Rz. 25
Auch diejenigen Versicherten sollen Leistungen zur Rehabilitation erhalten, die noch nicht die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 (= mindestens 6 Monate Pflichtbeiträge) erfüllen, weil sie erst vor kurzer Zeit ihre schulische Ausbildung beendet haben. Unter Ausbildung ist dabei jede Art von
- Schulausbildung oder
- Berufsausbildung
zu verstehen.
Zu a)
Unter einer Schulausbildung i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 versteht man z. B. den Besuch
- der Hauptschule, der Realschule, des Gymnasiums oder der Gesamtschule,
- der Berufsfachschule,
- der Fachschule,
- der höheren Fachschule,
- der Fachakademie,
- der Hochschule (z. B. Zeit der Immatrikulation an der Universität) oder
- einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme; vgl. § 58 Abs. 1 Nr. 4; BSG, Urteil v. 26.6.1991, 8 RKn 15/89).
Zu b)
Unter Berufsausbildung versteht man alle Formen von betrieblicher oder überbetrieblicher Ausbildung, also z. B. auch die Ausbildung zum Erlernen des Führerscheins für das Führen von Gabelstaplern. Bestand aber während der Berufsausbildung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses Rentenversicherungspflicht, gilt diese nicht als Berufsausbildung im oben genannten Sinne. In der Regel ist dann der letzte Tag der Schul- oder Berufsausbildung der Tag der (öffentlich-rechtlichen) Schulentlassung (Hauptschule/Gymnasium etc.). Ein ordnungsgemäßer Abschluss dieser Schul- oder Berufsausbildung wird nicht gefordert.
Rz. 26
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Nr. 2 sind erfüllt, wenn der Versicherte innerhalb von 2 Jahren nach Beendigung der Schul- oder Berufsausbildung eine versicherungspflichtige Beschäftigung bzw. Tätigkeit aufgenommen hat. Der 2-Jahres-Zeitraum, innerhalb dessen eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung/Tätigkeit aufgenommen worden sein muss, beginnt am Tag nach Beendigung der Schul- oder Berufsausbildung. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 fordert nicht, dass der Antrag auf medizinische Rehabilitationsleistungen innerhalb des 2-Jahreszeitraums gestellt wird. Es reicht vielmehr aus, dass eine rentenversicherte Beschäftigung bzw. Tätigkeit innerhalb der Frist nach Beendigung der Schul- oder Berufsausbildung begonnen wurde und bis zur Antragstellung andauert.
Hauptschulabschluss: 31.5.2015
Aufnahme einer rentenversicherungspflichtigen Berufsausbildung: 1.8.2015
Abbruch der Berufsausbildung: 17.10.2015
Aufnahme eines rentenversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses (Hilfstätigkeit): 10.4.2017
Antrag auf Entwöhnung: 11.7.2017
Lösung:
Das rentenversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wurde innerhalb von 2 Jahren nach dem 31.5.2015 aufgenommen und bis zum Rehabilitationsantrag ausgeübt. Damit ist die zeitliche Anspruchsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Nr. 2 erfüllt.
Rz. 27
Ferner fordert § 11 Satz 1 Nr. 2 Alternative 1 für die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei medizinischen Rehabilitationsleistungen, dass die innerhalb von 2 Jahren nach Beendigung der Schul- bzw. Berufsausbildung aufgenommene Beschäftigung/Tätigkeit bis zum Rehabilitationsantrag lückenlos ausgeübt worden ist. Der Wechsel des Arbeitgebers ist unschädlich, wenn dadurch keine Unterbrechung in der Versicherungszeit eingetreten ist.
Das Studium endete am 31.1.2015. Wegen eines Auslandsaufenthaltes nahm der Versicherte erst am 1.11.2016 eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung auf. Diese wurde wegen der Insolvenz des Arbeitgebers bis zum 9.2.2017 ausgeübt. Zum 1.3.2017 begann eine neue rentenversicherungspflichtige Beschäftigung bei einem neuen Arbeitgeber. Am 2.4.2017 erlitt der Versicherte einen zerebralen Anfall, wegen dem er am 28.4.2017 einen Antrag auf eine medizinische Rehabilitationsleistung stellte.
Lösung:
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die medizinischen Rehabilitationsleistungen sind nicht erfüllt, weil die aktuelle rentenversicherungspflichtige Beschäftigung nicht innerhalb von 2 Jahren nach Beendigung der Schul- bzw. Berufsausbildung (31.1.2015) aufgenommen wurde und bis zur Reha-Antragstellung andauerte. Die vorherige eingegangene Beschäftigung (1.11.2016 bis 9.2.2017) kann wegen der Unterbrechung der Versicherungszeit (10. bis 28.2.2017) nicht berücksichtigt werden.
Rz. 28
Endet eine nach der Schul- oder Berufsausbildung ausgeübte Erwerbstätigkeit, bevor ein Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation gestellt wurde, sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 allerdings auch dann erfüllt, wenn anschließend bis zum Antrag lückenlos Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit bestand. Eine Unterbrechung dieses zusammenhängenden Zeitraumes wegen eines Wochenendes oder eines Feiertags ist nach Auffassung des Autors unschädlich.
Beispiel 1:
Ein Schüler beendete seinen Schulbesuch am 31.12.2015 freiwillig, als er in der 12. Klasse des Gymnasiums war. Eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung nahm er am 1.12.2016 auf. Am 28.11.2016 erkrankte er arbeitsunfähig bis auf weiteres. Der Arbeitgeber kün...