Dipl.-Finw. (FH) Paul Eichmann
Das Finanzamt kann auf Antrag gestatten, dass unter den nachfolgenden Voraussetzungen die Umsatzsteuer nicht nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern nach vereinnahmtem Entgelten berechnet wird (§ 20 UStG):
- Der Gesamtumsatz (berechnet nach § 19 Abs. 3 UStG) hat im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500.000 EUR betragen oder,
- der Unternehmer ist nicht verpflichtet, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen (also ist hiervon nach § 148 AO befreit) oder,
- der Unternehmer führt Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus.
Um die Ist-Besteuerung anwenden zu können, muss der Unternehmer einen Antrag stellen. Dieser Antrag kann bis zum Eintritt der formellen Bestandkraft des jeweiligen Kalenderjahres erfolgen (Abschn. 20.1 Abs. 1 Satz 1 USTAE). Die formelle Bestandskraft tritt mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist ein. Grundsätzlich kann dem Antrag entsprochen werden, wenn die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Genehmigung ist nur unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs und wegen der Abschnittsbesteuerung der USt für ein ganzes Kalenderjahr zu erteilen (Abschn. 20.1. Abs.1 Sätze 2,3 UStAE).
Zu beachten ist, dass die Ist-Versteuerung in den Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 2 UStG (keine Bücher zu führen) nur bei besonderen Härten, wie beispielsweise dem Überschreiten der Umsatzgrenze aufgrund besonderer, einmaliger Geschäftsvorfällen, genehmigt werden kann Die Genehmigung ist ebenfalls nicht zu erteilen, wenn für die Umsätze aus freiberuflicher Tätigkeit – auch freiwillig – Bücher geführt werden.
Teilweise sieht die Rechtsprechung auch vor, den Antrag auf Gestattung der Ist-Besteuerung durch konkludente Handlung (Einreichung der Voranmeldung) zu stellen. Dabei muss aus der eingereichten Voranmeldung klar ersichtlich sein, dass die angemeldeten Umsätze auf der Grundlage der Ist-Versteuerung ermittelt wurden. Die Genehmigung kann nur dann konkludent erfolgen, wenn nach außen erkennbar ist, dass das Finanzamt sowohl über die Steuerfestsetzung als auch über den Antrag auf Ist-Versteuerung entschieden hat. Ein Urteil aus dem Jahr 2015 sieht sogar bei einem eindeutigen Antrag auf Ist-Versteuerung, der sich aus der eingereichten EÜR ergibt, die konkludente Zustimmung in der antragsgemäßen Umsatzsteuerfestsetzung.
Will der Unternehmer jedoch eindeutige Klarheit über die Gestattung der Ist-Versteuerung, empfiehlt sich ein schriftlicher Antrag mit der Bitte um schriftliche Genehmigung. Damit entgeht man der Gefahr künftiger Diskussionen über die Auslegung von konkludentem Antrag und konkludenter Gestattung.