2.1 Erhebung der Einnahmen (Abs. 1)
Rz. 3
Die Verpflichtung, die Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben, bedeutet, dass alle dem Sozialversicherungsträger zustehenden Einnahmen jeweils in voller Höhe und unmittelbar bei Fälligkeit zu erheben sind. Dabei spielt es im Einzelfall keine Rolle, ob die Einnahme im Haushaltsplan überhaupt oder in entsprechender Höhe veranschlagt wurde. Der Haushaltsplan enthält hinsichtlich der Einnahmen keine Ermächtigung und er kennt keine Höchstgrenze. Einnahmen sind ausnahmslos dort zu erheben, wo sie im Haushaltsplan veranschlagt sind oder im Fall einer Veranschlagung zu erheben gewesen wären. Das trifft in gleicher Weise für Einnahmen zu, die nach § 13 Abs. 1 SVHV i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 SVHV (Bundesagentur für Arbeit: § 35 Abs. 1 BHO i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 und 3 BHO) abweichend von der ansonsten vorgeschriebenen Bruttoveranschlagung bei Ausgabeansätzen abzusetzen sind. Als Einnahmen kommen überwiegend Beiträge der Versicherten, der Arbeitgeber und Dritter nach § 20, staatliche Zuschüsse und sonstige Einnahmen in Betracht, die nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige aufgebracht werden. Einnahmeforderungen können außerdem auf der Grundlage des bürgerlichen Rechts auf dem Gebiet fiskalischen Verwaltungshandelns entstehen. In den Haushaltsplänen zugrundeliegenden Gliederungen werden die Einnahmen bei den Versicherungsträgern mit Ausnahme der Bundesagentur für Arbeit im Wesentlichen in den Kontenklassen 2 und 3 erfasst (vgl. Anlagen gemäß § 25 Abs. 2 SRVwV). Zu den erfolgswirksamen Einnahmen gehören auch die Einnahmen der Eigenbetriebe, die in den Wirtschaftsplänen nach § 12 SVHV zu erfassen sind sowie die erfolgsunwirksamen Einnahmen nach § 5 Abs. 2 SVHV aus Rückflüssen von Vermögensanlagen und aus dem Verkauf von Vermögensanlagen.
Für die Bundesagentur für Arbeit gilt der Gruppierungsplan aus den Haushaltsvorschriften des Bundes, den sie nach § 77a SGB IV sinngemäß anwendet. Danach werden Einnahmen Titeln der Hauptgruppen 0 bis 3 zugeordnet, soweit sie nicht auf der Grundlage entsprechender Haushaltsvermerke bei den Ausgabekapiteln oder –titeln des Haushaltsplans (Hauptgruppen 4 bis 9) abzusetzen sind.
Rz. 4
Ansprüche entstehen vielfach unmittelbar durch Rechtsvorschriften, wie z. B. bei Beiträgen (§§ 22 ff.), staatlichen Zuschüssen oder Erstattungen anderer Versicherungsträger. Entstehen die Ansprüche nicht unmittelbar durch Rechtsvorschriften, sondern bedürfen sie zusätzlich eines aktiven Zutuns des Versicherungsträgers, so gehört es zur Rechtzeitigkeit der Einnahmeerhebung, durch das unverzügliche Ergreifen geeigneter Maßnahmen die Voraussetzungen für das Entstehen des Anspruchs sowie des frühestmöglichen und -zulässigen Beginns der Einzahlungsfrist zu schaffen (z. B. durch den Erlass eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides nach §§ 48, 50 SGB X, durch Erstattungsbescheide bei überzahlten Vorschüssen oder vorläufigen Leistungen nach §§ 42, 43 SGB I oder durch Rechnungsstellung bei privatrechtlichen Veräußerungsgeschäften).
2.2 Veränderung von Ansprüchen durch Stundung, Niederschlagung und Erlass (Abs. 2 und 3)
Rz. 5
Auf der Grundlage des § 76 Abs. 2 und 3 ergeben sich Ausnahmen von dem Grundsatz, die Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben, durch die Veränderung von Ansprüchen wegen Stundung, Niederschlagung oder Erlass.
Die Regelungen in Abs. 2 Satz 3 bis 5 ermöglichen es den Sozialversicherungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit, zur Entlastung von Verwaltungsaufwand und -kosten unter bestimmten Voraussetzungen Kleinbeträge bei Beitragsansprüchen pauschal niederzuschlagen.
Auf diesem Wege wird zugleich das Verfahren bei den Versicherungsträgern hinsichtlich der Niederschlagung von Ansprüchen über Kleinbeträge für geschlossene Konten vereinheitlicht. Die Festlegung der Betragsgrenzen wird nach Satz 3 grundsätzlich den Spitzenverbänden der Sozialversicherung und der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Kommt eine Vereinbarung diesbezüglich nicht zustande, bestimmt nach Satz 5 das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nach Anhörung der Beteiligten mit Zustimmung des Bundesrats die Beträge durch Rechtsverordnung.
Rz. 6
Die Stundung (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1) ist eine Maßnahme, durch die die Fälligkeit eines Anspruchs hinausgeschoben wird. Sie wird nur auf Antrag gewährt und erfordert eine Ermessensentscheidung der Verwaltung. Das Ermessen ist fehlerfrei auszuüben und nachvollziehbar zu dokumentieren. Dies setzt eine einwandfreie und erschöpfende Ermittlung des Sachverhalts voraus. Die Sachverhaltsermittlung findet dort ihre Grenze, wo es um Informationen geht, über die nur die Antragstellerin bzw. der Antragsteller Auskunft geben kann.
Eine Stundung ist eine Maßnahme, mit der die Fälligkeit eines Anspruchs hinausgeschoben wird. Sie kommt nur in Betracht, wenn die sofortige Einziehung der Forderung für den Anspruchsgegner mit einer erheblichen Härte verbunden wäre.
Bei einer Stundung können auch Teilzahlungen (Ratenzahlungen) festgelegt werden. Allerdings darf der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet werden (Abs. 2 Satz...