Rz. 27
Eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a) kann sowohl für Zeiten vor als auch für Zeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze geleistet werden, da nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezuges einer solchen Rente ein Wechsel in eine andere Altersrente gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 ausgeschlossen ist.
Nach dem bis zum 31.12.2022 geltenden Recht war zusätzlich zu den in § 236a Abs. 1 genannten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen vor Erreichen der jeweiligen Regelaltersgrenze die Einhaltung einer Hinzuverdienstgrenze (§ 34 Abs. 3 Satz 4 i. d. F. bis 31.12.2022) als weitere (negative) Anspruchsvoraussetzung zu erfüllen.
Durch das 8. SGB IV-ÄndG v. 20.12.2022 (BGBl. I S. 2759) wurde § 34 mit Wirkung zum 1.1.2023 neu gefasst. Dadurch entfällt sowohl die Einhaltung einer Hinzuverdienstgrenze als negative Anspruchsvoraussetzung für die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen als auch die Zahlung von Teilrenten infolge der Anrechnung von Hinzuverdienst. Im Ergebnis können somit Versicherte, die eine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen beziehen, ab 1.1.2023 grundsätzlich uneingeschränkt hinzuverdienen.
2.5.1 Hinzuverdienstregelungen bis zum 30.6.2017
Rz. 28
Versicherte hatten nach dem bis zum 30.6.2017 geltenden Hinzuverdienstrecht die Möglichkeit, Altersrenten in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente zu einem Drittel, zur Hälfte oder zu zwei Dritteln der Vollrente in Anspruch zu nehmen (§ 42 Abs. 1 und 2 i. d. F. bis 30.6.2017). Dieses Dispositionsrecht ermöglichte ihnen einerseits einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand sowie eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit; andererseits konnten sie auch während des Bezuges einer Altersrente innerhalb gesetzlich vorgeschriebener Grenzen hinzuverdienen.
Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 (i. d. F. bis 30.6.2017) war eine Altersrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze nur zu leisten, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wurde. Dies war der Fall, wenn das Arbeitsentgelt aus einer abhängigen Beschäftigung, das Arbeitseinkommen aus einer selbständigen Tätigkeit oder ein vergleichbares Einkommen die in § 34 Abs. 3 (i. d. F. bis 30.6.2017) genannten Grenzen nicht überstieg. Dabei blieb ein zweimaliges Überschreiten um einen Betrag bis zum Doppelten der jeweiligen Hinzuverdienstgrenze im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht (§ 34 Abs. 2 Satz 2 i. d. F. bis 30.6.2017).
Die Hinzuverdienstgrenzen betrugen
der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3) der letzten 3 Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten (§ 34 Abs. 3 i. d. F. bis 30.6.2017).
Die Höhe des Anteils der Teilrente an der Vollrente sowie die Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3) des jeweiligen Versicherten in den letzten 3 Kalenderjahren vor Beginn der ersten Rente wegen Alters bestimmten somit die Höhe der individuellen Hinzuverdienstgrenze.
Bei Überschreiten der für einen Versicherten maßgebenden höchsten Hinzuverdienstgrenze fiel die Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit dem Beginn des Monats des Überschreitens weg (§ 100 Abs. 3 Satz 1). Soweit die Anspruchsvoraussetzungen zu einem späteren Zeitpunkt wieder vorlagen, war die Rente in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der wirksamen Antragstellung (§ 99 Abs. 1, § 115 Abs. 1 Satz 1) erneut zu leisten. Für Entgeltpunkte, die Versicherte bei einer Altersrente wegen Überschreitens der höchsten Hinzuverdienstgrenze nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen hatten, erhöhte sich der Zugangsfaktor um 0,003 je Kalendermonat (§ 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1). Insoweit minderte sich der bei Beginn der ersten Rente wegen Alters gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ermittelte Rentenabschlag.
2.5.2 Hinzuverdienstregelungen vom 1.7.2017 bis zum 31.12.2022
Rz. 29
Durch das Flexirentengesetz v. 8.12.2016 wurden die bis zum 30.6.2017 in § 34 enthaltenen Hinzuverdienstregelungen mit Wirkung zum 1.7.2017 geändert (Art. 1 Nr. 15, Art. 9 Abs. 3 Flexirentengesetz, BGBl. I S. 2838), um den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand sowie die Ausübung einer Beschäftigung während eines vorzeitigen Altersrentenbezuges flexibler zu gestalten.
Versicherte konnten auch nach den Neuregelungen des Hinzuverdienstrechts die Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a) in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Anspruch nehmen (§ 42 Abs. 1). Dabei bestand seitdem die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer stufenlosen Teilrente wegen Alters in Abhängigkeit vom Hinzuverdienst (§ 34 Abs. 3 i. d. F. bis 31.12.2022) oder einer unabhängig vom Hinzuverdienst frei wählbaren Teilrente (§ 42 Abs. 2 i. d. F. bis 31.12.2...