Rz. 9
§ 24 enthält keine Bestimmung, wonach Säumniszuschläge niedergeschlagen oder erlassen werden können. Es bestand daher die Notwendigkeit, zumindest für gewisse Ausnahmefälle, die Möglichkeit für die Niederschlagung oder den Erlass von Säumniszuschlägen zu schaffen. Dafür muss auf § 76 Abs. 2 Nr. 3 verwiesen werden. Diese Vorschrift ist nach der Gesetzesbegründung in Anlehnung an das Steuerrecht (§ 227 Abs. 1 AO) gefasst worden.
Inzwischen ist jedoch mit dem Verwaltungsvereinfachungsgesetz § 76 Abs. 2 ergänzt worden. Danach dürfen Beitragsansprüche – und damit auch Säumniszuschläge – niedergeschlagen werden, wenn der Arbeitgeber mehr als 6 Monate meldepflichtige Beschäftigte nicht mehr gemeldet hat und die Ansprüche die von den Spitzenverbänden der Sozialversicherung und der BA gemeinsam und einheitlich festgesetzten Beträge nicht überschreiten. Die Grenzbeträge sollen auch an eine vorherige Vollstreckungsmaßnahme gebunden werden, wenn die Kosten der Maßnahme in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zur Höhe der Forderung stehen. Die angeführte Vereinbarung bedarf der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Eine solche Vereinbarung ist bislang nicht ersichtlich. Sie ist nicht mit den Beitragserhebungsgrundsätzen des GKV-Spitzenverbandes v. 17.2.2010 i. d. F. v. 26.9.2022 zu verwechseln.
Es ist somit vor der Niederschlagung der Säumniszuschläge zu prüfen, ob eine Vollstreckungsmaßnahme eingeleitet werden soll und ob diese Maßnahme in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zur Höhe der Forderung auf Säumniszuschläge steht.
Für den Erlass von Säumniszuschlägen sollen die für das Steuerrecht geltenden Kriterien für den Erlass einer Forderung herangezogen werden. Nach dem Wortlaut des § 76 Abs. 2 Nr. 3 kann der Säumniszuschlag erlassen werden, wenn die Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Der Hauptanwendungsfall für den Erlass der Säumniszuschläge aus Billigkeitsgründen ist anzunehmen, wenn die Säumniszuschläge zwar ordnungsgemäß erhoben wurden, die Säumniszuschläge als Druckmittel aber ihren Sinn verlieren. Ein Erlass des stets zu erhebenden Säumniszuschlags bei nicht fristgerechter Zahlung der Beiträge kommt vor allem in Betracht, wenn plötzliche Erkrankung eine pünktliche Zahlung der Beiträge verhindert, bei einem offensichtlichen Versehen eines sonst stets pünktlichen Beitragszahlers, in sonstigen Fällen der sachlichen oder persönlichen Härte, oder wenn der Schuldner zahlungsunfähig und überschuldet ist.
Weiterhin dürfte der Erlass der Säumniszuschläge bei Bedürftigkeit des Beitragsschuldners möglich sein.
Soweit die Niederschlagung oder der Erlass der Säumniszuschläge möglich erscheint, ist es in das Ermessen der Krankenkasse gestellt, die Säumniszuschläge oder einen Teil der Säumniszuschläge niederzuschlagen oder zu erlassen (vgl. auch bei § 76).