Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Ein einheitlicher Schenkungsvorgang von Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen setzt eine eindeutige vertragliche Regelung voraus. Die zeitversetzte Übertragung von Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen kann nicht zur erbschaftsteuerlichen Begünstigung des Sonderbetriebsvermögens führen.
Sachverhalt
Die Klägerin erhielt von Ihren Eltern im August 2005 Anteile am Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft übertragen. Da die Zuwendung unter dem persönlichen Freibetrag lag, wurde zutreffenderweise keine Schenkungsteuer festgesetzt. Im Dezember 2006 wurden der Klägerin von den Eltern noch (anteilig) im Sonderbetriebsvermögen befindliche Darlehensforderungen zugewandt. Unter Zusammenrechnung beider Zuwendungen setzte das zuständige Finanzamt Schenkungsteuer fest.
Die Klägerin sah die Übertragung des Anteils an der Personengesellschaft und der Darlehensforderung schenkungsteuerrechtlich als einen einheitlichen Vorgang an und begehrte den Freibetrag und den Bewertungsabschlag für Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG a.F. (Freibetrag i.H.v. 225.000 EUR und Bewertungsabschlag von 35 %). Außerdem vertrat die Klägerin die Auffassung, dass das Sonderbetriebsvermögen schon bei der Berechnung der Schenkung des Gesamthandsvermögens mit erfasst worden sei. Im Fall der Bewertung des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft sei nicht nur das Gesellschaftsvermögen selbst, sondern auch das im Eigentum der Gesellschafter befindliche Sonderbetriebsvermögen zu berücksichtigen. Dementsprechend sei das Sonderbetriebsvermögen in den Schenkungsteuererklärungen mit erfasst und der Besteuerung bereits unterworfen worden. Im Verfahren reduzierte das Finanzamt den Wert der Schenkung des Gesamthandsvermögens auf einen negativen Betrag und unterwarf weiterhin die Schenkung des Sonderbetriebsvermögens als eigenständigen Vorgang der Schenkungsteuer.
Entscheidung
Das Gericht hat die Klage insoweit zurückgewiesen, als die Klägerin die Begünstigung für das Sonderbetriebsvermögen nach § 13a ErbStG a.F. begehrte.
Das Finanzgericht stellte fest, dass mit der Zuwendung eines Anteils an einer mitunternehmerischen Personengesellschaft nicht zwangsläufig der Übergang von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens verbunden ist. Sollen solche mit übertragen werden, so bedarf dies einer klaren zivilrechtlichen Vereinbarung, an der es im vorliegenden Fall mangeln würde. Die Zuwendung im August 2005 und die weitere Zuwendung des Sonderbetriebsvermögens im Dezember 2006 waren vertraglich und tatsächlich bewusst und stufenweise durch verschiedene selbständige Übertragungsvorgänge ausgeführt worden.
Die Zuwendung einzelner Teile des Sonderbetriebsvermögens ist auch nicht nach § 13a ErbStG a.F. begünstigt, die Begünstigungsregelung ist nicht auf den Erwerb jeder Art von Betriebsvermögen anwendbar. Insbesondere der Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens ist nicht steuerlich begünstigt (vgl. BFH, Beschluss v. 18.8.2005, II B 90/04, BFH/NV 2006, S. 62). Dies gilt gleichermaßen für den isolierten Erwerb von einzelnen Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens (BFH, Urteile v. 20.3.2002, II R 53/99, BStBl II 2002, S. 441).
Hinweis
Es entspricht der Rechtsprechung des BFH, dass einzelne Wirtschaftsgüter nicht der Begünstigung nach § 13a ErbStG a.F. unterlagen. Für alle seit dem 1.1.2009 ausgeführten Zuwendungen (Schenkungen unter Lebenden und Erwerbe von Todes wegen) gilt nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG für die Begünstigung des Betriebsvermögens dem Grunde nach vergleichbares, sodass auch nach neuem Recht die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter nicht als Betriebsvermögen begünstigt sein kann.
Die Steuerpflichtigen hätten ein deutlich günstigeres Ergebnis erzielt, wenn die Übertragung des Gesamthands- und des Sonderbetriebsvermögens vertraglich und tatsächlich in einem einheitlichen Vorgang vorgenommen worden wäre. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass bei einer Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe innerhalb von 10 Jahren (§ 14 ErbStG) Erwerbe, für die kein positiver Wert festgestellt werden kann, bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben.
Ob die Regelungen zur Begünstigung des Betriebsvermögens nach dem seit dem 1.1.2009 geltenden Regelungen mit der Verfassung zu vereinbaren sind, ist zweifelhaft. Der BFH hat mit Beschluss v. 27.9.2012 (II R 9/11) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19 Abs. 1 i.V.m. § 13a und § 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig ist.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 30.05.2012, 4 K 2398/09