Rz. 29
Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/10298 S. 18):
Zitat
Die Vorschrift in Absatz 8 stellt sicher, dass der bei Abschluss der Wertguthabenvereinbarung vereinbarte Insolvenzschutz nicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder beseitigt werden kann, beispielsweise wenn der Arbeitgeber einen zusammen mit der Wertguthabenvereinbarung abgeschlossenen Kautionsversicherungsvertrag beim Versicherungsunternehmen später kündigt oder das Versicherungsunternehmen durch Säumnis der Prämienzahlungen zur Kündigung zwingt. Die Beendigung, Auflösung oder Kündigung des Insolvenzschutzes ist nur dann zulässig, wenn zugleich ein neuer zumindest gleichwertiger Insolvenzschutz vereinbart wird und der Beschäftigte dieser Ablösung ausdrücklich zustimmt. Hierdurch wird ergänzend sichergestellt, dass der Arbeitgeber keine einseitigen Maßnahmen zur Beendigung des vereinbarten Insolvenzschutzes ergreifen oder einleiten kann.
Rz. 30
Nach Abs. 1 und Abs. 2 ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen Insolvenzschutz für das Wertguthaben einzuführen und zu perpetuieren. Eine spätere Änderung der Insolvenzschutzvorkehrungen ist nach Abs. 7 nur noch mit Zustimmung des Arbeitnehmers möglich. Dieses Recht des Arbeitnehmers kollidiert allerdings mit dem Recht des Arbeitgebers, die Art der Sicherung und den Anbieter auswählen zu können (Cisch/Ulbrich, a. a. O., S. 556). Fraglich ist auch, ob der Arbeitnehmer auch nur einigermaßen verlässlich wird einschätzen können, ob die neue Insolvenzsicherung gleichwertig zur alten Insolvenzsicherung ist. Hier wird er auf externen Sachverstand angewiesen sein. Weigert sich der jeweilige Arbeitnehmer, einer Modifikation des Insolvenzschutzes zuzustimmen, kann dies im Ergebnis zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Sicherungsvorkehrungen im Betrieb führen (hierzu Cisch/Ulbrich, a. a. O., S. 556). Je mehr Mitarbeiter in einem Unternehmen beschäftigt sind, desto unpraktikabler ist die Regelung. Bei hohen Arbeitnehmerzahlen stellt sie ein unüberwindbares Hindernis dar, da der Arbeitgeber regelmäßig ein Interesse daran haben wird, verschiedene Sicherungsmodelle nebeneinander im Betrieb zu vermeiden. Das vorgesehene Zustimmungserfordernis jedes einzelnen Arbeitnehmers würde im Ergebnis dazu führen, dass einmal geschlossene Sicherungsabreden Ewigkeitscharakter bekommen. Denn die Verweigerung einer einzelnen Person würde faktisch ausreichen, um die Änderung der Durchführungsform zu blockieren. Verschiedene Modelle der Insolvenzsicherung in einem Betrieb würden aber Synergieeffekte deutlich entwerten sowie erhöhte wirtschaftliche Belastungen und administrativen Mehraufwand mit sich bringen. Es muss in jedem Fall ausreichend sein, wenn das zuständige Organ der Betriebsverfassung dem Wechsel zugestimmt hat (so Ausschuss-Drs. 16 [11] 1119 S. 8).
Allenfalls aus § 242 BGB bzw. aus § 241 Abs. 2 BGB könnte eine Verpflichtung des Arbeitnehmers herrühren, einer Änderung der Insolvenzschutzmaßnahmen zuzustimmen (Frank, a. a. O., S. 258).
Rz. 31
Zweifelhaft erscheint, wer Adressat des durch Abs. 8 verhängten Veränderungsverbots ist. Der Wortlaut ist ambivalent. Danach scheint das Veränderungsverbot umfassend zu gelten, mithin auch Insolvenzsicherungsträger (z. B. Versicherungsunternehmen) zu erfassen. Das dürfte kaum gewollt sein. Die Gesetzesbegründung führt insoweit weiter. Hiernach soll sichergestellt sein, dass der Arbeitgeber keine einseitigen Maßnahmen zur Beendigung des vereinbarten Insolvenzschutzes ergreifen oder einleiten kann. Ausgehend hiervon ist der Normadressat auf den Arbeitgeber eingegrenzt.
Rz. 32
Zweifelhaft scheint ferner, ob die Gesetzesbegründung von einem zutreffenden rechtlichen Ansatz ausgeht. Hierzu heißt es in der Ausschuss-Drs. 16 [11] 1118 S. 36):
Zitat
Die Versicherungswirtschaft möchte darauf hinweisen, dass das in der Begründung zu Absatz 8 angeführte Beispiel der Beseitigung des Insolvenzschutzes durch Kündigung eines Kautionsversicherungsvertrages oder Nichtzahlung von Beiträgen auf einem Missverständnis beruhen muss. Es ist falsch, dass der Arbeitgeber hierdurch den Insolvenzschutz nachträglich beseitigen kann. Bei der Kautionsversicherung bestehen zwei voneinander unabhängige Vertragsbeziehungen: Neben dem Versicherungsvertrag zwischen dem Versicherer und dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer tritt ein aufgrund dieses Vertrages abgeschlossener Bürgschaftsvertrag zwischen dem Versicherer als Bürgen und dem Arbeitnehmer als Bürgschaftsgläubiger hinzu. Dies bedeutet aber, dass die Bürgschaftshaftung erst entfällt, wenn der Arbeitgeber seine Verbindlichkeit erfüllt hat. Erst dann besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers mehr aus der Bürgschaft (§ 767 BGB). Die Bürgschaft, die durch einen Kautionsversicherer oder eine Bank gestellt wurde, ist damit zwar eine schuldrechtliche Absicherung, die aber aus einem gänzlich anderen Vermögen stammt, als dem des Arbeitgebers. Sie ist der Verfügung des Arbeitgebers entzogen und unterliegt nicht der Insolvenzanfechtung.