7.1 Allgemeines
Die EU-Mitgliedstaaten haben sich darauf verständigt, durch Austausch von Informationen die effektive Besteuerung von Zinserträgen natürlicher Personen (wirtschaftliche Eigentümer) und Personenzusammenschlüssen nicht gewerblicher Art (ausländische Einrichtungen) im Gebiet der EU sicherzustellen. Mit der Zinsinformationsverordnung (ZIV) hat Deutschland die EU-Zinsrichtlinie umgesetzt.
Die Zinsrichtlinie soll die effektive Besteuerung von Zinserträgen natürlicher Personen innerhalb der EU sicherstellen. Die Regelung beschränkt sich nur auf grenzüberschreitende Zinszahlungen und Erlöse aus dem Verkauf bestimmter festverzinslicher Wertpapiere. Die innerstaatlichen Regelungen über die Besteuerung von Zinserträgen bleiben davon unberührt.
Ab dem 1.7.2005 haben sich grundsätzlich alle EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, grenzüberschreitende Zinszahlungen durch einen automatischen Auskunftsaustausch innerhalb der EU gegenseitig mitzuteilen.
Ausnahmen: Für einen Übergangszeitraum waren Belgien, Österreich und Luxemburg nicht verpflichtet, automatische Auskünfte über Zinszahlungen zu übermitteln. Anstelle des automatischen Auskunftsaustauschs wendeten diese 3 Mitgliedstaaten einen Quellensteuerabzug auf die Zinseinkünfte der Anleger mit steuerlichem Wohnsitz in anderen Mitgliedstaaten an.
Die 5 europäischen Drittstaaten (Schweiz, Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino) haben sich zur Umsetzung gleichwertiger Maßnahmen verpflichtet und wenden ebenfalls ab dem 1.7.2005 einen Quellensteuerabzug wie Österreich, Belgien und Luxemburg an.
Die von der EU abhängigen bzw. mit ihren Mitgliedstaaten assoziierten Gebiete (Kanalinseln, Isle of Man und abhängige oder assoziierte Gebiete in der Karibik, Anlage IV zu BMF-Schreiben vom 30.01.2008) haben zeitgleich einen automatischen Auskunftsaustausch oder einen Quellensteuerabzug eingeführt. Die Quellensteuersätze betragen:
- 15 % vom 1.7.2005 bis 30.6.2008
- 20 % vom 1.7.2008 bis 30.6.2011
- 35 % ab dem 1.7.2011.
Am 24.3.2014 hat der Rat der Europäischen Union zunächst noch eine Richtlinie zur Änderung der Zinsbesteuerungsrichtlinie angenommen, die bis zum 1.1.2016 von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen und ab dem 1.1.2017 anzuwenden gewesen wäre. Hierin war u. a. eine Ausdehnung des Zinsbegriffs und eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der EU-Zinsrichtlinie auf andere, im Wesentlichen gleichwertige Einkünfte (u. a. Einkünfte aus Investmentfonds und Lebensversicherungsverträgen) vorgesehen. Zudem sollten die Finanzbehörden unter Anwendung eines sog. "Transparenzkonzeptes" der OECD Schritte unternehmen, um denjenigen zu identifizieren, der wirtschaftlich von den Zinszahlungen profitiert. Die praktische Umsetzung dieser Richtlinie ist jedoch aufgrund der weiteren Entwicklung nicht erfolgt:
Am 10.11.2015 hat der Rat der Europäischen Union die Richtlinie zur Abschaffung der EU-Zinsrichtlinie angenommen. Die Richtlinie sieht eine Abschaffung der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie mit Wirkung zum 1.1.2016 vor. Für Österreich gilt eine Übergangsregelung, nach der die Richtlinie erst mit Wirkung zum 1.1.2017 aufgehoben wird. Für Altjahre sind jedoch die Verwaltungsregelungen, wie z. B. Meldepflichten, Pflichten zum Austausch von Informationen sowie entsprechende Verpflichtungen zum Quellensteuereinbehalt bezüglich Zahlungen, die vor diesen Stichtagen erfolgt sind, anzuwenden.
Bestehende Vereinbarungen der EU mit Andorra, Liechtenstein, Monaco, San Marino und der Schweiz, die auf der EU-Zinsrichtlinie basieren, werden gegenwärtig an den neuen Standard angepasst. Deutschland und die Britischen Jungferninseln, Curacao, Guernsey, Jersey, Montserrat und die Insel Man haben sich darauf verständigt, dass das jeweils mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene Abkommen über die Besteuerung von Zinserträgen nicht mehr für Zinszahlungen angewendet wird, die nach dem 31.12.2015 geleistet werden. Das jeweilige Abkommen bleibt jedoch in Anlehnung an die Richtlinie zur Aufhebung der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen noch insoweit anwendbar, als die Verpflichtungen in Bezug auf Zinszahlungen, die bis zum 31.12.2015 erfolgen, zu erfüllen sind. Auf dieser Grundlage findet die Zinsinformationsverordnung gemäß § 17 Absatz 3 ZIV im Hinblick auf die genannten Abkommen nicht mehr für Zinszahlungen Anwendung, die nach dem 31.12.2015 zufließen.
Für Aruba und Sint Maarten ist die Zinsinformationsverordnung auch für nach dem 31.12.2015 zufließende Zinszahlungen anwendbar.