Rz. 2
Die Rentenversicherungsträger kennen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 15) und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16). Daneben hat der Rentenversicherungsträger noch unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen zu gewähren (§ 5 Nr. 3 SGB IX); diese müssen allerdings in Verbindung mit den Leistungen nach § 15 oder § 16 SGB VI stehen.
Die Leistungen, die der Rentenversicherungsträger nach § 16 zur Teilhabe am Arbeitsleben zur Verfügung stellt, zielen ausschließlich auf die Wiedererlangung bzw. wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit (§ 10) ab. Eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn die Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben voraussichtlich zumindest teilweise und nicht nur vorübergehend behoben werden kann. Für eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit reicht die bloße Linderung des Leidens oder eine sonstige Erleichterung in den Lebensumständen nicht aus.
Durch das Wort "voraussichtlich" wird zum Ausdruck gebracht, dass der Rentenversicherungsträger im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu beurteilen hat, ob die Teilhabeleistungen eine hinreichende Erfolgsaussicht haben. Dies ist dann der Fall, wenn die Erreichung des angestrebten Rehabilitationsziels wahrscheinlich ist, wenn also mehr Gründe dafür als dagegen sprechen, dass die Leistung zu einer wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit führt.
Bei der Auswahl von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind nach § 34 Abs. 4 SGB IX Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit des Versicherten angemessen zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage wird über die Art der beantragten Leistung entschieden.
Wegen der engen Verbindung zum Beruf bzw. Arbeitsplatz arbeitet der Rentenversicherungsträger Hand in Hand mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) zusammen (§ 38, vgl. auch Rz. 8).
Nach § 37 SGB IX werden die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für die Zeit erbracht, die nötig ist, um das angestrebte Teilhabeziel zu erreichen. Eine Förderung kann darüber hinaus erfolgen, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen (z. B. eine Abschlussprüfung wurde nicht bestanden). Leistungen zur beruflichen Aus-/Weiterbildung (z. B. "Umschulung") sollen i. d. R. bei ganztägigem Unterricht nicht länger als 2 Jahre dauern. Eine länger dauernde Maßnahme kommt nur in Betracht, wenn – ggf. unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit – Art oder Schwere der Behinderung oder die voraussichtliche Entwicklung des Arbeitsmarkts eine längere Ausbildung notwendig machen.
Rz. 2a
Bei Anträgen auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16) ist immer darauf zu achten, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 15) vorrangig zu erfüllen sind. Ein (Außen-)Treppenlift, welcher zum Verlassen des bewohnten Hauses notwendig ist, kann nicht als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gefördert werden, obwohl die Leistungsverpflichtung des Rentenversicherungsträgers auch die Kosten der Beschaffung, der Ausstattung und der Erhaltung einer behindertengerechten Wohnung umfasst (§ 16 SGB VI i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 6 SGB IX). Eine solche Maßnahme ist indes nur dann als – förderungsfähige – Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einzustufen, wenn sie final auf die Entwicklung oder Sicherung der Erwerbsfähigkeit ausgerichtet ist. Denn der Förderrahmen beschränkt sich auf die durch die Berufsausübung oder Erreichung des Arbeitsplatzes ausgelöste Bedarfslage (ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Vorteile). Maßnahmen hingegen, die der persönlichen Lebensführung, der Verbesserung der Lebensqualität oder der Befriedigung elementarer Grundbedürfnis dienen und sich nur mittelbar auf die Berufsausübung auswirken, stellen keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dar. Entscheidend ist, welchem Lebensbereich die begehrte Leistung schwerpunktmäßig zuzuordnen ist (BSG, Urteil v. 20.9.2012, B 8 SO 15/11 R). Ein Treppenlift in der eigenen Wohnung des Versicherten dient der allgemeinen Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (SG Karlsruhe, Urteil v. 14.7.2014, S 11 R 1330/13). Ist eine beantragte Leistung als Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder als Krankenbehandlung i. S. d. § 27 ff. SGB V einzustufen, vermag ein dortiger Leistungsausschluss nicht die "ersatzweise" Zuständigkeit des Rentenversicherungsträger im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsplatz zu begründen (z. B. Gleitsichtbrille, die auch am Bildschirmarbeitsplatz getragen wird: SG Dortmund, Gerichtsentscheid v. 13.7.2010, S 26 R 309/09).
2.1 Abgrenzung der Leistungspflicht zu anderen Rehabilitationsträgern
Rz. 3
Zulasten der Rentenversicherung erhält der Versicherte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur, wenn er
- die medizinischen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§§ 10, 11) erfüllt und
- nicht zu dem Personenkreis des § 12 zählt, für den der Anspruch auf die Teilhabeleistungen gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung generell ausgeschlossen ist (z. B. Bezieher einer Vollrente wegen Alters, Beamte).
Im Verhältnis zur Bundesagentur für Arbeit ist der Rentenversiche...