5.1 Vorgaben der ATAD-RL

Die Richtlinie gibt einen abschließenden Katalog passiver Einkünfte vor. Passiv sind nicht ausgeschüttete Gewinne aus:

  • Zinsen oder sonstige Einkünfte aus Finanzanlagevermögen;
  • Lizenzgebühren oder sonstige Einkünfte aus geistigem Eigentum;
  • Dividenden und Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen;
  • Einkünfte aus Finanzierungsleasing;
  • Einkünfte aus Tätigkeiten von Versicherungen und Banken und aus anderen finanziellen Tätigkeiten. Finanzunternehmen können optional als aktiv gelten, wenn max. 1/3 der Einkünfte aus Transaktionen mit verbundenen Unternehmen (25 %) stammen;
  • Einkünfte von Abrechnungsunternehmen, die Einkünfte aus dem Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen erzielen, die von verbundenen Unternehmen erworben oder an diese verkauft werden, und keine oder nur geringen wirtschaftlichen Mehrwert bringen.

5.2 Nationale Umsetzung im ATADUmsG

Die für die Hinzurechnungsbesteuerung relevanten Einkünfte sind weiterhin in einem Katalog in § 8 AStG enthalten. Entgegen dem Ansatz der ATAD, die einen Passivkatalog enthält, liegt also der deutschen Umsetzung weiterhin ein Aktivkatalog zugrunde. Darin liegt für sich allein noch kein Verstoß gegen die Vorgaben der ATAD. Entscheidend ist nämlich vielmehr, ob im Einzelnen die von der ATAD als passiv bezeichneten Einkünfte auch nach dem AStG als solche behandelt werden. Ob dies aber durch eine Passiv- oder eine Aktivauflistung geschieht, ist nicht relevant. Damit ist weiterhin eine aufwendige Mehrfachprüfung vorzunehmen, denn passiv sind alle Einkünfte, die nicht unter den Aktivkatalog zu subsumieren sind.

5.3 Aktivkatalog ab 2022

[1] § 8 Abs. 1 AStG.

5.3.1 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr. 1)

Die Behandlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erfolgt analog der Behandlung der §§ 13 und 14 EStG.

Allerdings zählt die Finanzverwaltung Lizenzeinnahmen aus der Züchtung/Lizenzierung von Pflanzen vorrangig als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 6 AStG und damit ist auch die Frage einer schädlichen Mitwirkung zu prüfen.[1]

[1] BMF, AEAStG-E, Rz. 330.

5.3.2 Einkünfte aus der Herstellung, der Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen [...] (Nr. 2)

Zur Abgrenzung der industriellen Tätigkeit vom Handel vgl. BMF, AEAStG-E, Tz. 8.1.2 oder Rz. 331 ff.

Für die Einordnung, ob aktive oder passive Einkünfte vorliegen, gibt es bei einer originären gewerblichen Tätigkeit regelmäßig keine Probleme. Problematisch sind gemischt tätige ausländische Gesellschaften, d. h. Fälle in denen die Gesellschaft beispielsweise neben Finanzierungsaufgaben oder Geldanlagen noch Produktion oder Handel betreibt. In diesen Fällen soll nach der h. M. zunächst auf der Grundlage der funktionalen Betrachtungsweise geprüft werden, ob nicht eine Tätigkeit der anderen zugerechnet werden muss und deshalb eine einheitliche Beurteilung geboten ist.[1] Die einzelnen Tätigkeiten können also gleichrangig sein oder im Verhältnis von Haupt- zu Nebentätigkeit stehen[2] . Schwierig ist insbesondere die Behandlung von Anlageerträgen. Nach Tz. 8.0.2. des Anwendungsschreibens können auch "Einkünfte aus für die aktive Tätigkeit notwendigen Finanzmitteln" als betriebliche Nebenerträge der wirtschaftlichen Haupttätigkeit, also hier der Produktion zugeordnet werden (funktionale Betrachtungsweise). Dazu muss der Steuerpflichtige nach § 90 Abs. 2 AO jedoch nachweisen, dass entsprechende Finanzmittel für die Produktion nötig sind. Werden Geldmittel dagegen langfristig nicht für Investitionen genutzt, sondern als überschüssige Finanzreserve in Wertpapiere angelegt, so wird dies zu einer eigenständigen Tätigkeit des passiven Erwerbs und die entsprechenden Einkünfte unterliegen der Hinzurechnungsbesteuerung.

Die Grundsätze der funktionalen Betrachtungsweise werden auch im neuen AEAStG-E unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung fortgeführt. Keine (aktiven) Nebenerträge liegen hiernach vor, wenn

  • die zu passiven Einkünften führende Tätigkeit nach der Verkehrsauffassung einen Bereich mit eigenständigem wirtschaftlichen Schwergewicht darstellt (z. B. Kreditvergabe, die dazu dient, einzelne Märkte mit dem erforderlichen Betriebskapital auszustatten).
  • oder, wenn die Kreditvergabe aus Eigenmitteln ein branchenübliches Maß überschreitet und somit eine eigenständige Kapitalanlagetätigkeit (Haupttätigkeit) realisiert wird.[3]
[2] BMF, AEAStG-E, Tz. 8.0.2.
[3] BMF, AEAStG-E, Rz. 320 ff.

5.3.3 Einkünfte aus dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Banken [...] (Nr. 3)

Erforderlich sind Tätigkeiten i. S. d. § 1 Abs. 1 KWG, § 1 Versicherungsaufsichtsgesetz. Nicht begünstigt sind: Holdingtätigkeit, Vermögensverwaltung, Konzernfinanzierung, Factoring, wenn der Forderungserwerb ausschließlich oder überwiegend von verbundenen Unternehmen erfolgt. Einen erforderlichen nach kaufmännischen Gesichtspunkten eingerichteten Geschäftsbetrieb erkennt die Finanzverwaltung nicht an, wenn die ausländische Gesellschaft zu mehr als 1/3 Geschäfte mit den Beteiligten i. S. d. § 7 AStG und/oder Nahestehenden abwickelt.[1] Der BFH hat allerdings entschieden,[2]

dass die Aktivitätsvoraussetzung auch vorliegen kann, wenn die ausländische Zwischengesellschaft durch einen Betriebsführungsvertrag ein andere...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?