Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
4.5.3.5.1 Allgemeines
Tz. 1233
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Wie bereits dargestellt (s Tz 1200), ist für die Feststellung der jeweiligen Besteuerungsansprüche des "Stammhausstaates" und des "BetrSt-Staates" zwischen der abkommensrechtlichen Gewinnabgrenzung und der Gewinnermittlung nach dem jeweiligen Recht des Anwenderstaates zu trennen, wobei die Gewinnabgrenzung als regelmäßige StBefreiungsvorschrift den Maximalrahmen festlegt.
Tz. 1234
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Nach Art 7 Abs 1 des OECD-MA (aF), dem die dt DBA idR folgten, wird das Besteuerungsrecht für gew Gewinne zwar grds dem Sitzstaat einer Kap-Ges zugewiesen, aber zugleich eingeschränkt, wenn eine BetrSt in einem anderen Staat begründet wird.
Art 7 Abs 1 OECD-MA aF lautet:
Zitat
Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats können nur in diesem Staat ausgeübt werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort belegene BetrSt aus. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so können die Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser BetrSt zugerechnet werden können.
Tz. 1235
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Art 7 Abs 1 S 2 OECD-MA aF enthält damit bereits die erste abstrakte Zuordnungsvorschrift. Danach kann, wenn ein Unternehmen durch eine BetrSt in einem anderen Staat tätig wird, dieser auswärtige Staat die Gewinne des Unternehmens besteuern, jedoch nur so weit, als sie der BetrSt zugeordnet werden können. Das Besteuerungsrecht erstreckt sich damit nur auf die unmittelbaren durch die BetrSt erzielten Gewinne des Unternehmens, nicht aber zB auf Direktgeschäfte (zB Direktlieferungen) aus D im ausl Staat bzw umgekehrt. Das zB im DBA-USA 1954/66 enthaltene Abstraktionsprinzip, dh die Zurechnung von artgleichen Geschäften, gilt damit nicht für dt DBA, die dem OECD-MA ab 1992 entspr.
Hieraus ergibt sich bereits der erste Grundsatz der Abgrenzung, wonach zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen zwischen Stammhaus und BetrSt die Einkunfts- bzw Vermögensteile nach der wirtsch Zugehörigkeit zuzuordnen sind. Entspr der Rspr (s Urt des BFH v 01.04.1987, BStBl II 1987, 550) ist demnach ein Ertrag bzw Aufwand der BetrSt zuzuordnen, wenn er durch sie erwirtschaftet bzw veranlasst wurde. Für die Zuordnung des WG ist allein entscheidend, ob es der BetrSt dient.
Tz. 1236
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Zur weiteren Abgrenzung der nach Art 7 Abs 1 iVm Art 5 OECD-MA im BetrSt-Staat zu versteuernden und im Wohnsitzstaat D idR freizustellenden Eink enthalten die dt DBA eine besondere Abgrenzungsregelung, die idR Art 7 Abs 2 OECD-MA aF, dem Grundsatz des Fremdvergleichs und der Selbstständigkeitsfiktion entspr.
Art 7 Abs 2 OECD-MA aF hat folgenden Wortlaut:
Zitat
Übt ein Unternehmen eines Vertragsstaates seine Tätigkeit in einem anderen Vertragsstaat durch eine dort belegene BetrSt aus, so werden vorbehaltlich des Abs 3 in jedem Vertragsstaat dieser BetrSt die Gewinne zugerechnet, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen BetrSt sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre.
Tz. 1237
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Der Vorbehalt des Abs 3 regelt ergänzend die Frage der "örtlichen" Aufwandsentstehung:
Zitat
Bei der Ermittlung der Gewinne einer BetrSt werden die für diese BetrSt entstandenen Aufwendungen, einschl der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten, zum Abzug zugelassen, gleichgültig, ob sie in dem Staat, in dem die BetrSt liegt, oder anderswo entstanden sind.
Danach sind der BetrSt die Gewinne anzurechnen, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen BetrSt sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre. Dieser Grundsatz des Fremdvergleichs, der für das dt StR in § 50 Abs 1 S 1 EStG seinen Ausdruck findet, wird von der dt Fin-Verw auch dann angewandt, wenn kein DBA mit dem Staat der ausl BetrSt oder des ausl Stammhauses besteht.
4.5.3.5.2 Grundsatz der rechtlichen Unselbständigkeit
Tz. 1238
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Die Forderung nach einer eigenen Gewinnermittlung für die BetrSt bedeutet aber nicht deren rechtliche Verselbständigung. Die BetrSt ist immer nur Teil des Gesamtunternehmens und kann deshalb nicht als selbständiges Unternehmen behandelt werden. Dementspr ist auch der Gewinn der BetrSt immer nur als Teil des Gesamtgewinns des Unternehmens zu sehen.
Das hat zB zur Folge, dass zwischen Stammhaus und BetrSt sowie zwischen BetrSt ein- und desselben Unternehmens Kauf-, Miet-, Darlehens-, Lizenz- und sonstige Verträge nicht abgeschlossen werden können; solche Verträge können auch nicht fiktiv der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Allerdings werden angemessene Verrechnungspreise im Warenverkehr und Kostenumlagen anerkannt (s Rn 17.3 und 17.5 des OECD-MAK zu Art 7 des OECD-MA zu Dienstleistungen sowie Rn 18 des OECD-MAK zu Art 7 zu "Zins"...