3.1 Aktivierungswahlrecht in der Handelsbilanz und Aktivierungspflicht in der Steuerbilanz
Ein Disagio entsteht, wenn der Darlehensnehmer (bilanzierendes Unternehmen) einen geringeren Betrag als den zurück zu zahlenden Darlehensbetrag (Erfüllungsbetrag) vom Darlehensgeber (Bank) ausgezahlt bekommt. Der Unterschiedbetrag (als Disagio oder auch als Damnum bezeichnet) ist eine – neben den nominellen Zinsen – zusätzlich geleistete Vergütung an den Darlehensgeber für die Kapitalüberlassung. Dem Disagio kommt damit ein zinsähnlicher Charakter für eine bestimmte Zeit, nämlich die Kreditlaufzeit, zu. Dem entspricht die Abgrenzung über die Laufzeit.
§ 250 Abs. 3 HGB gewährt für die Handelsbilanz ein Wahlrecht, das Disagio entweder als Aufwand zu erfassen oder zu aktivieren und über die Laufzeit der korrespondierenden Verbindlichkeit abzuschreiben. Das Aktivierungswahlrecht muss in Bezug auf ein Disagio einheitlich im Jahr der Entstehung ausgeübt werden, darf aber je Disagio neu ausgeübt werden. Für die Steuerbilanz besteht eine Aktivierungspflicht.
Ein Disagio aus einer Darlehensgewährung ist als Rechnungsabgrenzungsposten über die Laufzeit der korrespondierenden Verbindlichkeit abzuschreiben.
Auch Emmissionsdisagien sind als Rechnungsabgrenzungsposten zu erfassen
Mit Urteil vom 29.11.2006 hat der BFH entschieden, dass in der Steuerbilanz auch Emissionsdisagien, die bei der Ausgabe festverzinslicher Inhaberschuldverschreibungen entstehen, als aktive Rechnungsabgrenzungsposten zu berücksichtigen sind. D.h. auch für einen Abschlag auf den Nennwert bzw. Emissionskurs einer verbrieften festverzinslichen Schuldverschreibung mit bestimmter Laufzeit bei deren Emission, ist in der Steuerbilanz ein Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden.
3.2 Bestimmung der Höhe des Disagios
Im Zuge der Kreditgewährung können neben dem Disagio weitere Bearbeitungs-, Verwaltungs- und Abschlussgebühren anfallen, die den Auszahlungsbetrag ebenfalls mindern.
Die Frage ist, ob diese Beträge in den als Disagio bezeichneten Unterschiedsbetrag (zwischen Auszahlungs- und Rückzahlungsbetrag) einzuberechnen sind oder eben nicht und dementsprechend als Aufwand der Periode zu behandeln sind. Dabei ist zu unterscheiden zwischen solchen Entgelten, die der Darlehensnehmer an den Darlehensgeber leistet und solchen, die der Darlehensnehmer an Dritte leistet.
Entgelte, die der Darlehensnehmer an den Darlehensgeber leistet, haben wirtschaftlich keinen anderen Charakter als ein offen als Disagio ausgewiesener Betrag. Es handelt sich um Entgelte für die Kapitalüberlassung. Die Frage, ob diese Beträge als Aufwand verrechnet werden müssen oder als Disagio zu behandeln sind, wird handelsrechtlich nicht einheitlich beantwortet. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des BFH sind derartige "Bearbeitungsgebühren", dann als Disagio zu behandeln, wenn sie im Falle einer vorzeitigen Kündigung (zeit)anteilig zurück zu erstatten sind (was bei am allgemeinen Markt aufgenommenen Krediten oftmals der Fall ist). Nur dann ist das Kriterium der Laufzeitbezogenheit erfüllt und es handelt sich um eine laufzeitbezogene Vergütung. Es kommt also darauf an, was die Vertragsparteien im Einzelfall vereinbart haben.
Müssen derartige Entgelte im Fall der Kündigung hingegen nicht (zeit)anteilig zurückgezahlt werden (wie in dem vom BFH zu entscheidenden Fall eines öffentlich geförderten Darlehens), so spricht dies i. d. R. gegen die Zeitraumbezogenheit. Diese Entgelte können infolgedessen nicht in das Disagio eingerechnet werden, sondern sind als Aufwand zu erfassen. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des BFH in diesem Fall nur dann, "wenn das Dauerschuldverhältnis auf mehrere Jahre zu festen Bedingungen abgeschlossen ist und nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und wenn konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Vertragsparteien dieser Möglichkeit mehr als rein theoretische Bedeutung beigemessen haben."
- Aufwendungen, die dem Darlehensnehmer im Zusammenhang mit der Darlehensaufnahme durch Zahlungen an Dritte entstehen, können nicht in das Disagio einbezogen werden, denn sie sind nicht Teil des Austauschverhältnisses zwischen Darlehensgeber und – nehmer. Hierzu gehören z. B. Vermittlerprovisionen, die der Darlehensnehmer an einen Vermittler für die Vermittlungsleistung leistet, Notariatsgebühren oder Gebühren für die Bestellung eines Grundbucheintrags zur Besicherung des Darlehens. Diese Zahlungen sind als Aufwand der Periode zu behandeln.
3.3 Bestimmung des Abschreibungs- bzw. Verteilzeitraums
Im Fall der Aktivierung eines Disagios stellt sich die Frage, über welchen Zeitraum ein Disagio aufzulösen ist. Nach § 250 Abs. 3 HGB ist der Unterschiedsbetrag durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu vermindern, die auf die ge...