In Abkehr der seit 1972 geltenden Konzeption einer reinen Inländerbeherrschung auch bei nicht verbundenen Gesellschaftern/nahestehenden Personen wechselt der Gesetzgeber unter Umsetzung der ATAD-RL auf eine gesellschafterbezogene Betrachtungsweise unter Berücksichtigung nahestehender Personen. Maßgeblich ist, ob ein unbeschränkt Steuerpflichtiger (ggf. zusammen mit ihm nahestehenden Personen) die ausländische Gesellschaft beherrscht. Beherrschung wird in § 7 Abs. 2 AStG definiert. Damit erfolgt eine vollständige Umsetzung der RL.
4.1 Allgemeine Beherrschungskriterien
Das Gesetz stellt hierbei die Beherrschungskriterien
- Recht auf den Liquidationserlös
gleichberechtigt nebeneinander. Disquotale Gewinnverteilungsabreden (etwa zur Kompensation von Einlagen außerhalb des Nennkapitals) stehen einer Beherrschung also nicht entgegen.
4.2 Maßgebender Stichtag
Die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital (oder einer vergleichbaren Bezugsgröße) der ausländischen Gesellschaft (bei mittelbaren Beteiligungen: die vermittelnde Beteiligung) muss dem unbeschränkt Steuerpflichtigen (der vermittelnden Person) am Ende des maßgebenden Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft i. S. d. § 7 Abs. 2 AStG nach den allgemeinen steuerlichen Zurechnungsvorschriften (insbesondere §§ 39 ff. AO) zuzurechnen sein.
4.3 Gesellschafterbezogene Betrachtungsweise unter Berücksichtigung nahestehender Personen
Eine Beherrschung i. S. v. § 7 Abs. 2 AStG setzt voraus, dass der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen (wenigstens) ein Beherrschungskriterium erfüllt. Ob unverbundene unbeschränkt Steuerpflichtige an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, ist nicht weiter maßgeblich. Damit verlangt die Hinzurechnungsbesteuerung künftig "echte" Kontrolle durch einen unbeschränkt Steuerpflichtigen, die dieser auch gemeinsam mit nahestehenden Personen ausüben kann. Ob die nahestehenden Personen unbeschränkt steuerpflichtig sind, ist unerheblich.
Dem Steuerpflichtigen steht eine Person u. a. dann nahe, wenn eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung oder eine Beteiligung am Gewinn oder Liquidationserlös von mind. einem Viertel besteht.
Über die weite Definition in § 1 Abs. 2 AStG (und die ATAD-RL) hinaus gelten Personen auch dann als nahestehend, wenn sie mit dem Steuerpflichtigen in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken, sog. acting in concert. Ist eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft zwischengeschaltet, wird ein Zusammenwirken der Gesellschafter widerlegbar unterstellt.
Gegenüber dem geltenden deutschen Recht ist damit zwar einerseits eine wesentlich höhere Beherrschungsquote eines Gesellschafters bzw. von verbundenen Unternehmen gefordert, andererseits muss es sich aber nicht ausschließlich um eine Beherrschung von deutschen Gesellschaften handeln.
Beherrschungsquote vs. Zurechnungsquote
Die "Beherrschungsquote" entspricht nicht der "Zurechnungsquote." Es muss zwischen dem Tatbestandsmerkmal "Beherrschung" mit den o. g. Fallgruppen und der Rechtsfolge "Zurechnung nur nach Maßgabe der Gewinnverteilung" unterschieden werden.
Die Begründung des Regierungsentwurfs zum ATADUmsG enthält hierzu folgendes Beispiel (mit eigenen ergänzenden Anmerkungen):
Konzernbetrachtung bei Beherrschung
Die in Deutschland ansässige A-GmbH ist zu 49 % an der ausländischen, niedrig besteuerten und passive Einkünfte generierenden Zwischengesellschaft (ZG) beteiligt. Die in Frankreich ansässige B-S.à.r.l. ist zu mehr als 25 % an der A-GmbH und zu 2 % an der ZG beteiligt.
Abb. 1: Konzernbetrachtung bei Beherrschung
Lösung:
Im Grundsatz ist mit einer 49 %-Beteiligung keine deutsche Inlandsbeherrschung gegeben. Die B-S.à.r.l. ist jedoch nahestehende Person der A-GmbH, sodass ihre Beteiligung der A-GmbH zugerechnet wird. Damit beherrscht die A-GmbH die ZG mit einer 51 %-Beteiligung.
Hinweise
Trotz einer fehlenden deutschen Beherrschung (aber aufgrund der Konzernbeherrschung) ist damit in Summe der Beherrschungstatbestand gleichwohl erfüllt. Hier geht es nur um die Ausfüllung des Begriffs in § 7 Abs. 1 Satz 1 AStG: Beherrscht. Dieser wird definiert in § 7 Abs. 2–4 AStG, Hälfte der Stimmrechte, Anteile am Nennkapital, unmittelbar oder mittelbar oder Gewinn oder Liquidationserlös alleine oder gemeinsam mit nahestehenden Personen, für die auf § 1 Abs. 2 AStG verwiesen wird oder ein abgestimmtes Verhalten acting in concert erforderlich ist.
Differenzierung Beherrschung und Zurechnung
Zugerechnet werden der A-GmbH jedoch nur 49 %. D.h., steuerpflichtig nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AStG ist der unbeschränkt Steuerpflichtige (= die A-GmbH) "nur entsprechend seiner unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung am Nennkapital". Für die Frage der Beherrschung spielt § 7 Abs. 1 Satz 2 AStG keine Rolle, nur für die Zurechnung.
Die unterschiedlichen Auswirkungen der Tatbestandsmerkmale der Beherrschung (z. B. auch Einbezug von nahestehenden Personen und Berücksichtigung ...