Die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist deshalb herausfordernd, weil das Kapitalvermögen
- mobil ist und
- damit leicht ins Ausland verlagert werden kann.
Vollzugsprobleme: Das stellt die deutschen Finanzbehörden aufgrund der Divergenz zwischen
- materieller Universalität und
- formeller Territorialität
vor Vollzugsprobleme.
Auf der einen Seite hindert das im Völkerrecht geltende Prinzip der formellen Territorialität deutsche Behörden daran, Außenprüfungen und andere Ermittlungen in einem fremden Staat durchzuführen. Auf der anderen Seite existiert aber kein Grundsatz der materiellen Territorialität, der es untersagen würde, Rechtsfolgen des innerstaatlichen Rechts an Auslandssachverhalte zu knüpfen. Beachten Sie: Dennoch hat sich das Welteinkommensprinzip gegenüber dem Territorialitätsprinzip als Prinzip der Besteuerung im internationalen Steuerrecht fast vollständig durchgesetzt.
Zwischenstaatliche Bemühungen um Intensivierung des gegenseitigen Auskunftsverkehrs: Um die Ermittlungsmöglichkeiten der deutschen Finanzbehörden zu verbessern und dem gestiegenen Bedürfnis nach einem intensiven zwischenstaatlichen Informationsaustausch gerecht zu werden, hat sich die Bundesrepublik Deutschland – genau wie auch andere Staaten – schon vor über zehn Jahren bemüht, den gegenseitigen Auskunftsverkehr zu intensivieren, woraufhin eine Vielzahl von Rechtsgrundlagen für einen effektiven Auskunftsverkehr in Steuersachen entstanden ist.
Unter dem Eindruck der Finanzkrise 2009 und der gestiegenen öffentlichen Wahrnehmung weit verbreiteter Steuerhinterziehung haben die Staats- und Regierungschefs der G20-Mitgliedstaaten gemeinsam mit der OECD und dem "Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes" der OECD den Ausbau des Informationsaustausches auch politisch stärker forciert. Beachten Sie: Mittlerweile gilt die internationale Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen als Standard und nicht mehr als Ausnahme.
Diese signifikanten Entwicklungen des internationalen Auskunftsverkehrs seit Inkrafttreten der Abgeltungsteuer bis zum letzten Streitjahr 2016 zeigt das FG Niedersachsen detailliert auf. Das Gericht untersucht dabei
- die von Deutschland mit anderen Ländern vor und seit 2009 geschlossenen DBA,
- die vor 2009 abgeschlossenen bilateralen Amtshilfe- und weitere Abkommen sowie
- die seit Einführung der Abgeltungsteuer bis zum Streitjahr 2016 geschlossenen internationalen Abkommen.
Hier soll nur auf einige Aspekte eingegangen werden. Vom Gericht wurde herausgearbeitet, dass Deutschland von 2009-2016
- insgesamt 18 Steuerauskunftsabkommen (auch Tax Information Exchange Agreements, kurz TIEAs genannt) fast ausschließlich mit traditionellen Steueroasen abgeschlossen hat.
- Zudem wurden in diesem Zeitraum über 20 DBA neu abgeschlossen oder so geändert, dass sie nun eine große Auskunftsklausel nach dem neuen OECD-Standard enthalten, während vor 2009 in nicht wenigen DBA nur eine kleine Auskunftsklausel verankert war. Beachten Sie: Eine kleine Auskunftsklausel dient lediglich der Durchsetzung des jeweiligen DBA, eine große Auskunftsklausel hingegen auch einer Durchführung des nationalen Steuerrechts der Vertragsstaaten.
Erhebliche Verbesserung des Auskunftsverkehrs seit Einführung der Abgeltungsteuer: Die weitgehende Umstellung auf große Auskunftsklauseln und der Abschluss der TIEAs mit Staaten, mit denen keine DBA bestehen, sind als immense Verbesserung des Auskunftsverkehrs seit Einführung der Abgeltungsteuer anzusehen. Auch die Etablierung des automatischen Auskunftsverkehrs über Finanzkonten, d.h. einer regelmäßigen Auskunft zwischen Staaten, bei der es keines Ersuchens bedarf, als neuer Standard hat den internationalen Auskunftsverkehr erheblich positiv verändert.
Zahlreiche weitere Entwicklungen im Bereich der internationalen Zusammenarbeit: Das FG Niedersachsen weist darauf hin, dass es auch noch nach dem letzten Streitzeitraum – also ab 2016 – zahlreiche weitere Entwicklungen auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit und zur Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung gegeben hat und hebt dabei den BEPS-Aktionsplan hervor. Auch die fortlaufenden Änderungen der EU-Amtshilfe-Richtlinieund ihre Transformation in nationales Recht sind hier sicherlich relevant.