Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
4.4.5.1 Nationales Recht – Betriebsstättenbegründung durch den ständigen Vertreter
Tz. 1165
Stand: EL 91 – ET: 11/2017
Der ständige Vertreter iSd § 13 AO hat die Geschäfte des Unternehmers nachhaltig zu besorgen und unterliegt dessen Sachanweisungen; er muss nicht Arbeitnehmer des Unternehmens sein, sondern nur an Stelle des Unternehmers tätig werden. Häufig handelt es sich um Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigte. Ist der ständige Vertreter ein Kommissionär oder Makler, der Geschäftsbeziehungen für das ausl Unternehmen iR seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit unterhält, und ist die Besteuerung des ausl Unternehmens nicht durch ein DBA geregelt, so sind die Eink des ausl Unternehmens insoweit nicht der Besteuerung zu unterwerfen. Das gilt auch, wenn der ständige Vertreter ein Handelsvertreter (s § 84 HGB) ist, der weder eine allgemeine Vollmacht zu Vertragsverhandlungen und Vertragsabschlüssen für das ausl Unternehmen besitzt noch über ein Warenlager dieses Unternehmens verfügt, von dem er regelmäßig Bestellungen für das Unternehmen ausführt. Der Verpächter eines Betriebes bezieht nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung Eink aus Gew, wenn er einen ständigen Vertreter, ggf den Pächter seines Betriebs, bestellt hat und er während dieser Zeit weder die Betriebsaufgabe erklärt noch den Betrieb veräußert hat (s Urt des BFH v 12.04.1978, BStBl II 1978, 494).
4.4.5.2 Vertreterbetriebsstättenbegründung nach dem OECD-MA
Tz. 1166
Stand: EL 91 – ET: 11/2017
Neben der sachlichen Begr durch eine "Geschäftseinrichtung" oder die zeitliche Komponente (Bau- und Montage-BetrSt) kann eine BetrSt auch durch gewisse Personen wegen der Art ihrer Geschäftstätigkeit begründet werden, auch wenn das Unternehmen keine feste Geschäftseinrichtung hat. Sowohl Kap-Ges, selbständige Gewerbetreibende, als auch Angestellte können als Vertreter iSd Art 5 Abs 6 OECD-MA auftreten, es ist jedoch erforderlich (im Umkehrschluss aus Abs 7), dass sie vom Unternehmen abhängig sind und die Vollmacht besitzen, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen. Hierbei darf sich die Tätigkeit allerdings nicht auf Tätigkeitsbereiche begrenzen, die lediglich unterstützender Art iSd Art 5 Abs 4 OECD-MA sind. Bei einem unabhängigen Vertreter kann eine BetrSt damit nur sachlich begründet werden.
Die Frage, ob ein ständiger Vertreter iSd jeweiligen DBA vorliegt, ist im Einzelfall zu entscheiden. Hauptanwendungsfälle des Art 5 Abs 6 OECD-MA sind im Übrigen Angestellte wie zB Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigte, bei denen sich diese Abhängigkeit bereits aus dem Anstellungsvertrag ergibt.
Tz. 1167
Stand: EL 91 – ET: 11/2017
Als zweites Merkmal wird vorausgesetzt, dass der Vertreter regelmäßig Verträge im Namen des Unternehmens abschließt. Die Abschlussvollmacht muss keine Generalvollmacht sein. Ein Kommissionär oder Makler, der gem § 383 HGB Verträge im eigenen Namen abschließt, kann damit keine BetrSt begründen. Zur Auslegung der Bedeutung der Abschlussvollmacht ist hierbei auch Ziff 32 des OECD-MK heranzuziehen. Hiernach ist "der Abs gleichermaßen auf Vertreter anwendbar, die Verträge abschließen, welches das Unternehmen binden, selbst wenn diese Verträge nicht im Namen des Unternehmens sind". Maßgebend ist damit die Frage, ob eine rechtliche oder tats Bindung für das Unternehmen begründet wurde. Durch die Notwendigkeit der Abschlussvollmacht ergeben sich im erheblichen Umfang Gestaltungsmöglichkeiten. So werden Vorbereitungsarbeiten (Kontaktaufnahme, Beratungen, Vertragsverhandlungen usw) häufig von einem "inl Vertreter" vorgenommen. Der letztendliche Vertragsabschluss aber, der sich häufig in der reinen Vertragsunterzeichnung beschr, wird vom Unternehmer vorgenommen.
Im Umkehrschluss aus Art 5 Abs 6 OECD-MA kann eine Vertreter-BetrSt auch begründet werden, wenn der unabhängige Vertreter außerhalb des Rahmens seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit handelt. Hierbei kommt es, weil sonst jede Erweiterung des bislang ausgeübten Tätigkeitsfeldes eines unabhängigen Vertreters eine (erstmalige) BetrSt begründen könnte, auf die üblichen Geschäftstätigkeiten des Berufsbildes derjenigen Berufsgruppe an, zu der der Vertreter gehört (s Urt des BFH v 29.03.1983, BStBl II 1984, 94, und v 14.09.1994, BStBl II 1995, 238). Rn 36 iVm Rn 38.7 des OECD-MK zu Art 5 weist beispielhaft darauf hin, dass ein Kommissionär (ebenso hierzu s Tz 1130), der nicht nur Güter oder Waren des von ihm vertretenen Unternehmens im eigenen Namen verkauft, sondern sich auch gewöhnlich für dieses Unternehmen als ständiger Vertreter mit Vollmacht zum Abschluss von Verträgen betätigt, hinsichtlich der erweiterten Tätigkeit eine BetrSt begründet, da er insoweit außerhalb des Rahmens seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit als Kommissionär arbeitet.
Tz. 1168
Stand: EL 91 – ET: 11/2017
Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass ein Kommissionär oder Agent, der ausschl für einen Auftraggeber arbeitet, und damit zB auch eine Tochtervertriebsgesellschaft die kein Eigenhändler ist, eine BetrSt begründet (s auch Rn 38.6 des OECD-MK zu Art 5). Hauptanwendungsfall ist nach Auff der dt Fin-Verw der Fall der Funktionsabschmelzung (sog Kommissionärsmodell...