2.1.2.1 Grundsätze
Rz. 9
Da die Leistungen der Rentenversicherung darauf ausgerichtet sind, die Erwerbsfähigkeit des Versicherten möglichst lange zu erhalten, ist für den Rentenversicherungsträger die Rehabilitation von Altersrentnern – also für Menschen, die bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind – unter Berücksichtigung rentenversicherungsspezifischer Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte uninteressant. Deshalb regelt Abs. 1 Nr. 2, dass Altersrentner keine Leistungen zur Teilhabe (§ 4 SGB IX) zulasten des Rentenversicherungsträgers beanspruchen können; sie können aber, sofern sie krankenversichert sind, im Rahmen des § 40 SGB V zulasten der Krankenkasse Rehabilitationsleistungen erhalten.
Als Altersrentner im o. g. Sinne gelten Menschen, die eine Rente wegen Alters in Höhe von mindestens zwei Dritteln der Vollrente erhalten oder bereits beantragt haben. Nicht erfasst werden Altersrenten, wenn diese nur in Höhe von einem Drittel oder der Hälfte der erreichten Vollrente bezahlt werden.
Zu den Renten wegen Alters zählen
- die Regelaltersrente (§§ 35, 235),
- die Altersrente für langjährig Versicherte (§§ 36, 236),
- die Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§§ 37, 236a),
- die Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§ 38),
- die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute (§§ 40, 238),
- die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit (§ 237) und
- die Altersrente für Frauen (§ 237 a).
Der Leistungsausschluss nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 besteht nicht mehr, sobald eine niedrigere Altersrente als zwei Drittel der Vollrente gezahlt wird (also in Höhe von einem Drittel oder der Hälfte der Vollrente). Andererseits tritt der Leistungsausschluss wieder ein, sobald zum Zeitpunkt der Stellung des Rehabilitations-/Teilhabeantrags eine Altersrente von mindestens zwei Drittel der Vollrente gezahlt wird. Bei rückwirkenden Änderungen der Verhältnisse kann sich das Entfallen oder Entstehen des Leistungsausschlusses rückwirkend ändern; ggf. bestehen dann Erstattungsansprüche gegen den sonst zur Leistung verpflichteten Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 4 SGB IX (wenn der Rentenversicherungsträger als zweitangegangener Rehabilitationsträger leistete) bzw. § 103 bzw. § 104 SGB X (wenn der erstangegangene Rehabilitationsträger i. S. d. § 14 SGB IX den Antrag rechtmäßig nicht weitergeleitet hatte).
Bei Rücknahme eines Altersrentenantrags durch den Versicherten entfällt der Rechtsgrund für den Leistungssausschluss des § 12 ab diesem Zeitpunkt.
Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Nr. 2 erfasst nicht die Bezieher einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Auch spielt das Lebensalter des Versicherten keine Rolle; ein 68-jähriger Versicherter, der z. B. noch keine Altersrente bezieht bzw. beantragt hat, ist deshalb von den Teilhabeleistungen der Rentenversicherung nicht automatisch ausgeschlossen.
2.1.2.2 Geplanter Antrag auf Altersrente
Rz. 10
In der Vergangenheit fragte der Rentenversicherungsträger in seinem Antragsvordruck (G0100) beim Versicherten nach, ob er beabsichtigt, innerhalb von 6 Monaten nach der Reha-Antragstellung einen Antrag auf Altersrente zu stellen. Wurde die Frage vom Versicherten bejaht, hielt der Rentenversicherungsträger i. d. R. bereits den Ausschlussgrund nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 für gegeben. Er begründet dieses mit der Tatsache, dass eine möglichst dauerhafte (= über 6 Monate hinausgehende) Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (Zielsetzung des § 9) vor Beginn der Altersrente nicht mehr erreicht werden kann.
Nach dem Urteil des BSG v. 26.6.2007 (B 1 KR 34/06 R, dort Rz. 37) regelt § 12 Abs. 1 Nr. 2 lediglich den Leistungsausschluss für den Fall, dass der Versicherte eine Altersrente beantragt hat oder bereits bezieht. Für die Erweiterung des Ausschlusstatbestandes auf die Fälle, in denen der Versicherte in den nächsten 6 Monaten eventuell einen Antrag auf Altersrente stellen möchte, lässt die vom Gesetzgeber planvoll gewählte abschließende Regelung des § 12 SGB VI keinen Raum, insbesondere auch nicht unter Rückgriff auf Rechtsgedanken des § 101 SGB VI (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 14.12.2005, L 8 R 121/05, aufgehoben durch Urteil des BSG v. 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, Kurzwiedergabe in SGB 2007 S. 165).
Sinngemäß urteilte auch das Bayerische LSG mit Urteil v. 16.12.2014 (L 6 R 856/12). Hinsichtlich der Erreichung einer möglichst dauerhaften Wiedereingliederung in das Erwerbsleben kann nicht gemutmaßt werden, ob und wann der Versicherte gewillt ist, in naher Zukunft möglicherweise einen Antrag auf Altersrente zu stellen. Die bloß bekundete Absicht, in den nächsten 6 Monaten einen Antrag auf Altersrente zu stellen, reicht für den Ausschlussgrund nicht aus (vgl. auch SG Düsseldorf, Urteil v. 12.4.2012, S 20 (39) R 24/09). Zum gleichen Schluss kam auch das LSG Berlin-Brandenburg mit Urteil v. 26.6.2009 (L 1 KR 435/08).
Rz. 11
Für den Leistungsausschluss nach § 12 reicht es auch nicht aus, dass eine Altersrente möglich wäre, weil ihre Voraussetzungen theoretisch erfüllt werden könnten; erforderlich ist vielmehr, dass eine Alte...