2.1 Notwendigkeit einer Regelung im SGB VI
Rz. 6
Bis zum Inkrafttreten der EG-Verordnungen Nr. 883/2004 und 987/2009 zum 1.5.2010 waren zahlreiche Zuständigkeitsfragen für Verbindungsstellen in Art. 4 Nr. 4 sowie im Anhang 4 Deutschland der EWG-Verordnung 574/72 geregelt. Entsprechende Regelungen fehlen in den Anhängen der Durchführungsverordnung Nr. 987/2009, wonach vom innerstaatlichen Recht abweichende Zuständigkeiten seit dem 1.5.2010 in einer öffentlich zugänglichen Datenbank (Master Directory) gesammelt werden (vgl. Art. 88 i. V. m. Anhang 4 der EG-Verordnung Nr. 987/2009). Die Mitgliedstaaten sind dabei verpflichtet, der Europäischen Kommission die für die Zusammenstellung der Datenbank erforderlichen Kontaktdaten ihrer Verbindungsstellen mitzuteilen. Mit der Ergänzung des § 127a im SGB VI wurden für die Zuständigkeiten im über- und zwischenstaatlichen Bereich eindeutige innerstaatliche Rechtsgrundlagen geschaffen, wobei sich gegenüber den zuvor geltenden Zuständigkeiten keine Änderungen ergeben haben.
Rz. 7
Abs. 1 Satz 1 regelt grundlegend die Zuständigkeit der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Wahrnehmung von Aufgaben einer Verbindungsstelle im Rahmen der Anwendung über- und zwischenstaatlichen Rechts. Die folgenden Regelungen beziehen sich auf die Anwendung von EU-Recht bzw. auch auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum und im Hinblick auf die Schweiz (Abs. 1 Satz 2). Eine Regelung hinsichtlich der jeweiligen Verbindungsstellen zur Durchführung der einzelnen Sozialversicherungsabkommen (SVAbk) war in diesem Zusammenhang aber nicht erforderlich, da die jeweiligen SVAbk oder die dazugehörigen Durchführungsvereinbarungen Regelungen über die Zuständigkeiten der Verbindungsstellen enthalten und jeweils durch ein Zustimmungsgesetz in nationales Recht überführt wurden.
2.2 Wahrnehmung der Aufgaben einer Verbindungsstelle
Rz. 8
Eine Erläuterung des Begriffs "Verbindungsstelle" ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der EG-Verordnung 987/2009 für den Anwendungsbereich der EG-Verordnung Nr. 883/2004. Danach beantwortet die Verbindungsstelle insbesondere Anfragen und Amtshilfeersuchen für die Zwecke der Anwendung der EG-Verordnungen Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 und erfüllt im Rahmen der Finanzvorschriften z. B. Aufgaben bei der Kostenerstattung.
Rz. 9
Während die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gegenüber allen Mitgliedstaaten der EU Aufgaben als Verbindungsstelle wahrnehmen, sind die örtlichen Zuständigkeiten der Regionalträger in § 128 Abs. 3 festgelegt. Die Zuständigkeiten der Rentenversicherungsträger bei der Durchführung von SVAbk können den jeweiligen Abkommen selbst oder den zugehörigen Durchführungsverordnungen entnommen werden, die jeweils durch ein Zustimmungsgesetz in deutsches Recht überführt wurden.
Rz. 10
Insbesondere im Anwendungsbereich des EU-Rechts legt § 127a verschiedene Aufgaben für Verbindungsstellen fest.
2.2.1 Prüfung und Entscheidung über die weitere Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften
Rz. 11
Bei einer vorübergehenden Entsendung in einen Mitgliedstaat der EU, in einen anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Liechtenstein, Norwegen und Island) oder in die Schweiz bzw. bei Aufnahme einer vorübergehenden selbstständigen Tätigkeit in einem der genannten Länder obliegt den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung als Verbindungsstellen die Prüfung und Entscheidung über die weitere Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften, wenn die entsprechende Person weder Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse noch einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist. Über das Ergebnis der Prüfung und das Vorliegen der Entsendevoraussetzungen informiert die Verbindungsstelle die Behörden im jeweiligen Beschäftigungs- oder Tätigkeitsstaat mit der "Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften" (Formblatt A1). Für den Bereich der Regionalträger wird die Bescheinigung A1 i. d. R. durch den örtlich zuständigen Träger ausgestellt, der auch das Versicherungskonto führt, da fast alle Regionalträger eine Verbindungsstellenfunktion haben und die Entscheidung über die weitere Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften häufig eilbedürftig ist. Die Ausstellung der Bescheinigung A1 erfolgt ausnahmsweise nicht von dem für den Wohnsitz der zu entsendenden Person örtlich zuständigen Regionalträger, sondern von einem anderen Regionalträger nach § 128 Abs. 3, wenn dieser das Versicherungskonto führt.
Rz. 12
Die Daten aus der Bescheinigung A1 sind an den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung, deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA), zu melden. Die DVKA gibt diese Daten auf Verlangen an den mitgliedstaatlichen Träger weiter oder speichert sie für den Fall einer späteren Anforderung für längstens 5 Jahre nach Ablauf des Entsendezeitraums (vgl. § 219c SGB V).
Rz. 13
Ist die im Ausland tätige oder ins Ausland entsandte Person in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung versichert, stellt der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Bescheinigung A1 aus, bei Mitgliedern der berufsständischen Versorgungseinrichtung e...