Prof. em. Dr. Rudolf Federmann
4.1 Grundsätzliches
Rz. 68
Die GuV-Rechnung ist eine periodenbezogene Erfolgsrechnung auf der Basis der Buchführung, die – in enger Verknüpfung mit der Bilanz – aus der "Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen des Geschäftsjahres" sowie deren gegliederter Darstellung die Höhe des Unternehmenserfolgs ermittelt, sein Zustandekommen quellenbezogen nachweist und damit hauptsächlich der Vermittlung eines Einblicks in die Ertragslage und die Erfolgsquellen des Unternehmens dient.
Rz. 69
Zur Aufstellung einer GuV-Rechnung sind alle Kaufleute verpflichtet – es sei denn, sie fallen als kleine Einzelkaufleute unter die Befreiung des § 242 Abs. 4 HGB i. V. m. § 241a HGB. Die GuV-Rechnung muss den GoB entsprechen, insbesondere sämtliche Aufwendungen und Erträge enthalten, und zwar unsaldiert und unabhängig von den Zeitpunkten der Zahlung.
Rz. 70
Für Kapitalgesellschaften und haftungsbegrenzte Personengesellschaften gelten zusätzlich noch die Vorschriften der §§ 264 Abs. 2 (Einblicksprinzip), 265 (Gliederungsgrundsätze) und 275–278 HGB (Gliederung). Kleine Kapitalgesellschaften und kleine KapCo-Gesellschaften brauchen die GuV-Rechnung nicht offenzulegen. Kleinstkapitalgesellschaften – einschließlich haftungsbegrenzter Kleinstpersonengesellschaften i. S. d. § 264a HGB – und Kleinstgenossenschaften können eine verkürzte GuV-Rechnung aufstellen.
Rz. 71
Außerdem gelten die rechtsformspezifischen Vorschriften der §§ 158 AktG und 42a GmbHG. Die handelsrechtlichen Vorschriften gelten für Genossenschaften und Großunternehmen nach dem PublG entsprechend.
4.2 Aufbauprinzipien
Rz. 72
Die GuV-Rechnung der Kapitalgesellschaft kann wahlweise nach dem Gesamtkosten- (GKV) oder dem Umsatzkostenverfahren (UKV) aufgestellt werden. Beim GKV werden den um die Bestandsveränderungen an Halb- und Fertigerzeugnissen und um die anderen aktivierten Eigenleistungen erweiterten Umsatzerlösen – also der Perioden-Gesamtleistung – die gesamten (nach Faktorarten gegliederten) Aufwendungen dieser Periode gegenübergestellt. Bei den Wertzugängen (Erträgen) wird also nicht unterschieden, ob die erstellten Produkte bereits am Markt abgesetzt wurden oder als Vorräte gelagert werden. Beim UKV werden hingegen den Umsatzerlösen lediglich die durch die abgesetzten Produkte bedingten Herstellungskosten (Umsatzherstellungskosten) und die übrigen betrieblichen Aufwendungen, gegliedert nach den betrieblichen Teilbereichen Vertrieb, Verwaltung und "Sonstiges" gegenübergestellt. Bestandsveränderungen und aktivierte Eigenleistungen treten beim UKV also nicht in Erscheinung; die Material- und Personalaufwendungen und die Abschreibungen etc. des GKV müssen beim UKV nach bestimmten Schlüsseln den Funktionsbereichen (Herstellung, Verwaltung, Vertrieb) zugerechnet werden. Das Finanzergebnis und die Steuerpositionen werden beim GKV und UKV in gleicher Weise gegliedert. Das einmal gewählte Verfahren unterliegt dem Gebot der Gliederungsstetigkeit und darf nur bei "besonderen Umständen" geändert werden (Angabe- und Begründungspflicht im Anhang gem. § 265 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Rz. 73
Weiterhin können zwei Teile der Ergebnisrechnung unterschieden werden: eine Ermittlungsrechnung des Jahresergebnisses (Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag) durch Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen und eine Verwendungsrechnung, die vom Jahresergebnis über Rücklagen-Veränderungen und einen Ergebnisvortrag zum Bilanzergebnis (ausschüttbarer Bilanzgewinn oder Verlustvortrag) führt. Der Verwendungsteil ist jedoch nur bei Aktiengesellschaften und KGaA zwingender Teil der GuV-Rechnung.
4.3 Inhalt der GuV-Rechnung
4.3.1 Komponenten des Betriebsergebnisses
Rz. 74
Sowohl bei Anwendung des GKV als auch des UKV beginnt die Erfolgsrechnung mit der Position
- Umsatzerlöse, das sind nach § 277 Abs. 1 HGB die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen … nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern.
Rz. 75
Nur bei Anwendung des GKV folgen die Positionen:
- Bestandsveränderungen, das sind alle Mengen- und Wertänderungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen,
- andere aktivierte Eigenleistungen, das sind selbst erstellte und eigenverwendungsbestimmte Unternehmensleistungen, die zu einem Aktivposten führten (z. B. selbst erstellte Anlagen),
- sonstige betriebliche Erträge, das sind alle betrieblichen Erträge, (auch aus der nichtgewöhnlichen Geschäftstätigkeit, die nicht unter anderen Posten erfasst werden, z. B. Abgangserträge, Zuschreibungen; mit Sonderausweis der Währungsumrechnungserträge gem. § 277 Abs. ...