Leitsatz
1. Ein durch die sog. Nachsteuerregelung des § 37 Abs. 3 KStG 2002 begründetes KSt-Guthaben kann nach § 37 Abs. 2 KStG 2002 realisiert werden, indem die Gesellschaft noch im selben Jahr, in dem sie die Gewinnausschüttung erhält, ihrerseits eine Gewinnausschüttung vornimmt (entgegen BMF, Schreiben vom 06.11.2003, BStBl I 2003, 575 Tz. 40).
2. Hierbei kommt es weder darauf an, ob es sich bei der vorgenommenen Gewinnausschüttung um eine Vorabausschüttung oder um eine Ausschüttung für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr handelt noch darauf, in welcher zeitlichen Reihenfolge die erhaltene und die vorgenommene Gewinnausschüttung erfolgen.
Normenkette
§ 37 Abs. 2, § 37 Abs. 3 KStG 2002
Sachverhalt
Die Beteiligten stritten um den Ansatz einer KSt-Minderung nach § 37 Abs. 2 KStG 2002.
Die Klägerin, eine GmbH mit kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr, war im Jahr 2002 (Streitjahr) zu 100 % an einer anderen GmbH (T-GmbH) beteiligt. Das KSt-Guthaben der Klägerin zum 31.12.2001 wurde vom FA auf 12 707 € festgestellt. Ausweislich der Steuerbescheinigung schüttete die T-GmbH aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 08.11.2002 einen Betrag von rd. 3,1 Mio. € an die Klägerin aus, der am 08.12.2002 an diese ausgezahlt wurde. Die T-GmbH nahm hierfür einen KSt-Minderungsbetrag i.S.v. § 37 Abs. 2 KStG 2002 in Anspruch. Am 15.11.2002 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin eine Gewinnausschüttung i.H.v. ebenfalls rd. 3,1 Mio. €, die noch im Jahr 2002 ausgezahlt wurde.
Die Klägerin machte für 2002 aufgrund der von ihr getätigten Ausschüttung eine KSt-Minderung gem. § 37 Abs. 2 KStG 2002 i.H.v. 1/6 von 3,1 Mio. € geltend. Das FA erkannte diese nicht an, da für die KSt-Minderung allein das festgestellte KSt-Guthaben maßgeblich sei, das hier lediglich 12 707 € betrage. Die nach § 37 Abs. 3 KStG 2002 begründete Erhöhung des Guthabens sei erst im Folgejahr zu berücksichtigen.
Das FG gab der anschließenden Klage statt (EFG 2007, 1271) ...
Entscheidung
... und der BFH hat das bestätigt. Das Gesetz enthalte weder hinsichtlich der Feststellung noch der Zeiträume, für die und in denen Gewinnausschüttungen erfolgten irgendwelche Einschränkungen, die die Verschiebung bei Realisierung von KSt-Guthaben nach sich zögen.
Hinweis
Das Urteil betrifft die Übergangsvorschriften zur KSt-Guthabens-Mobilisierung nach Umstellung vom KSt-Anrechnungs- auf das KSt-Halbeinkünfteverfahren, (siehe dazu aus jüngerer Zeit z.B. auch BFH-PR 2006, 495; BFH-PR 2007, 106). Konkret ging es dabei (nur) um den Regelungszeitraum vom 01.01.2002 bis zum 11.04.2003.
Ausgangspunkt war die Regelungslage in § 37 KStG 2002:
1. § 37 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 (inzwischen § 37 Abs. 2 Satz 3 KStG 2002) sieht eine Minderung der KSt um den Betrag vor, um den sich das KSt-Guthaben nach Maßgabe des § 37 Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 mindert. Das hierbei im Grundsatz zur Verfügung stehende KSt-Guthaben wird zu dem in § 37 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 KStG 2002 bezeichneten Zeitpunkt nach § 37 Abs. 1 Satz 2 KStG 2002 ermittelt.
Zu einer Minderung des KSt-Guthabens gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 kommt es bei Gewinnausschüttungen, die in den folgenden Jahren erfolgen und die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruhen.
Gem. § 37 Abs. 2 Satz 3 KStG 2002 (inzwischen § 37 Abs. 2 Satz 4 KStG 2002) ist das verbleibende KSt-Guthaben auf den Schluss der jeweiligen Wirtschaftsjahre fortzuschreiben und gesondert festzustellen.
2. § 37 Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 ordnet nun unter bestimmten Bedingungen eine Erhöhung des -- anfänglich ermittelten und in der Folge ggf. durch Gewinnausschüttungen geminderten -- KSt-Guthabens an. Erhält eine der in § 37 Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 bezeichneten Körperschaften oder Personenvereinigungen nach § 8b Abs. 1 KStG 2002 freigestellte Bezüge und haben diese bei der leistenden Körperschaft zu einer KSt-Minderung nach § 37 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 geführt, so erhöht sich die KSt und das KSt-Guthaben der empfangenden Körperschaft oder Personenvereinigung um den gleichen Betrag (sog. Nachsteuer).
Nimmt die empfangende Körperschaft oder Personenvereinigung ihrerseits Gewinnausschüttungen vor, kann das auf diese Weise erhöhte KSt-Guthaben wiederum bei ihr verbraucht werden und zu der beschriebenen KSt-Minderung nach Maßgabe von § 37 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KStG 2002 führen.
3. Auf dieser Regelungsbasis hat der BFH nun entgegen der Verwaltungspraxis (BMF, Schreiben vom 06.11.2003, BStBl I 2003, 575 Tz. 40) zweierlei entschieden:
- Die Realisierung eines KSt-Guthabens, das nach § 37 Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 begründet worden ist, ist nicht erst dann möglich, nachdem dieses zum Schluss des Wirtschaftsjahrs gem. § 37 Abs. 2 Satz 3 KStG 2002 gesondert festgestellt wurde. Vielmehr kann ein neu zugegangenes KSt-Guthaben bereits im laufenden Wirtschaftsjahr durch eine den Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 Satz 1 KStG genügende Gewinnausschüttung verbraucht werden, also auch durch eine Vorabausschüttung.
- Ein nach § 37 Abs. 3 KS...