2.1 Selbständig Tätige (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1)
2.1.1 Personenkreis
Rz. 2
Parallelvorschriften für selbständig Tätige sind für die Krankenversicherung § 240 SGB V (entsprechend gemäß § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI für die Pflegeversicherung anzuwenden) und für die Arbeitslosenversicherung § 354b SGB III.
Vorgängervorschriften waren für Handwerker § 4 Abs. 2 und 3 HwVG und für die übrigen Selbständigen § 1385 Abs. 3 Buchst. b RVO bzw. § 112 Abs. 3 Buchst. b AVG.
Von der Regelung des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 werden die selbständig Tätigen erfasst, die nicht in Nr. 2 bis 5 genannt werden. Es sind dies in erster Linie die selbständigen Handwerker und die Antragsversicherten (§ 2 Nr. 1, 2, 3 u. 8 und § 4 Abs. 2; wegen der sog. Alleinhandwerker vgl. § 279 Abs. 2). Aufgrund der Aufhebung der bisherigen Nr. 6 durch das Gesetz zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26.11.2008 (vgl. Rz. 1), die eine Sonderregelung für Bezirksschornsteinfegermeister enthielt, wird nunmehr auch diese Versichertengruppe wie versicherungspflichtige selbständige Handwerker behandelt (zu den Gründen vgl. BT-Drs. 16/9237 S. 41). Ferner erfasst werden die nach § 2 Nr. 1, 2 und 3 versicherungspflichtigen Lehrer, Erzieher, Pflegepersonen, Hebammen (vgl. dazu auch § 279 Abs. 1) und Entbindungspfleger. Hierher gehörten gemäß § 2 Satz 1 Nr. 10 SGB VI i. V. m. § 7 Abs. 4 SGB IV auch die Inhaber einer sog. "Ich-AG". Dies waren Personen, die durch die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendet und unter den Voraussetzungen des § 421l Abs. 2 SGB III (aufgehoben durch Art. 2 Nr. 90 des Gesetzes v. 20.12.2011, BGBl. I S. 2854, mit Wirkung zum 1.4.2012) längstens für 3 Jahre Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss hatten (Altfälle bis längstens 30.6.2009 wegen der befristeten Geltungsdauer der Vorschrift und einer Förderungshöchstdauer von 3 Jahren, vgl. dazu bei § 421l SGB III). Nach § 7 Abs. 4 SGB IV (Fassung bis 30.6.2009) wurde für Personen, die einen Zuschuss nach § 421l SGB III beantragen, widerlegbar vermutet, dass sie in dieser Tätigkeit als Selbständige tätig sind. Für die Dauer des Bezugs dieses Zuschusses galten diese Personen (unwiderlegbar) als selbständig Tätige. Gemäß § 2 Satz. 1 Nr. 10 SGB VI i. d. F. ab 1.1.2003 waren selbständig tätige Personen für die Dauer des Bezugs eines Zuschusses nach § 421l SGB III versicherungspflichtig. Der Zuschuss selbst war gemäß § 3 Nr. 2 EStG (Fassung ab 1.1.2003) steuerfrei.
Die Versichertengruppe des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 kann wählen, ob sie den Regelbeitrag (unter Umständen den halben Regelbeitrag) oder einen anhand des nachgewiesenen Arbeitseinkommens bestimmten Beitrag zahlt. Seit dem 1.1.1999 verlangt das Gesetz einen Mindestbeitrag. Dieser wurde zum 1.1.2013 auf 450,00 EUR angehoben.
2.1.2 Regelbeitrag
Rz. 3
Wird die Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 SGB IV) als Beitragsbemessungsgrundlage gewählt, so ist der Regelbeitrag zu zahlen, ohne dass zur Einkommenshöhe vom Versicherten Nachweise vorzulegen oder vom Versicherungsträger Ermittlungen anzustellen wären. Der Regelbeitrag errechnet sich dann aus der Bezugsgröße und dem Beitragssatz (§ 157). Er beträgt im Jahr 2024 in den alten Bundesländern 657,51 EUR, bei Betriebssitz in den neuen Bundesländern 644,49 EUR. Bei Beginn oder Ende der Versicherungspflicht im Laufe eines Monats erfolgt eine anteilige Berechnung gemäß §§ 181, 123.
2.1.3 Halber Regelbeitrag
Rz. 4
Nach dem bis zum 31.12.2002 geltenden Recht konnte der versicherungspflichtige Selbständige beim Rentenversicherungsträger beantragen, bis zum Ablauf von 3 Jahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit (unerheblich war und ist, seit wann diese selbständige Tätigkeit versicherungspflichtig ist, vgl. BSG, Urteil v. 10.12.1998, B 12 RJ 2/98) einen halben Regelbeitrag zu zahlen. Diese Möglichkeit bestand nicht nur für die erste selbständige Tätigkeit. Mit jeder neuen Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit begann eine neue Dreijahresfrist. Wenn die vorangegangene selbständige Tätigkeit aber lediglich unterbrochen worden war oder wenn der Betriebssitz lediglich verlegt oder die Rechtsform der Tätigkeit geändert wurde, wurde keine neue Frist in Gang gesetzt. Innerhalb der Frist konnte der Jungunternehmer/Junghandwerker zwischen Regelbeitrag, halbem Regelbeitrag und Beitragsbemessung anhand des tatsächlichen Arbeitseinkommens wechseln. Weil die versicherungspflichtig Selbständigen in den seltensten Fällen den Regelbeitrag zahlen wollten (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 15/26 S. 27), ist mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002 die Vorschrift so geändert worden, dass nunmehr bis zum Ablauf von 3 Jahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit von Amts wegen, nicht mehr auf Antrag des Versicherungspflichtigen, der halbe Regelbeitrag zugrunde gelegt wird. Der Selbständige kann aber beantragen, dass ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße zugrunde gelegt wird, er kann also den vollen Regelbeitrag entrichten. Wie bisher kommt, wenn eine frühere selbständige Tätigkeit aufgegeben worden war, die verminder...