Rz. 19
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sowohl für medizinische Rehabilitationsleistungen als auch für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfüllt auch derjenige, der eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bereits bezieht. Als Renten in diesem Sinne gelten:
- Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung (früher: Renten wegen Berufsunfähigkeit, § 43 Abs. 1, § 302b),
- Renten wegen voller Erwerbsminderung (früher: Erwerbsunfähigkeitsrenten, § 43 Abs. 2, § 302b),
- Renten für Bergleute (§ 45),
- Renten wegen Invalidität/Bergmannsinvalidität nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets (§ 302a),
- Invalidenrenten und Invalidenrenten für Behinderte i. S. d. Art. 2 §§ 7 und 10 RÜG.
Entscheidend für die Anwendung des Abs. 1 Nr. 2 ist, dass aufgrund eines gestellten Rentenantrages ein Grundanspruch auf die entsprechende Rente besteht; die Renteneigenschaft bleibt auch erhalten, wenn die Rente versagt oder wegen Zusammentreffens mit Einkommen (vgl. §§ 89 bis 98) nicht gezahlt wird.
Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 2, nach der die zeitlichen Anspruchsvoraussetzungen bei Beziehern einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt sind, ist deshalb sinnvoll, weil der Gesundheitszustand und damit letztendlich die Erwerbsfähigkeit des Versicherten durch die Teilhabeleistungen möglicherweise soweit wiederhergestellt oder positiv beeinflusst werden kann, dass weitere oder erhöhte Rentenzahlungen vermieden werden.
Der Versicherte hatte erst 6 Jahre lang Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet, als er im Alter von 24 Jahren bei einem Verkehrsunfall schwere Verletzungen erlitt. Wegen der Folgen dieses Verkehrsunfalls erhält er vom Rentenversicherungsträger eine Erwerbsminderungsrente auf Zeit.
Da sich der Gesundheitszustand des Versicherten im Laufe der Zeit gebessert hat, besteht jetzt Aussicht, dass dessen Erwerbsfähigkeit durch medizinische Rehabilitationsleistungen wiederhergestellt werden kann.
Lösung:
Herr B. erfüllt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die medizinischen Rehabilitationsleistungen.
Rz. 20
Besteht keine Aussicht, dass die Erwerbsfähigkeit durch die beantragte Rehabilitationsleistung wieder hergestellt werden kann, kann der Rentenbezieher wegen des Fehlens der persönlichen Voraussetzungen auch keine Teilhabeleistungen zulasten des Rentenversicherungsträgers beanspruchen. Das ist z. B. dann der Fall, wenn der Versicherte wegen der Folgen einer neurologischen Erkrankung mit Halbseitenlähmung eine Erwerbsminderungsrente bezieht und jetzt wegen der Folgen eines Herzinfarktes eine kardiologische Rehabilitationsleistung beantragt. Zuständig wird dann in diesen Fällen die Krankenkasse (vgl. § 40 SGB V). Geht der Antrag auf die kardiologische Rehabilitationsleistung bei der Krankenkasse ein und ist die Krankenkasse erstangegangener Rehabilitationsträger i. S. d. § 14 SGB IX, empfiehlt sich nach Auffassung des Autors in diesem Fall vor der Weiterleitung den Grund für die Erwerbsminderungsrente zu erfragen, um eine dem Grunde nach irrtümliche Weiterleitung an den Rentenversicherungsträger, der dann zweitangegangener Rehabilitationsträger wäre, zu vermeiden (die Krankenkasse würde nämlich, wenn der Rentenversicherungsträger den Antrag mit Zustimmung der Krankenkasse nicht noch einmal weiter-/zurückleitet, das Rehabilitationsmanagement aus der Hand geben und später den Erstattungsanspruch i. S. d. § 14 Abs. 4 SGB IX befriedigen müssen, ohne selbst in das Rehabilitationsmanagement eingreifen zu können; vgl. BSG, Urteil v. 26.6.2007, B 1 KR 36/06 R). Deshalb bietet es sich in diesen Fällen für die Krankenkasse an, den Rehabilitationsantrag nicht an den Rentenversicherungsträger weiterzuleiten, sondern über den Rehabilitationsantrag im eigenen Haus zu entscheiden. Dadurch wird dem Versicherten i. d. R. eine durch die Weiterleitung letztendlich längere Bearbeitungszeit bis zur Bewilligung der notwendigen Rehabilitations-/Teilhabeleistung erspart.
Nach den persönlichen Erfahrungen des Autors sind die Fälle äußerst selten, in denen durch gezielte Reha-/Teilhabeleistungen die Erwerbsminderung des Rentenbeziehers behoben bzw. verringert werden kann. Die Fiktion des § 11 Abs. 1 Nr. 2 hat deshalb in der täglichen Praxis nur geringe Bedeutung.
Rz. 20a
Überlebende Ehegatten, die einen Anspruch auf eine große Witwen-/Witwerrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit haben, erfüllen gemäß § 11 Abs. 3 ebenfalls die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Teilhabeleistungen.