Rz. 21
Der versicherungspflichtig selbständig Tätige konnte nach der bis zum 31.12.1998 geltenden Gesetzesfassung grundsätzlich auch bei Arbeitseinkommen unter 630,00 DM (bis 31.12.2001 der maßgebliche Grenzbetrag) einkommensgerechte Beitragszahlung wählen. Da ein Mindestbeitrag nicht vorgeschrieben war, war ein Versicherter bei einem Minuseinkommen trotz Versicherungspflicht beitragsfrei. Zeiten von "Nullbeiträgen" haben aber bedeutsame leistungsrechtliche Folgen. Solche Zeiten werden nämlich bei den sog. besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ("Belegungsdichte") des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (Fassung des SGB VI bis 31.12.2000) nicht mitgerechnet und sind auch keine Anwartschaftserhaltungszeiten i. S. v. § 240 Abs. 2 (Fassung bis 31.12.2000) und § 241 Abs. 2. Durch Zeiten von "Nullbeiträgen" kann daher der Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung verloren gehen; die Zeiten zählen zudem nicht als Pflichtbeitragszeiten i. S. v. § 39 Satz 1 Nr. 2, § 38 Satz 1 Nr. 3, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und auch nicht bei der allgemeinen Wartezeit (§§ 50, 51). Außerdem ergab sich nach der alten Gesetzesfassung ein Wertungswiderspruch zwischen Versicherungspflichtigen mit geringen Einkünften, die berechtigt waren, "Pfennigbeiträge" zu entrichten, und Versicherungspflichtigen ohne Einkünfte bzw. mit negativen Einkünften. Letztere mussten nämlich zur Vermeidung der o. g. Folgen von "Nullbeiträgen" den Regelbeitrag, unter Umständen (s. o.) den halben Regelbeitrag zahlen.
Rz. 22
Diesen Widerspruch löst die Einführung eines Mindestbeitrags durch Abs. 1 Satz 1 (ab 1.1.1999). Außerdem soll diese Regelung nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/45 zu Nr. 6, S. 47) der Verwaltungsvereinfachung dienen, da die Überprüfung von Nachweisen bei Einkommen unterhalb eines Siebtels der Bezugsgröße (seit 1.4.1999: fester Grundwert 630,00 DM, ab 1.1.2002 325,00 EUR, ab 1.1.2003 400,00 EUR, ab 1.1.2013 450,00 EUR) entbehrlich werde. Das hat aber nur dann Bedeutung, wenn nachgewiesen ist, dass das Einkommen 450,00 EUR nicht überschreitet. Auch nach der Einführung eines Mindestbeitrags verbleibt es nämlich bei dem System, dass der Versicherte entweder den Regelbeitrag oder eine einkommensgerechte Beitragsbemessung wählen kann, welche den Nachweis des Einkommens verlangt. Ein Recht, den Mindestbeitrag zu wählen, ohne ein Einkommen, das die o. g. Grenze nicht überschreitet, nachweisen zu müssen, wird durch die Einführung des Mindestbeitrags nicht eröffnet. Die Einführung des Mindestbeitrags dient nach der Gesetzesbegründung ferner der Vermeidung von Missbrauch, indem sie für die Aufrechterhaltung der Anwartschaften sachgerechte Mindestanforderungen vorschreibt (vgl. BT-Drs., a. a. O.). Seit dem 1.10.2022 ist mindestens ein Einkommen in Höhe des 12-fachen der Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 Abs. 1a SGB IV) zugrunde zu legen (ab dem 1.1.2024: 6.456,00 EUR). Dabei handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung an die neue Definition der Geringfügigkeitsgrenze in § 8 Abs. 1a SGB IV (vgl. BT-Drs. 82/22 S. 33). Es wird bei dieser Regelung nunmehr einheitlich auf Jahreswerte abgestellt (vgl. auch § 162 Nr. 5).