Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
6.11.1 Vorbemerkung – fehlende Regelung in den DBA und Harmonisierung in der EU
Tz. 2090
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Infolge der zunehmenden Internationalisierung und weltweiten Arbeitsteilung ist zunehmend festzustellen, dass sowohl dt Unternehmen als auch private Anleger originär mittels Direktinvestitionen im Ausl tätig werden. Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe. Zu nennen sind beispielsweise Standortvorteile, die Nähe zu Absatzmärkten, Rohstoffen oder Arbeitskräften sowie St-Vorteile bzw -anreize. Trotz dieser zunehmenden Internationalisierung der Wirtschaft und des Anlegermarktes fehlen staatenübergreifend abgestimmte Regelungen zur grenzüberschreitenden Verlustbehandlung. Auch die Ansätze der EU-Kommission zur Beseitigung von Hindernissen wie einem grenzüberschreitenden Verbot einer Verlustberücksichtigung (s Mitteilung der Kommission "Ein Binnenmarkt ohne unternehmenstliche Hindernisse – Ergebnisse, Initiativen, Herausforderungen", KOM (2003) 726 v 24.11.2003) waren in der Vergangenheit noch nicht weit gediehen.
Erstmals mit der überarbeiteten Entw-Fassung der G(K)KB-RL v 26.11.2016 stellt die EU-Kommission ein System der grenzüberschreitenden Verlustberücksichtigung vor.
Die aktuelle Rechtslage kann zur Folge haben, dass grenzüberschreitende Verluste einerseits nicht berücksichtigt, andererseits aber auch doppelt geltend gemacht werden können. Vgl hierzu auch § 14 KStG Tz 1189ff.
Tz 2091–2093
vorläufig frei
6.11.2 Überblick über die Behandlung von unternehmerischen Auslandsverlusten
Tz. 2094
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Bei Ausl-Aktivitäten kann das Engagement des dt Unternehmens, gleich welcher Rechtsform, erfolgen durch
- Direktaktivitäten (zB Niederlassungen),
- Beteiligung an/Gründung von ausl Pers-Ges,
- Beteiligung an/Gründung von ausl Tochter-Kap-Ges.
In allen Fällen ist vorab die Zuordnung der Ausl-Verluste zu prüfen.
6.11.3 Die Vorabprüfung der Zuordnung von Auslandsverlusten
Tz. 2095
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Ausl-Verluste entstehen häufig in einer Anlaufverlustphase beim Einstieg in einen ausl Markt oder bei der Verteidigung eines ausl Marktes. Bei der stlichen Beurteilung einer ausl Vertriebseinheit (Vertriebsgesellschaft oder Vertriebs-BetrSt) ist vorab zu prüfen, ob nicht das dt Stammhaus bzw Mutterunternehmen entspr Kosten nach den internationalen Grundsätzen der Verrechnungspreisabgrenzung zu tragen hat.
Der BFH hat in seiner ständigen Rspr zu Anlaufverlusten inl Vertriebsfirmen, der sog Aquavit-Rspr (s Urt des BFH v 28.06.1989, BStBl II 1989, 854; v 17.02.1993, BStBl II 1993, 457; v 17.10.2001, DB 2001, 2474, v 15.05.2002, DStR 2002, 1660) fast schematisch folgende allgemeinen Grundsätze zur Aufwandszuordnung zwischen ausl MG und inl Vertriebs-TG aufgestellt:
- Ein neues Produkt darf von einer nahestehenden Vertriebsgesellschaft nur dann eingeführt und vertrieben werden, wenn daraus bei vorsichtiger und vorheriger kaufmännischer Prognose innerhalb eines überschaubaren Kalkulationszeitraums und unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Marktentwicklung ein angemessener Gesamtgewinn erwartet werden kann.
- Vor Aufnahme des Vertriebs sind für den erwartbaren Absatz-Zeitraum eine Absatz-Planung, eine Werbestrategie und eine Gewinnplanung zu erstellen, die betriebswirtsch zu belegen sind.
- Für die Plausibilität der Gewinnprognose können die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Ansatzpunkte liefern; dies gilt insbes dann, wenn Verluste erzielt wurden.
- Sofern nicht unerwartete, mit außergewöhnlichen Kosten verbundene Umstände eintreten, kann idR davon ausgegangen werden, dass die später eingetretene tats Entwicklung der prognostizierten entspr.
- Sofern nicht besondere Umstände im Einzelfall vorliegen, wird die Verlustphase der Anlaufzeit einen Zeitraum von drei Jahren nicht übersteigen.
Ersatzweise – anstelle einer Gewinnprognose, aber auch "unbeschadet dessen" – kann eine nahestehende Vertriebsgesellschaft den Aufwand der Markt-Einf und der Werbung nur dann hinnehmen, wenn dieser Aufwand nicht üblicherweise von Dritten – insbes vom Hersteller oder Lieferanten – getragen wird.
Tz. 2096
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Diese Rspr kann auch auf den Fall ausl Vertriebsgesellschaften übertragen werden. Dies bedeutet, dass zwar typische Anlaufkosten von neu gegründeten Ausl-Vertriebsgesellschaften von diesen zu tragen sind (s Rn 3.5. der Verw-Grds 1983, s Schr des BMF v 23.02.1983, BStBl I 1983, 218). Davon abzugrenzen sind jedoch Kosten der Markterschließung (s Rn 3.5. dieser Verw-Grds). Kosten der Markterschließung liegen vor, sofern bei der Einf von Produkten erhöhte Kosten oder Mindererlöse entstehen. Nach Rn 3.4.1 der Verw-Grds werden sie in der Regel vom Vertriebsunternehmen nur insoweit getragen, als aus der Geschäftsverbindung ein angemessener Betriebsgewinn verbleibt. Hieraus ergibt sich, dass
- originäre Kosten der Markterschließung bereits unmittelbar zB über Werbekostenzuschüsse nach D verlagert werden können,
- nach Ablauf der 3–5-jährigen Anlaufverlustphase die Verluste sogar originär von der MG bzw dem Stammhaus getragen werden müssen.
Bei einer entspr Gestaltung der Verrechnungspreise stellt sich die Frage einer stlichen Abzugsbeschränkung damit in diesen Fallkonstellationen überhaupt nicht.
6.11.4 Überblick über die Abzugsbeschränkungen bei Direkt-Investitionen und -Aktivitäten im Ausland (Betriebsstättenverluste)
Tz. ...