Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
Tz. 2134
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
Ungeachtet der Rücknahme der Rev im Verfahren I R 40/13, wurden die Entsch des BFH insbes zur GewSt nicht allg von der Fin-Verw akzeptiert. Sämtliche Entsch wurden nicht zur Veröffentlichung im BStBl freigegeben. Derzeit wird im Hinblick auf die anhängigen Musterverfahren (s Tz 2128) ein Ruhen des Verfahrens gewährt.
Im Hinblick auf das evtl "Wiederaufleben" der früheren Rspr des EuGH bzw BFH werden im Folgenden weitere Aspekte gewichtet und geprüft:
6.11.12.1 Fallgruppen
Tz. 2135
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
Bereits aus der Entsch des BFH v 09.06.2010 – I R 107/09 ergibt sich, dass der BFH den Verlusttransfer akzeptiert, wenn es aus tats Gründen nicht mehr zu einer Verlustberücksichtigung kommt. Dies ist neben der Aufgabe der BetrSt nach seiner Auff (in einem obiter dictum) der Fall bei Umwandlung der Ausl-BetrSt in eine Kap-Ges und die entgeltliche [oder unentgeltliche ?] Übertragung der BetrSt. Damit ergibt sich im Umkehrschluss, dass allein rechtlich bedingte endgültige Verluste – insbes wegen Zeitablauf (Verlustvortragsgrenze im ausl Staat) nicht berücksichtigungsfähig sind. Wegen Übersichten zur Rechtslage in der EU s PWC ("Veröffentlichungen zu Verlustverwertung", s Ernst & Young ("Worldwide corporate tax Guide" und s BMF "St im internationalen Vergleich").
6.11.12.2 Berücksichtigung der Entwicklung der Folgerechtsprechung des EuGH
Tz. 2136
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
Das Urt des BFH v 09.06.2010, I R 107/09 (s Tz 2123) bereitet insoweit hinsichtlich zweier Aspekte Bedenken. Zum einen fordert der EuGH abw von der "Lidl"-Rspr inzwischen nur noch einen (einzigen) Rechtfertigungsgrund (s Tz 2108), der hier bereits in der Symmetriethese gegeben ist. Zudem hat der EuGH seine Rspr zum Rechtfertigungsgrund der Aufteilung der Besteuerungsrechte fortentwickelt und es nicht für nötig erachtet, durch die Anknüpfung an eine tats Aufgabeentsch hinsichtlich der ausl BetrSt die Übertragung von Verlusten in den Ansässigkeitsstaat in die Entsch des Unternehmens zu stellen (s Urt des EuGH v 25.02.2010, C-337/08 "X-Holding BV", BFH/NV 2010, 1064); hierzu s Benecke/Staats (IStR 2010, 668) zur Auslegung der sog "Beliebigkeitsgrenze". UE kann der Transfer ausl BetrSt-Verluste nach dieser Entsch zum großen Teil in das Belieben des Stpfl fallen.
Beispiel:
Die A GmbH hat eine BetrSt in den baltischen Ländern. Es laufen in den Jahren 1–5 Anlaufverluste von 1 Mio EUR auf. Da die KSt auf thesaurierte Gewinne 0 % beträgt, entscheidet sich die GmbH, die BetrSt zu schließen und anschließend mit einer TG dort tätig zu werden. Da die Auswirkung bei einer Thesaurierungsbelastung von 0 % liegt, wird erreicht, dass sich die Verluste zu rund 30 % im Inl auswirken.
6.11.12.3 Zuständigkeit des BFH für die gewerbesteuerliche Auswirkung?
Tz. 2137
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
Mit der Argumentation des europarechtlichen Vorrangs verwirft der BFH eine Grundkonzeption des GewSt-Rechts, das Territorialitätsprinzip. Dieses ergibt sich nicht erst aus der vom BFH verworfenen Anwendung des § 9 Nr 3 GewStG sondern bereits aus § 2 GewStG. Es scheint fraglich, ob für eine derartige Verwerfung nationalen Rechts nicht nur der EuGH befugt ist; s hierzu auch Benecke/Staats (IStR 2010, 668). Denn die Nichtanwendung des § 9 Nr 3 GewStG kann nicht aus der sich auf die Freistellungsmethode beziehenden Rechtfertigungsargumentation abgeleitet werden (so zT auch Kessler/Philipp, IStR 2010, 865).
Noch problematischer ist die gewstliche Betrachtung im Fall der Beteiligung an einer ausl Pers-Ges, da diese dem Grunde nach einen eigenen Gew iSd GewStG darstellt (ebenso Benecke/Staats, IStR 2010, 668).
6.11.12.4 Anwendung bei Bau- und Montagebetriebsstätten?
Tz. 2138
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
Im Industrieanlagenbau oder im Hoch-, Tief- und Straßenbau ist abkommensrechtlich bereits jedes Objekt eine BetrSt aufgrund der Sonderregelung des Art 5 Abs 3 OECD-MA. Bei vielen Bauaktivitäten ist absehbar, dass auf ein Verlustobjekt in einem Staat zeitnah auch ein Gewinnobjekt folgen kann. Bei derartigen Branchenspezifika erscheint es nicht sachgerecht, mit Beendigung einer Verlust-BetrSt (zB Bauobjekt) den entstandenen Verlust sofort als "final" zu betrachten, wenn uU bereits weitere Projekte im selben Staat begonnen wurden.
6.11.12.5 Verhältnis der tatsächlichen zu rechtlichen Verlustuntergangsursachen
Tz. 2139
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
Aus den unter Tz 2123 dargestellten Urt ergibt sich, dass lediglich tats Verlustursachen zum Verlusttransfer ins Inl führen. Kessler/Philipp (IStR 2010, 865) weisen darauf hin, dass beide Verlustursachen zusammentreffen können.
Beispiel:
Eine österreichische Verlust-BetrSt wird aufgegeben. Zugleich sieht das österreichische Recht (§ 2 Abs 2b öEStG) eine Begrenzung des Verlustabzugs auf 75 % vor. Hier stellt sich die Frage, ob 75 % oder 100 % Verrechnungsvolumen besteht.
Tz. 2140
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
UE besteht keine Verpflichtung, Verlustabzugsbeschränkungen des BetrSt-Staats ungeachtet der tats Beendigung der BetrSt zu berücksichtigen, da insoweit auch keine quellenstaatliche Verlustnutzungsmöglichkeit bestanden hätte.
6.11.12.6 Korrekturen des ausländischen Verlusts
Tz. 2141
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
Neben der "Umrechnung" nach dt EStG sind folgende Korrekturen erforderlich:
- Verstrickungsgewinne infolge der Überführung von WG ins Inl, s § 12 KStG Tz 17ff;
- Gewstliche Hinzu...