Rz. 75
Eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung beginnt regelmäßig, wenn die arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten tatsächlich erbracht werden, also insbesondere die Verpflichtung zur Dienstleistung erfüllt wird. Dabei genügt es grundsätzlich, dass sich der Arbeitnehmer der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers unterstellt, der Arbeitgeber daher den Arbeitnehmer kraft Direktionsrecht einsetzen kann und der Arbeitnehmer damit Angehöriger des Betriebs wird (vgl. BSG, Urteil v. 28.2.1967, 3 RK 17/65; BSG, Urteil v. 28.2.1967, 3 RK 17/65, Rz. 12). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Versicherungspflicht nur dann eintritt, wenn am ersten Tag des Arbeitsverhältnisses (Arbeitsvertragsbeginn) auch tatsächlich gearbeitet wird. Für die Beurteilung der Rentenversicherungspflicht des ersten Tages, an dem nicht gearbeitet wird (Sonntag, Feiertag), ist versicherungsrechtlich entscheidend, ob für diesen Tag ein Arbeitsentgeltanspruch besteht, da nur die entgeltliche Beschäftigung Versicherungspflicht auslöst (Ausnahme: Berufsausbildungsverhältnisse). Das ist bei Monatslohnempfängern der Fall; bei Personen mit Stundenlohn/Akkord nicht. Hier wird der Entgeltanspruch erst durch die Ableistung begründet, sodass bei dieser Personengruppe das Beschäftigungsverhältnis regelmäßig erst durch Arbeitsaufnahme beginnt. Etwas anderes ergibt sich bei den Monatslohnempfängern jedoch dann, wenn ein Arbeitnehmer vor Antritt seines ersten Arbeitstages aufgrund Wegeunfalls arbeitsunfähig erkrankt. Zwar untersteht auch ein solcher Arbeitnehmer, sofern nicht sein Verhalten dagegen spricht, weiterhin der – inhaltlich allerdings stark eingeschränkten – Direktionsgewalt des Arbeitgebers, bleibt also in den Betrieb "eingegliedert" (BSG, Urteil v. 28.2.1967, 3 RK 17/65 Rz. 13). Eine "rentenversicherungspflichtige" Beschäftigung kann dann jedoch nicht mehr beginnen, da der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt gemäß § 3 Abs. 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) nicht fortzahlt, denn der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses. Soweit ein Arbeitgeber das vereinbarte Arbeitsverhältnis noch vor dessen Beginn kündigt und den dienstbereiten Arbeitnehmer bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Ablauf der Kündigungsfrist) von der Arbeitsleistung freistellt und für diesen Zeitraum das vereinbarte Arbeitsentgelt zahlt, besteht ein rentenversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis, das auch einen Arbeitsentgeltanspruch auslöst. Bei einer Unterbrechung der Arbeitsleistung stellt sich die Frage, ob damit gleichzeitig eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eintritt. Soweit etwa bei einer Beurlaubung Entgelt gezahlt wird und der Arbeitnehmer der Verfügungsgewalt des Arbeitgebers unterliegt, besteht das Beschäftigungsverhältnis weiter. Das ist etwa dann der Fall, wenn zwecks Teilnahme an einer mehrmonatigen Fortbildung der Beschäftigte beurlaubt und ein Unterhaltsdarlehen vom Arbeitgeber gezahlt wird (BSG, Urteil v. 31.8.1976, 12/3 RK 20/74).
Rz. 76
Weitere Besonderheiten ergeben sich, wenn das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt und später durch arbeitsgerichtlichen Vergleich oder durch Urteil ein anderer Endzeitpunkt festgelegt wird. Dann ist der im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses gefundene Endzeitpunkt eines Arbeitsverhältnisses bei entsprechender Entgeltzahlung auch versicherungsrechtlich maßgebend, soweit der Arbeitnehmer seine Bereitwilligkeit zur Arbeitsleistung bis zu diesem Zeitpunkt zu erkennen gegeben hat (BSG, Urteil v. 25.9.1981, 12 RK 58/80). Das rentenversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis kann unter Umständen auch dann erst nach dem Kündigungstage enden, wenn es um Urlaubstage verlängert wird oder wenn weiterhin Entgeltfortzahlung zu leisten ist (BSG, Urteil v. 29.3.1980, 3 RK 9/79).
Rz. 77
Im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens besteht die rentenversicherungspflichtige Beschäftigung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses i. S. d. Arbeitsrechts, längstens jedoch bis zur Aufnahme einer Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber fort. In diesen Fällen tritt der Insolvenzverwalter an die Stelle des Arbeitgebers.