Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Bei der Bildung eines Investitionsabzugsbetrags ist es nicht erforderlich, im Zeitpunkt der Bildung eine Prognose vorzunehmen. Entscheidend ist allein die spätere Nutzung. In welchem Umfang ein Unternehmer seinen Firmenwagen nach der Anschaffung tatsächlich für betriebliche Fahrten nutzt, kann er regelmäßig mithilfe eines Fahrtenbuchs feststellen. Die Anwendung der 1-%-Methode besagt nur, dass die betriebliche Nutzung mehr als 50 % beträgt. Ob eine Privatnutzung von nicht mehr als 10 % vorliegt, lässt sich daraus nicht ableiten.
8.3.1 Nachweis des tatsächlichen privaten Nutzungsanteils mit einem Fahrtenbuch
Wirtschaftsgüter sind nur begünstigt, wenn sie im Jahr der Anschaffung und im Folgejahr vermietet oder ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden. Davon ist auszugehen, wenn die private Nutzung nicht mehr als 10 % beträgt. Der Unternehmer muss also darlegen können, dass der Umfang der betrieblichen Nutzung mindestens 90 % beträgt. Dabei ist Folgendes zu beachten:
- Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung sind als betriebliche Fahrten zu erfassen.
- Der Umfang der betrieblichen Nutzung kann regelmäßig anhand eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs nachgewiesen werden.
Der BFH hat in seinem Urteil vom 15.7.2020 (III R 62/19) entschieden, dass beim Investitionsabzugsbetrag die Anteile der betrieblichen und der außerbetrieblichen Nutzung eines Pkw nicht nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, sondern auch durch andere Beweismittel nachgewiesen werden können.
Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung nicht auf Fahrtenbuch beschränkt
Ein Steuerpflichtiger erzielte als Versicherungsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er hatte einen Investitionsabzugsbetrag für die Anschaffung eines Pkw in Höhe von 15.200 EUR (40 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten von 38.000 EUR) gebildet. Der Steuerpflichtige hat am 2.9.2014 einen Pkw für 27.881 EUR (netto) angeschafft, dessen Bruttolistenpreis bei 33.390 EUR lag. Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Fahrtenbücher nicht ordnungsgemäß geführt und daher nicht anzuerkennen seien. Konsequenz war, dass das Finanzamt die private Nutzung des Pkw nach der 1 %-Regelung ermittelte und außerdem die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbetrag sowie Sonderabschreibung versagte. Es berücksichtigte lediglich die anteilige lineare Abschreibung. Diese Rechtsauffassung wurde vom Finanzgericht bestätigt.
Der BFH hat entschieden, dass das Finanzgericht das Fahrtenbuch zu Recht als nicht ordnungsgemäß verworfen hat. Das Finanzamt hat somit zu Recht die private Nutzung des Firmen-Pkw nach der 1 %-Regelung bewertet. Ohne ordnungsgemäßes Fahrtenbuch ist die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten ausdrücklich untersagt. Allerdings kann der Umfang einer nahezu ausschließlichen betrieblichen Nutzung von Kfz im Zusammenhang mit dem Investitionsabzugsbetrag nicht nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Die Frage, wie die Anteile der betrieblichen und der außerbetrieblichen Nutzung des Wirtschaftsguts nachzuweisen sind, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt (§ 7g EStG).
Ergebnis: Der Nachweis einer fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw ist nicht auf ordnungsgemäße Fahrtenbücher beschränkt. Der Nachweis der betrieblichen Fahrten kann somit in jeder geeigneten Form erbracht werden. Das Finanzgericht muss nun auf dieser Basis entscheiden, ob die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen ausreichen.
Der BFH selbst hat keine Details für alternative Aufzeichnungen vorgegeben. Da der Nachweis auch durch andere Beweismittel erbracht werden kann, können z. B. folgende Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen ausreichend sein:
- Eintragungen im Terminkalender
- Abrechnungen über gefahrene Kilometer gegenüber Auftraggebern
- Reisekostenaufstellungen bzw. Reisekostenabrechnungen
- formlose Aufzeichnungen, wobei es ausreicht, allein die betrieblichen Fahrten aufzuzeichnen (festzuhalten ist der jeweilige Anlass und die jeweils zurückgelegte Strecke sowie die Kilometerstände zu Beginn und Ende des Jahres bzw. des Aufzeichnungszeitraums)
Die bloße Behauptung, dass ein Fahrzeug fast ausschließlich betrieblich genutzt und die meisten Privatfahrten mit einem anderen (privaten) Fahrzeug durchgeführt werden, reicht allerdings nicht aus, weil dies nichts darüber aussagt, in welchem Umfang der Firmenwagen tatsächlich privat genutzt wurde.
Lt. BMF ist bei Anwendung der sog. 1-%-Regelung grundsätzlich von einem schädlichen Nutzungsumfang auszugehen. "Grundsätzlich" bedeutet aber, dass es Ausnahmen gibt. Eine Ausnahme liegt vor, wenn der Unternehmer zusätzliche Aufzeichnungen vorlegen kann, mit dem er einen schädlichen Nutzungsumfang widerlegen kann.
Überlassung an Arbeitnehmer zählt als 100 %ige betriebliche Nutzung
Es sind keine Aufzeichnungen erforderlich, wenn der Unternehmer seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen überlässt. Die Privatnutzung durch den Arbeitnehmer spielt keine Rolle. Steuerlich kann auch ein Gm...