Dipl.-Verww. (FH) Frank Schnelle
Zusammenfassung
Inventur ist die Erfassung aller Vermögensgegenstände und Schulden. Die Erfassung erfolgt dabei durch zählen, messen und wiegen. Die Durchführung einer Inventur ist immer mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden. Der Arbeitsaufwand kann jedoch verringert werden, wenn Möglichkeiten von Inventurvereinfachungen genutzt werden. Inventurvereinfachungen (z. B. Schätzen) dienen der Erleichterung der Erfassungstätigkeiten.
Gegenüber einer vollständigen Erfassung (z. B. von Baustoffen wie Sand und Kies in einem Bauhof) können Inventur- bzw. Erfassungsvereinfachungen u. a. durch Erfassung von Stichproben und Belegen durchgeführt werden. Dafür sind in den kommunalen Rechnungslegungsvorschriften Erleichterungen eingeflossen, die der Bundesgesetzgeber auch im Handels- und Steuerrecht auf Basis langjähriger Praxis zugelassen hat.
Aber auch bei Anwendung von Inventurvereinfachungen müssen die Grundsätze einer ordnungsmäßigen Inventur (z. B. Vollständigkeit, Richtigkeit, Willkürfreiheit) gewahrt bleiben.
Neben Inventur- bzw. Erfassungsvereinfachungen können im Rahmen von Jahresabschlüssen (und ggf. unterjährigen Quartalsabschlüssen) auch Bewertungs- und Abschreibungsvereinfachungen (z. B. Verbrauchsfolgebewertung, Abschreibung von geringwertigen Vermögensgegenständen) genutzt werden.
Die Inventur- bzw. Erfassungsvereinfachungen führen dazu, dass den Grundsätzen ordnungsmäßiger Inventur eine angemessene Flexibilität bei der Erfassung zur Seite gestellt wird und dennoch die Grundsätze der Bilanzierung gewahrt bleiben.
In der nordrhein-westfälischen Kommunalhaushaltsverordnung (KomHVO NRW) finden sich die maßgeblichen Inventur- bzw. Inventurvereinfachungen in den §§ 29 und 30 KomHVO NRW.
Die Vereinfachungen zu Bewertungs- und Abschreibungsregelungen (z. B. Verbrauchsfolgebewertung, Komponentenansatz, Abschreibung von geringwertigen Vermögensgegenständen) sind insbesondere in den §§ 35 ff. KomHVO NRW geregelt.
Der Beitrag ist zwar angelehnt an die Regelungen des Neuen Kommunalen Finanzmanagements in Nordrhein-Westfalen. Die Inhalte der hierbei zugrunde gelegten Regelungen der Gemeindeordnung NRW (GO NRW) und Kommunalhaushaltsverordnung NRW (KomHVO NRW) finden sich jedoch weitestgehend auch in den Bestimmungen der anderen Bundesländer wieder.
1 Festwertbildung
Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert (Festwert) angesetzt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- sie werden regelmäßig ersetzt
- ihr Gesamtwert ist für die Kommune von nachrangiger Bedeutung
- der Bestand unterliegt in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, braucht in der Regel nur alle 5 Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchgeführt zu werden.
Für Aufwuchs kann sogar ein pauschaliertes Festwertverfahren angewendet werden. Eine Revision ist dann erst nach 10 Jahren und eine Neuberechnung des Forsteinrichtungswerks alle 20 Jahre durchzuführen.
Der regelmäßige Ersatz ist erfüllt, wenn sich der Verbrauch, die Abgänge und Abschreibungen durch Zugänge ausgleichen. Nachrangig ist die Summe der Festwerte dann, wenn diese im Verhältnis zur Bilanzsumme 5 % nicht überschreiten.
2 Gruppenwertbildung
Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden können jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden.
3 Stichprobenermittlung
Auch die Stichprobeninventur stellt eine Vereinfachung zur vollständigen körperlichen Einzelinventur dar. Das Ergebnis der Stichprobeninventur muss dabei grundsätzlich zum gleichen Ergebnis führen, wie es eine vollständige körperliche Inventur geführt hätte.
Als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Stichprobeninventur muss eine anerkannte mathematisch-statistische Methode zur Anwendung kommen. Methoden der Stichprobeninventur können Schätz- oder Testverfahren sein, wie z. B. der Sequentialtest. Grundsätzlich wird im Rahmen der Stichprobeninventur keine Einzelerfassung aller zu einer Grundgesamtheit zählenden Gegenstände durchgeführt. Die Gegenstände werden lediglich im Rahmen einer ausgewählten Stichprobe gezählt, gemessen, gewogen etc.
Die Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur gelten auch für die Stichprobeninventur. Der Grundsatz der Vollständigkeit wird zwar nicht durch die Stichprobeninventur durchbrochen, er bezieht sich aber auf die Grundgesamtheit, die vollständig ermittelt und erfasst sein muss, und auf die Stichprobenauswahl. Der Grundsatz der Vollständigkeit muss auch bei der Stichprobeninventur erfüllt sein, da das Ergebnis sonst nicht mit dem der Vollinventur als gleichbedeutend gelten kann. Auch der Grundsatz der Nachprüfbarkeit muss bei der Stichprobeninventur besonders beachtet werden. Die angewandte mathematisch-statistische Meth...