unternehmerischen Tätigkeit nachzugehen. Dabei gehen beide Auff von einem Zeitraum von mehr als sechs Monaten aus, damit eine BetrSt begründet wird. Bei beiden Ansichten hat das Kriterium der Verfügungsmacht keinerlei Bedeutung mehr und das BetrSt-Prinzip wird zu einem reinen "Anwesenheitsprinzip" herabgestuft.
Dem kann nur eingeschr gefolgt werden. Die Rechtsgrundlage ergibt sich unmittelbar aus Art 7 Abs 1 OECD-MA, in dem das Besteuerungsrecht des BetrSt-Staates nur eingeräumt wird, wenn ein Unternehmen seine Geschäftsaktivitäten durch eine BetrSt vor Ort ausübt (so auch s Kroppen, IWB F10 Gr 2, 1865).
Tz. 1113
Stand: EL 81 – ET: 08/2014
Diese Aussagen zur faktischen Verfügungsmacht hat der BFH allerdings inzwischen relativiert. Im Urt v 04.06.2008 (s Urt...