Rz. 53
Die Vorschrift hat Art. 1 Nr. 15 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 12.6.2020 (BGBl I S. 1248) dem § 28f zum 1.7.2020 (Art 28 Abs. 1) angefügt. Die Gesetzesbegründung äußert sich hierzu umfänglich wie folgt (BT-Drs. 19/17586 S. 74):
Zitat
Die Regelung reagiert auf die zunehmende grenzüberschreitende Tätigkeit von Unternehmen und dient der durchgängigen Überprüfbarkeit aller Arbeitgeber, soweit ihre Beschäftigten dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegen. Die unionsrechtlichen Grenzen wurden berücksichtigt. Nach Artikel 21 Absatz 1 der VO (EG) 987/09 haben Arbeitgeber ohne Sitz im Inland, die in Deutschland Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigen, den im Sozialgesetzbuch geregelten Arbeitgeberpflichten ebenso nachzukommen wie Arbeitgeber mit Sitz im Inland. Zu diesen Arbeitgeberpflichten gehören auch solche, die ausschließlich im Inland erfüllbar sind und eine konkrete Person und Adresse im Inland erfordern. Dies sind insbesondere die in § 28f Absatz 1 Satz 1 festgelegten Arbeitgeberpflichten, Entgeltunterlagen in deutscher Sprache im Geltungsbereich des Gesetzes zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Auch die Prüfung durch die Rentenversicherung nach § 28p kann nur an Stellen im Inland durchgeführt werden. Eine Prüfung auch im Ausland ist gesetzlich nicht erlaubt und nicht möglich. Die Prüfung nach § 28p dient der Sicherung des Beitragsaufkommens zur Sozialversicherung und dem Schutz der Beschäftigten. Soweit zum Beispiel Beiträge nicht oder nicht richtig abgerechnet würde, könnte dies ohne Prüfmöglichkeit im Inland nicht festgestellt werden. Dies hätte auch negative Auswirkungen für die Beschäftigten, da zum Beispiel fehlerhafte oder fehlende Meldungen zu Einschränkungen im Leistungsrecht insbesondere in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung führen würden. Daher verpflichtet die Regelung Arbeitgeber ohne Sitz im Inland dazu, die für die nur im Inland erfüllbaren Pflichten notwendige Stelle im Inland zur Verfügung zu stellen. Dies kann der Beschäftigte selbst oder ein Dritter sein. Der Bevollmächtigte kann die nach § 28p SGB IV zu prüfenden Entgeltunterlagen in seinen eigenen oder in den Geschäftsräumen der prüfenden Stelle vorlegen. Die Anwendung des § 98 Absatz 1 Satz 4 SGB X, wonach in bestimmten Fälle die Prüfung zwingend in den Geschäftsräumen des Arbeitgebers erfolgt, wird ausgeschlossen, soweit die Geschäftsräume des Bevollmächtigten in dessen private Sphäre integriert sind. Die Haftung für die Erfüllung der Pflichten nach diesem Buch liegt weiterhin in vollem Umfang beim ausländischen Arbeitgeber, dieser ist auch Adressat des Prüfbescheides. Es handelt sich um eine bereichsspezifische Regelung zur Datenverarbeitung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstaben c und e in Verbindung mit Absatz 2 und Absatz 3 Satz 1 Buchstabe b, Satz 2 der Verordnung (EU) 2016/679.
Rz. 54
Die Vorschrift greift, wenn der Arbeitgeber keinen Sitz im Inland hat. Sind die Voraussetzungen des Abs. 1b Satz 1 HS 1 erfüllt, hat der Arbeitgeber einen Bevollmächtigten zu bestellen. Maßgebend hierfür sind die §§ 164 ff. BGB. Dieser ist zu bestellen. Das meint in den Worten des § 167 Abs. 1 BGB: "Die Erteilung der Vollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll."
Rz. 55
Die Begrifflichkeit "Arbeitgeber" knüpft an Abs. 1 Satz 1 an. Inland ist völkerrechtlich das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Auf den umsatzsteuerrechtlichen Begriff des Inlands, der Büsingen und die Insel Helgoland hiervon ausnimmt, kommt es nicht an.
Rz. 56
Um Interpretationsschwierigkeiten vorzubeugen, definiert Abs. 1b Satz 2 den Sitz des Arbeitgebers. Als dessen Sitz gilt danach der Beschäftigungsbetrieb des Bevollmächtigten im Inland, in Ermangelung eines solchen der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Bevollmächtigten.
Ein Beschäftigungsbetrieb ist eine nach der Gemeindegrenze und der wirtschaftlichen Betätigung abgegrenzte Einheit, in der Beschäftigte für einen Arbeitgeber tätig sind (vgl. https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba031870.pdf).
Wohnsitz ist der Ort, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat (§§ 7 ff. BGB).
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Es kommt allein darauf an, wo sich unter Berücksichtigung des Willens des Betroffenen und der bisherigen tatsächlichen Verweildauer der regelmäßige Schwerpunkt der persönlichen Lebensverhältnisse befindet. Liegt bereits ein Wohnsitz im Inland vor, so bedarf es keiner Prüfung des gewöhnlichen Aufenthalts. Während bei einem Wohnsitz im Inland die inländische Wohnung den räumlichen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse bildet, gibt der gewöhnliche Aufenthalt im Inland den örtlichen – also inl...