Leitsatz
1. Räume eines Gebäudes, in denen ein Seniorenpflegeheim betrieben wird, können auch dann der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken i.S.d. § 3 Abs. 1 InvZulG 1999 dienen, wenn nicht jede überlassene Wohneinheit mit einer eigenen Küche und einem eigenen Bad ausgestattet ist.
2. Die Bewohner haben die tatsächliche Sachherrschaft über die angemieteten Räume, auch wenn das Personal zur Pflege und Betreuung der Bewohner Zutritt zu den Räumen hat.
3. Das Merkmal "Wohnzwecken dienen" entfällt nicht dadurch, dass die Heimverträge neben der Überlassung von Wohnraum zahlreiche andere Dienstleistungen, insbesondere die Pflege und die Betreuung der Bewohner, vorsehen.
Normenkette
§ 3 Abs. 1 InvZulG 1999
Sachverhalt
Der Kläger vermietet seit 1999 zwei Etagen in seinem Gebäude im Fördergebiet an eine Mieterin, die dort ein Seniorenpflegeheim betreibt. Die Senioren schließen mit der Mieterin einen Heimvertrag nach § 43 SGB XI ab. Ihnen steht ein bestimmtes Zimmer zur Verfügung, in dem sie eine eigene Kochgelegenheit einrichten können. Sie haben ein Mitbenutzungsrecht an einer Teeküche und gemeinsame Bäder/WC. Zu ihrem Zimmer haben sie einen eigenen Schlüssel.
Das FA verneinte die Förderfähigkeit, da keine Überlassung zu Wohnzwecken vorliege.
Entscheidung
Der BFH bejaht auch in einem solchen Fall das Merkmal "Überlassung zu Wohnzwecken" und bestätigte das der Klage stattgebende FG-Urteil.
Hinweis
Nach dem InvZulG 2005 ist die Förderfähigkeit des Mietwohnungsbaus entfallen. Nach § 3 Abs. 1 InvZulG 1999 waren nachträgliche Herstellungs- oder Erhaltungsarbeiten an Gebäuden u.a. begünstigt, soweit die Gebäude min?des?tens 5 Jahre nach Beendigung der Maßnahmen der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienten.
Ein Gebäudeteil dient Wohnzwecken, wenn er dazu geeignet ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Dies setzt voraus, dass die Räume zu einer eigenständigen Haushaltsführung geeignet sind und die Bewohner die tatsächliche und rechtliche Sachherrschaft über sie innehaben.
Da nicht Modernisierungsmaßnahmen an "Wohnungen", sondern an Gebäuden, die der Überlassung zu "Wohnzwecken dienen", gefördert werden, müssen die überlassenen Wohneinheiten nicht die Merkmale des Wohnungsbegriffs im bewertungsrechtlichen Sinn erfüllen, wie Abgeschlossenheit, Wohnraum, Küche, Bad/WC. Eigene Küche oder eigenes Bad/WC sind daher nicht erforderlich.
Die Mitbenutzung durch mehrere Bewohner reicht aus.
Für die Möglichkeit einer eigenständigen Haushaltsführung genügt es, wenn die Bewohner eine eigene Kochgelegenheit in ihrem Zimmer haben oder sich Mahlzeiten in einer Gemeinschafts?küche zubereiten können.
Die tatsächliche Sachherrschaft ist gegeben, wenn die Bewohner ihre Zimmer abschließen können. Unschädlich ist, wenn ihnen für die Haushaltsführung erforderliche Räume wie Küche und Bad/WC nur gemeinsam mit anderen Bewohnern zur Nutzung zur Verfügung stehen.
Das Merkmal "Wohnzwecken dienen" ist auch dann noch erfüllt, wenn die Bewohner (Senioren) Heimverträge abgeschlossen haben, die neben der Überlassung von Wohnraum auch andere Dienstleistungen wie Betreuung und Pflege vorsehen. Denn der Förderzweck der Modernisierung sanierungsbedürftiger Wohngebäude wird unabhängig davon erreicht, in welchem Umfang die Bewohner neben dem Wohnen weitere ?Dienste in Anspruch nehmen.
Für die tatsächliche Sachherrschaft dürfte es deshalb auch unschädlich sein, dass das Pflegepersonal z.B. über einen Generalschlüssel verfügt, der ihm jederzeitigen Zutritt auch zu dem jeweiligen Pflegezimmer gewährleistet, das der ?Bewohner mit seinem eigenen Schlüssel abschließen kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.12.2005, III R 45/04