Aufgrund der frühen und vielfältigen Kritik verwundert es nicht, dass sich auch die Gerichte schon mehrfach zur Verfassungsmäßigkeit der Abgeltungsteuer geäußert haben.
1. Entscheidungen des BVerfG
a) Vor Einführung der Abgeltungsteuer: Zulässigkeit einer Quellenbesteuerung?
Exklusive Quellenbesteuerung ja, ...: Schon vor Einführung der Abgeltungsteuer hat sich das BVerfG mit der Zulässigkeit einer Quellenbesteuerung für Einkünfte aus Kapitalvermögen befasst und dem Gesetzgeber in seinen Urteilen
- vom 27.6.1991 ("Zinssteuerurteil") und
- vom 9.3.2004 ("Tipke-Urteil")
eine abgeltende Quellenbesteuerung zur Sicherstellung der Belastungsgleichheit sogar nahegelegt. Nach Auffassung des BVerfG dürfe der Gesetzgeber die Erwerbsgrundlage "Finanzkapital" an der Quelle
- mit einer linearen Definitivsteuer besteuern und
- dabei den absetzbaren Aufwand typisieren.
..., aber im Rahmen grundrechtlicher Rechtfertigung: Jedoch hat das BVerfG im Zusammenhang mit der sog. Reichensteuer jüngst entschieden, dass die durch eine Schedulierung entstehende Ungleichbehandlung verschiedener Einkunftsarten die grundrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen erfüllen müsse.
b) Kein BVerfG-Verfahren zur Abgeltungsteuer
Zu der in 2008 eingeführten Abgeltungsteuer hat das BVerfG bislang noch kein Verfahren zur Entscheidung angenommen; nach den Ausführungen des FG Niedersachsen waren hierzu bisher vier Verfahren anhängig, bei denen der geltend gemachte Verfassungsverstoß jedoch nicht die Verfassungsmäßigkeit der Abgeltungsteuer an sich betraf. Vielmehr ging es darum, ob der Ausschluss der Abgeltungsteuer – also die Nichtanwendung auf ähnliche Sachverhalte – mit dem Verfassungsrecht vereinbar ist.
2. Entscheidungen der Finanzgerichtsbarkeit
Der BFH hat sich mehrfach zur Verfassungsmäßigkeit des Abgeltungsteuersystems geäußert und wiederholt geurteilt, dass die Privilegierung der Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nach § 32d Abs. 1 EStG i.H.v. 25 % besteuert werden, gegenüber anderen progressiv besteuerten Einkunftsarten verfassungsgemäß sei.
Auch die FG haben sich mit der Verfassungsmäßigkeit des § 32d EStG beschäftigt. So hält z.B. das FG Nürnberg die Ungleichbehandlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber den anderen Einkunftsarten ebenfalls für verfassungsgemäß. Betreffend die anderen Regelungsbereiche des § 32d EStG weichen die Einschätzungen der FG z.T. von der Auffassung des BFH ab.